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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Kühlschrank und holte ein paar Eier heraus, um ein Omelett zu machen. Sie hatte selbst Hunger, und der Major brauchte eindeutig etwas zu essen. Er sah gespenstisch aus, und zwar verdientermaßen. Und jetzt war er anscheinend verstört, weil der junge Mann in seinem Waschbecken eine Flasche Kölnisch Wasser zerbrochen und den Duschvorhang zerrissen hatte. Erbärmlich. Doch es war ihm gelungen, dem jungen Mann noch ein paar Informationen zu entlocken.
    »Er ist so was wie ein Finanzier in der Londoner City. Wo genau, weiß er nicht mehr.«
    »Finanzier? Finanzier, daß ich nicht lache!« sagte Miss Midden, die ein betont altmodischer Mensch war und sich unter Finanziers Herren in mittleren Jahren und dunklen Nadelstreifenanzügen vorstellte.
    »Eine Yuppie-Variante davon«, fuhr der Major fort. »Die sitzen vor Computerbildschirmen und rufen Leute an. Die haben Sie bestimmt schon mal im Fernsehen gesehen.« Das war eine dumme Bemerkung. Miss Midden sah nicht fern, hatte kein Gerät im Haus und erlaubte dem Major keins in seinem Zimmer.
    »Wenn Sie diesen Müll sehen wollen, gehen Sie doch rüber ins Schlangennest und sehen ihn sich bei denen da an«, sagte sie jedesmal, wenn er darum bat, einen Fernseher in sein Zimmer stellen zu dürfen. »Die Bewegung wird Ihnen guttun.«
    »Warum fürchtet er sich denn so vor der Polizei?« fragte sie jetzt. »Haben Sie das auch herausgefunden?«
    »Er hat Angst, weil jemand gedroht hat, ihm etwas Furchtbares anzutun, falls er auch nur in ihre Nähe geht.«
    »In die Nähe der Polizei?«
    Der Major nickte.
    »Er ist also in irgendwelche dunklen Geschäfte verwickelt.
    Entzückend. Jetzt habe ich zwei von euch im Haus. Ich wüßte gern, wie er überhaupt hierhergekommen ist.«
    »Das weiß er selbst nicht. Er hat ein Motorrad. Ein sehr schnelles. Vielleicht hatte er einen Unfall und ...«
    »Und dann zieht er sich pudelnackt aus und klettert durchs Fenster und ...« Miss Midden brach ab. Gerade war ihr eingefallen, daß sie die Kette vorgelegt hatte, bevor sie übers Wochenende abgereist war, und als sie eben rausgegangen war, hatte die Tür zwar ein Stückchen offengestanden, aber die Kette lag immer noch vor. Das führte zu dem nächsten Schluß: Der junge Bursche hatte das Haus nicht aus eigener Kraft betreten. Und er hatte sich nicht aus eigenem Antrieb unter dem Bett des Majors schlafen gelegt. Jemand hatte ihn hereingebracht, und dieser Jemand war auf das Blumenbeet getreten, um das Fenster zu öffnen. Und schließlich hatte dieser Jemand gewußt, daß sie übers Wochenende weggefahren war. Während sie die Eier aufschlug und verquirlte, kreisten ihre Gedanken um die Bewohner von Middenhall. Kein anderer wußte, daß sie zum Solway Firth gefahren war. Übrigens wußte man nicht einmal in Middenhall, daß sie wieder da war. Mit dem Schneebesen und neuem Schwung bearbeitete Miss Midden die Eier. Sir Arnold Gonders’ Gedanken wanderten auf ähnlichen Pfaden, hatten aber eher etwas mit den schwungvoll gequirlten Eiern gemein. Nur teilweise erholt, wachte er auf. Wenn überhaupt, hatte seine bisherige Erschöpfung bis zu einem gewissen Grad seine Erkenntnis darüber getrübt, in welcher Gefahr er sich befand. Jetzt traf sie ihn mit voller Wucht. Er war möglicherweise der Mörder von ... bestimmt ließ sich auf Totschlag plädieren. Nein, das ging nicht. Nicht in seinem Fall. Er war der Chief Constable, der oberste Hüter von Recht und Gesetz in Twixt&Tween, und für die Medien wäre es ein gefundenes Fressen, wenn sie ihn in der Luft zerrissen. O ja, er hatte sie sich in der Vergangenheit warmgehalten, zumindest einige von ihnen, vor allem die Leute vom kommerziellen Fernsehen, um es den Arschgesichtern von dem politischen BBC-Magazin »Panorama« heimzuzahlen, die ihm und den Jungs wegen des Vergewaltigers und Mörders schwer zugesetzt hatten, der ein schönes Stück seiner lebenslänglichen Strafe abgesessen hatte, ehe man herausfand, daß sein Sperma nicht dem entsprach, das man im Opfer gefunden hatte. Doch der Chief Constable war lange genug im Geschäft, um zu wissen, daß es in den Medien keine Loyalität gab und der Dolchstoß in den Rücken gang und gäbe war. Er dachte an all die Zeitungen, die sich bei ihm besonders ins Zeug legen würden, an den »Guardian« und den »Independent«, möge Gott sie in der Hölle schmoren lassen, dazu der »Daily Telegraph« mit diesem knochenharten Redakteur. Sogar die »Times« würde sich anschließen. Was den »Mirror« und die

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