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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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trugen und merkwürdige platte Schaufelhüte aufhatten – ein Begriff, den er damals noch gar nicht kannte –, in den Händen absurd große, in Leder gebundene Bibeln und saumäßig gigantische Messingkreuze, wenn sie in Boote stiegen und über Seen gerudert wurden, zu einem Haufen Kinder, die, wie ihm ein Vorgesetzter offiziell mitgeteilt hatte, in Bälde mißbraucht und gequält werden sollten, weshalb er sich ja überhaupt an diesem Ort aufhielt, woher zum Teufel sollte er dann wissen, daß es ein echter Geistlicher und der Dekan des Porterhouse-College in Cambridge war, eine altehrwürdige Bildungseinrichtung etc. pp.? Die Frage, ob er psychotherapeutisch beraten werden wolle oder schon beraten worden sei, verneinte er. Die einzige Therapie, die er brauche, sei die, möglichst schnell aus dem Polizeidienst der Grafschaft Twixt und Tween raus- und in einen anderen Job reinzukommen, wo man nicht von ihm erwarte, Situationen einzuschätzen, aus denen er damals nicht schlau geworden sei und auch heute noch nicht schlau werde, vorausgesetzt, man könne aus eben dieser Situation überhaupt schlau werden. Die Aussage des Detectives war ebenso konfus wie zutreffend und unendlich viel scharfsichtiger als die von Inspector Rascombe, der diese furchtbare Katastrophe nur verschlimmert hatte und für ihr Resultat verantwortlich war. Als Inspector Rascombe übrigens an jenem Morgen an der Spitze der Kolonne Bewaffneter Schneller Einsatzkommandos (BESES) in Richtung Middenhall hetzte, war er nicht ganz er selbst. Schlaflose Nächte in der Funkzentrale, das laute Gewehrfeuer vor ihm und die Dringlichkeit seiner Mission, die kleinen Kindlein davor zu bewahren, daß ihnen eine Königin der Nacht im Fummel oder was auch immer das war auf einem Altar die Hälse durchschnitt, hatten vor des Inspectors innerem Auge eine neue Vision seiner selbst entstehen lassen. Er sah sich nicht als einfachen Polizei-Inspector des Dezernats für Schwerverbrechen, sondern – und das mochte etwas mit dem Buch von Alan Clark über den Krieg in Rußland zu tun haben, das er gerade las (es hieß »Barbarossa«) – als Standartenführer Sigismund Rascombe von der Sturmtruppe der Waffen-SS, die vom Oberkommando der Wehrmacht den Befehl erhalten hatte, Middenhall zu erstürmen oder bei dem Versuch zu sterben. Inspector Rascombe fehlten die nötige Intelligenz oder die Fähigkeiten, etwas anderes als eine größere Katastrophe zu organisieren. Und er hatte nicht nur überhaupt keinen Schimmer, in was er seine Männer hineinführte, sondern wußte auch kaum, wo Middenhall lag. Das Haus hatte er nie gesehen, es war nichts weiter als eine Markierung auf der Generalstabskarte in seinem geliehenen Lieferwagen der British Telecom (dabei kombinierte er den Standartenführer mit General Montgomery, der von einer Art Wohnwagen aus operiert hatte), und seine Überwachungseinheiten hatten sich nicht die Mühe gemacht, es ihm zu beschreiben. Ohnehin war es ein unbeschreibliches Gebäude. (Sogar Sir John Betjeman hatte auf diesen beängstigenden Versuch verzichtet und sich zwei Tage lang in sein Hotelzimmer nach Stagstead zurückgezogen, nachdem er es zehn Minuten lang vom anderen Ende der Auffahrt aus betrachtet hatte.) Als der Inspector schließlich das riesige Gebäude sah, war es nicht das, was er erwartet hatte. Die mit Gewehren bewaffnet aus ihren Fahrzeugen springenden Mitglieder des Schnellen Einsatzkommandos waren auch nicht das, was »Buffalo« Midden erwartet hatte. Als sie eintrafen, hatte er soeben seinen Union Jack bis an die Spitze des Fahnenmastes gezogen, und er kam zu dem schlimmstmöglichen Schluß. Er dachte, er habe einen Angriff der Moslemischzionistischschwarzen-IRA-Terroristen zurückgeschlagen, sei aber zu optimistisch gewesen. Die Lumpen waren mit Verstärkung zurückgekehrt. »Buffalo« zog sich hastig vom Dach zurück und eilte auf sein Zimmer, wo er sein Gewehr, einen Revolver und frische Munition für seine Lee-Enfield holte. Um dann die Mistkerle unten abzulenken und hinsichtlich seiner endgültigen Schußposition zu täuschen, jagte er durch die Vorderreifen sämtlicher Einsatzfahrzeuge Kugeln, durchlöcherte den Kühler des vordersten Wagens und zog sich dann in das zweite Stockwerk zurück, von wo aus er Vorder- wie Rückseite von Middenhall kontrollieren konnte, wenn er von einem zum andren der an den vier Ecken des Hauses stehenden, bequemerweise mit Schießscharten versehenen Türmchen hastete.
    Niemand, der noch ganz bei Trost

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