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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Lkw anzudeuten schien, fand er alles andere als beruhigend. Major MacPhee fürchtete sich vor Hunden. Er war einmal von einem Jack-Russell-Terrier in den Knöchel gebissen worden, und das hatte ihm gereicht. Die Vorstellung, von einer kompletten Polizeihundestaffel zerfleischt zu werden, ließ ihm die Haare zu Berge stehen. Dieser Gedanke kam Miss Midden überhaupt nicht, und wenn er ihr gekommen wäre, hätte sie das nicht gestört. Viel irritierender waren die gequälten Schreie, die der Wind gelegentlich von Middenhall herübertrug. Miss Midden öffnete die Hintertür und hörte genauer hin. Es wurde wieder geschossen. Und geschrien. Sie schloß die Tür und dachte sehr gründlich nach.
    »Oh, was sollen wir nur tun, meine Liebe?« fragte Major MacPhee. »Etwas Schreckliches geht da vor. Es ist zu, zu grauenhaft. Leute schießen, und die Polizei ...«
    »Sie machen erst mal einen besonders starken Tee«, befahl Miss Midden. »Und reißen Sie sich am Riemen. Ich muß
    telefonieren.«
    »Aber die Polizei ist doch schon da ...«, fing der Major an, doch Miss Midden hatte bereits den Hörer abgenommen und wählte die Nummer ihres Vetters Lennox, des Familienanwalts. »Mir ist schnurzegal, ob du gerade eine Runde Golf spielen wolltest, Lennox«, sagte sie zu ihm, als er jammerte, er könne jetzt unmöglich vorbeikommen, weil gerade das alljährliche Golfturnier von Urnmouth stattfinde und ... »Und morgen genügt nicht ... Nein, ich kann dir nicht sagen, was gerade passiert, aber ein Polizeikonvoi samt Hundestaffel ist vorhin vorbeigefahren, und es wird wie wild gefeuert ... Ja, ich sagte ›gefeuert‹, und jawohl, damit meinte ich Gewehrfeuer. Ich öffne jetzt die Haustür, dann kannst du es selber hören.« Sie hielt den Hörer in die Türöffnung und sah gerade noch rechtzeitig nach draußen, um den ersten mit Mißbrauchstherapeutinnen beladenen Kleinbus vorbeifahren zu sehen. Die grimmigengagierten Mienen der Frauen erschütterten sie bis ins Mark. »Leck mich am Arsch«, sagte sie.
    »Was?« sagte der zutiefst schockierte Lennox. »Was hast du gesagt? Nein, wiederhol es nicht. Ich habe es ganz deutlich gehört.«
    »Und die Schüsse, die Schreie?«
    Lennox Midden gab zu, die auch ziemlich deutlich zu hören. Er komme so bald wie möglich rüber. Miss Midden legte auf und dachte wieder nach. Irgend etwas mußte sie wegen Timothy Bright unternehmen. Ihn zumindest erst einmal aus dem Haus schaffen, bevor die Kripo ernsthaft untersuchte, was unten in Middenhall vor sich ging. Sie nahm den Hörer ab und rief diesmal im Carryclogs House an.
    »Ich hätte gern Miss Phoebe gesprochen«, sagte sie zur Dienstmagd, wie der alte Turnbird die Haushälterin Dora immer genannt hatte.
    »Miss Phoebe ist in die Kirche gegangen«, teilte Dora ihr mit.
    »Sie müßte jeden Augenblick zurück sein.«
    Miss Midden dankte ihr und ging nach oben, um Timothy Bright davon zu überzeugen, daß er sich unverzüglich nach Carryclogs begeben mußte. Doch da bedurfte es keiner großen Überzeugungskraft. Was er gehört und dann von seinem Fenster im alten Kinderzimmer aus gesehen hatte, hatte ihn davon überzeugt, daß die Leute mit den Rasiermessern gekommen waren, um ihn der Schweinehack-Behandlung zu unterziehen. Eine andere Erklärung konnte er sich nicht vorstellen. Und der Major wollte ihn nur zu gern rüberbringen. Ihm hatte genausowenig wie Miss Midden gefallen, wie diese Frauen in den Kleinbussen ausgesehen hatten, und wie sich jetzt unten auf der Zufahrt die Wagen stauten.
    »Aber mit dem Auto komm ich nie auf die Straße raus«, gab er zu bedenken.
    Miss Midden mußte ihm beipflichten.
    »Dann geht ihr eben zu Fuß. Die Bewegung wird euch beiden guttun«, sagte sie. »Ich bleibe hier und halte die Stellung.« Dieses Bild paßte haargenau. Während der Major und Timothy Bright zu ihrem Marsch über die Hochebene aufbrachen, wurde der Schlachtenlärm lauter. »Buffalo« Midden hatte von einem Schlafzimmerfenster aus das Feuer eröffnet und sich dann zum anderen Ende des Gebäudes zurückgezogen, von wo aus er vielleicht den Scheißkerl erwischen konnte, der sich draußen hinter dem vordersten Lastwagen versteckt hielt. Als ihm das nicht gelang, wollte er das Walkietalkie erwischen, das vor dem Wagen auf dem Boden lag. Er zielte durch die Scharte im Ostturm und feuerte. Das Walkietalkie explodierte, und Bruchstücke des Gerätes trafen Inspector Cecil Rascombe und zerschlugen seine Brille. Von dem Rest seiner Truppe und der Realität

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