Ein Dicker Hund.
Abgrundtiefer Haß auf ihn? Den hatte sie allerdings. Und zwar nicht zu knapp. Nicht daß es dem Chief Constable etwas ausmachte. Unmengen von Leuten haßten ihn. Er war es gewohnt, gehaßt zu werden. Das gefiel ihm sogar recht gut. Es gab ihm ein Gefühl von Macht und Autorität. Für ihn gehörten Respekt und Furcht zum Haß. Gefürchtet und respektiert zu werden, gab ihm das Gefühl, etwas wert zu sein. So stand für ihn fest, daß er etwas bedeutete. Andererseits wollte er verdammt sein, wenn er wußte, was alles andere bedeutete. Es mußte einfach ein noch perverseres Motiv geben. Niemand machte sich solche Umstände, um ihn zu ruinieren. Nein, Tantchen Bea war lediglich eine bereitwillige Komplizin, eine Mittäterin, die Tore öffnen und Genscher beruhigen konnte. Aller Wahrscheinlichkeit nach war sie erpreßt oder wenigstens überredet worden, als Insider mitzuwirken. Nicht daß dazu eine große Überredungskunst nötig gewesen wäre. Ja, das klang schon besser. Da draußen gab es jemanden – und hier schloß die Phantasie des Chief Constable jeden einzelnen Übeltäter in Twixt und Tween mit ein –, der wild entschlossen war, ihn zu vernichten. Oder, und das klang nach einer rationaleren Erklärung, der ihn mit der Drohung erpreßte, ihn auffliegen zu lassen. Das war viel wahrscheinlicher. Tja, da stand ihm nun einiges bevor. Außer natürlich, der junge Bursche war tot, dann nämlich wäre die Kacke so richtig am Dampfen. Erneut brach auf seinem bleichen Gesicht der Schweiß aus. Der Chief Constable gab es auf. Er war zu erschöpft zum Nachdenken. Sobald er sich vergewissert hatte, daß Vy und B mittlerweile in der Küche frühstückten, stieg er nach oben und ins Bett. Er brauchte jetzt seinen Schlaf. Viel bekam er nicht davon. Eine halbe Stunde später stürmte seine Frau ins Zimmer und weckte ihn. Sie war stinksauer. »Du widerst mich an«, teilte sie ihm mit. »Kannst du denn niemanden in Frieden lassen?«
»Niemanden in Frieden lassen? Ich bin nicht mal in die Nähe der Schlampe gekommen. Sie hat mich angegriffen.«
»Du glaubst doch nicht ernsthaft, daß ich dir das abnehme? Bea hat eine Abneigung gegen Männer. Sie findet sie abstoßend.«
»Ein Gefühl, das auf Gegenseitigkeit beruht«, erwiderte der Chief Constable. »Aber ganz egal, was sie abstoßend findet, sie hat kein Recht, durch die Gegend zu laufen und zu versuchen, Leute umzubringen.«
»Du mußt sie irgendwie provoziert haben. Sie ist ein sanfter und friedlicher Mensch.«
Sir Arnold musterte sie aus blutunterlaufenen ungläubigen Augen.
»Friedlich?« blaffte er. »Friedlich? Dieses Weibsstück? Du hast eine verdammt eigenartige Vorstellung von Frieden. Ich hab bloß meine Pantoffeln gesucht. Das war auch schon alles. Hab mich unter dem Bett nach meinen Pantoffeln umgesehen, da stürzt sie sich ohne die leiseste Vorwarnung auf mich.«
»Das glaub ich nicht. Jedenfalls bin ich nicht hier, um mich mit dir herumzustreiten. B und ich brechen jetzt auf. Wir fahren nach Tween. Du kannst mitkommen, wenn dir danach ist.« Um nichts in der Welt, dachte Sir Arnold, schwieg aber. »Und wo wir schon mal beim Thema sind, du weißt ja vermutlich, daß der junge Mann entkommen ist. Er hat Isolierband um Genschers Schnauze gewickelt und ist abgehauen.«
»Ach ja?« sagte Sir Arnold und überlegte, wie er sich diese neue Interpretation der Ereignisse zunutze machen konnte. »Der Kerl ist entwischt, nachdem er Genscher Klebeband ums Maul gewickelt hat? Wirklich sehr seltsam.«
»Er ist durch die Luke gekrochen«, sagte Lady Vy.»Offenbar hast du ihn nicht gut genug verschnürt, und Gott sei Dank haben ihn der Whisky und das Valium nicht umgebracht.«
»Wirklich ganz erstaunlich«, sagte Sir Arnold. »Und du glaubst nicht, daß die Leute, die ihn hergebracht haben, eventuell ihren Irrtum bemerkt und ihn dorthin geschafft haben, wo sie ihn eigentlich hinhaben wollten?«
»Woher zum Teufel kann ich wissen, was ich glauben soll?« Lady Vy musterte mißtrauisch ihren Mann. »Du machst übrigens den Eindruck, als hättest du nicht besonders viel geschlafen. Du solltest mal einen Blick in den Spiegel werfen.
Wie das blühende Leben siehst du nicht gerade aus.«
»So fühle ich mich auch nicht«, sagte der Chief Constable. »Und dir ginge es auch nicht anders, wenn du von dieser grauenhaften Bea fast erstickt worden wärst. Und erwähn ihr gegenüber um Himmels willen nicht den Kerl im Keller.«
»Du glaubst doch nicht etwa, daß sie’s noch nicht
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