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Ein dickes Fell

Titel: Ein dickes Fell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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griff Janota in seine Schublade und zog das handliche, kleine Gerät heraus, betrachtete es von beiden Seiten, wie ein Friseur rechts und links die Fransen vergleicht, und steckte es sich rückwärts in die Hose, sodaß der Lauf in den Spalt seines Hintern führte. Es spürte sich nicht etwa homosexuell an, eher so, als mache sich ein ausgesprochen großes Ungeziefer am Po zu schaffen.
    »Schlechte Idee«, sagte sich Janota, beließ die Pistole jedoch, wo sie war, und verließ das Haus.

21 Kein Monster
    »Jetzt bin ich aber platt«, sagte Cheng.
    »Wieso?« fragte Anna.
    »Nun, ich hatte, ehrlich gesagt, mit einem toten Komponisten gerechnet.«
    Anna hob ihre Waffe an und sagte: »Keine Angst, das kommt noch.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ich gebe zu«, sagte Anna, »wie wenig mir das alles gefällt. Ich bin derartiges nicht gewohnt. Daß man mir meinen Sohn nachschleppt.«
    »Hören Sie«, entrüstete sich Cheng, »ich habe den Buben immerhin …«
    »Schon gut. Die Sache war von Anfang an verzwickt, unmöglich. Keine Klarheit, keine Eindeutigkeit. Außerdem zu viele Leute, zu viele Interessen. Und dann auch noch Sie mit Ihrer lächerlichen Dobrowsky-Nummer. Wer soll so was glauben?«
    »Ich war eigentlich ganz zufrieden damit«, meinte Cheng.
    »Wenn man bedenkt, daß ich improvisieren mußte. Woher auch hätte ich wissen können, daß in Ihrem Vorzimmer ein Dobrowsky hängt, nicht wahr?«
    »Ach was! Sie waren vorbereitet«, erwiderte Anna Gemini.
    »Sogar meinen Sohn haben Sie beschattet. Sie standen die ganze Zeit neben der Kirche. Ich konnte Sie sehen. Und mir zusammenreimen, daß Janota Sie schickt.«
    »Ich wiederhole«, sagte Cheng, »das ist ein Irrtum. Ein gewaltiger dazu. Ich habe den Namen das erste Mal aus Ihrem Mund vernommen. Seien Sie so gut, und hören Sie auf, sich eine Verbindung zwischen mir und diesem Mann einzureden. Ich kenne ihn nicht. Und ich denke, er mich auch nicht.«
    »Nie gesehen, den Chinesen!« ließ sich Janota vermelden, der nun also wieder am Lauf einer Waffe vorbeisehen mußte, wenn er mit Anna sprach und ihr höflicherweise dabei in die Augen schauen wollte. Und ein wenig höflich mußte er wohl sein, angesichts seiner Lage.
    »Hören Sie das?« fragte Cheng Anna. »Der Ignorant hält mich für einen Chinesen. Hat keine Ahnung.«
    »Sie haben mich heute schon einige Male angelogen«, erinnerte Anna Gemini.
    »Die Wahrheit hätte Ihnen nicht gefallen. Außerdem war mir danach, Ihnen eine Freude zu bereiten. Na, wenigstens wollte ich Sie nicht verärgern.«
    »Hören Sie auf, Cheng, mit der Raspelei. Wenn Sie nicht für Janota arbeiten, für wen dann?«
    »Wenn ich rede, werden Sie dann Ihre Pistole wegstecken?«
    »Meine Güte«, stöhnte Anna Gemini, »wohin denken Sie? Ich habe hier keine Geschenke zu verteilen, sondern einen Job zu erledigen. Was stellt ihr Männer euch eigentlich vor? Wenn etwas mich hindern wird, zu tun, was zu tun ist, dann vielleicht, weil ein neues Faktum dafür spricht. Ein Faktum, Herr Cheng. Nicht eine Drohung, nicht eine Bitte, schon gar nicht eine tausendmal verdrehte Andeutung. Reden Sie also, aber wirklich.«
    »Die Leute, die mich schicken«, begann Cheng im Ton einer oft geübten Gottergebenheit, im Ton der Gewißheit, alles irgendwie zu überleben, »sind daran interessiert zu erfahren, weshalb ein gewisser Einar Gude sterben mußte. Ein braver Mann und braver Botschafter, ein Norweger in Dänemark, der nach Wien kam, um Dürer zu sehen. Und den Sie, so glaube ich zu ahnen, liquidiert haben. Meine Auftraggeber macht es schrecklich nervös, sich nicht auszukennen. Man rätselt um die Bedeutung dieses Verbrechens. Man macht sich Sorgen. Sorgen um die Zukunft. Darum bin ich hier. Um die Sorgen zu entkräften oder zu bestätigen.«
    »Was für Sorgen?«
    »Politische Sorgen. Um Attentate, die niemand kontrolliert. Zumindest niemand, der dazu befugt ist. Und Sie verzeihen, Frau Gemini, aber Sie waren wohl kaum befugt, einem norwegischen Botschafter das Leben zu nehmen. Dann schon eher einem österreichischen Komponisten.«
    »Na hören Sie mal!« beschwerte sich Janota.
    »Das war nicht ernst gemeint«, sagte Cheng, wie man etwas Unkorrektes nur halb zurücknimmt. »Aber es ist nun mal so, daß niemand mich dafür bezahlt hat, einen Herrn Janota zu retten. Ich soll allein die Hintergründe von Gudes Tod erforschen. Trotzdem kann ich nicht einfach zusehen, wie jemand umgebracht wird. Sie wissen schon, Frau Gemini, das ist wie mit diesen Ärzten, die

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