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Ein Drama in Livland

Ein Drama in Livland

Titel: Ein Drama in Livland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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von Wichtigkeit, wenn sie voraussichtlich auch mit der Kroffs übereinstimmte.
    Broks wurde in die Gaststube gerufen. Auf die Aufforderung des Richters hin nannte er seinen Namen, Vornamen, sein Alter und seinen Beruf. Bei seinen Angaben bezüglich der Reisenden, die er in Riga aufgenommen hatte, ebenso wie über den Unfall mit dem Postwagen und über den Entschluß Pochs und seines Reisegenossen, im Kabak »Zum umgebrochenen Kreuze« zu übernachten, ließ er keine Einzelheit unerwähnt. Seine Darstellung deckte sich vollständig mit der des Schenkwirts bezüglich der Entdeckung des Verbrechens und ihrer Zwangslage, die Zimmertür mit Gewalt zu öffnen, da Poch auf ihr Rufen und Anklopfen keine Antwort gab. Er betonte des weiteren aber einen Punkt, der ihm von Bedeutung zu sein schien, den, daß der Bankbeamte während der Fahrt im Postwagen wahrscheinlich etwas unvorsichtig von seinem Vorhaben in Reval gesprochen haben werde, dort eine größere Summe für Rechnung der Firma Johausen auszuzahlen.
    »Auf jeden Fall, fügte er hinzu, haben der andere Reisende und die verschiedenen Postillone, die bei jedem Pferdewechsel die Wagenführung übernahmen, seine Dokumentenmappe sehen können, und ich selbst habe ihn auch darauf aufmerksam gemacht.«
    Jetzt wurde er noch über den Reisenden befragt, der bei der Abfahrt in Riga noch einen Platz im Postwagen eingenommen hatte.
    »Den Mann kenne ich leider nicht, erklärte Broks, es ist mir sogar unmöglich gewesen, sein Gesicht nur einmal ordentlich zu sehen.
    – Er hatte sich erst eingefunden, als die Post zur Abfahrt bereit stand?
    – Nur wenige Minuten vorher.
    – Seinen Platz hatte er sich nicht im voraus gesichert?
    – Nein, Herr Richter.
    – Wollte er nach Reval?
    – Den Fahrpreis hatte er bis Reval entrichtet, weiter kann ich hierüber nichts sagen.
    – War es nicht ausgemacht, daß Sie am nächsten Morgen zurückkehren würden, um den Wagen wieder instand setzen zu lassen?
    – Gewiß, Herr Richter; ebenso wie es verabredet war, daß Poch und sein Gefährte dann ihre Plätze wieder einnehmen sollten.
    – Und trotzdem verließ jener Reisende das ‘Umgebrochene Kreuz’ schon am nächsten Morgen um vier Uhr?
    – Ich war auch ganz erstaunt, Herr Richter, als Kroff mir mitteilte, daß der Unbekannte sich nicht mehr in der Schenke befände…
    – Und was haben Sie sich dabei gedacht? fragte Kerstorf.
    – Ich dachte mir, er werde wohl in Pernau bleiben wollen, und da es bis dahin nur ein Dutzend Werst weit ist, würde er sich entschlossen haben, die kurze Strecke zu Fuß zurückzulegen.
    – Wenn das seine Absicht war, bemerkte hierzu der Beamte, erscheint es nur auffällig, daß er sich nicht gleich am ersten Abend nach der Beschädigung des Wagens nach Pernau begeben hat…
    – Ja freilich, Herr Richter, antwortete Broks, das ist mir auch aufgefallen.«
    Die Befragung des Postschaffners ging hiermit zu Ende, und Broks erhielt Erlaubnis, die Gaststube zu verlassen.
    Als er hinausgegangen war, wendete sich der Major Verder an den Doktor Hamine.
    »Sie haben an der Leiche des Opfers keine weiteren Aufnahmen zu machen?
    – Nein, Major, erwiderte der Arzt. Ich habe die Stelle, die Form und die Richtung der Verletzung sorgfältig festgestellt…
    – Der Todesstoß ist doch mit einem Messer ausgeführt worden?…
    – Mit einem Messer, dessen Heftzwinge einen Eindruck rings um die Wunde hinterlassen hat«, erklärte Doktor Hamine.
    Vielleicht war das ein Indizium, das zur Aufhellung der Sachlage dienen konnte.
    »Kann ich nun, fragte Herr Johausen, Anordnung treffen, daß die Leiche des armen Poch nach Riga überführt wird, wo die Beerdigung stattfinden soll?
    – Das steht Ihnen frei, antwortete der Richter.
    – So könnten wir also wieder zurückfahren? ließ sich der Arzt vernehmen.
    – Jawohl, antwortete der Major, da hier kein anderer Zeuge mehr zu verhören ist.
     

    Im Zimmer wurde es hell. (S. 96.)
     
    – Doch ehe wir die Schenke verlassen, sagte da Herr Kerstorf, möchte ich noch einmal das Zimmer des zweiten Reisenden besichtigen. Vielleicht ist uns doch noch eine wichtige Sache entgangen.«
    Der Beamte, der Major, der Doktor und Johausen begaben sich nach dem betreffenden Zimmer. Der Schenkwirt schloß sich ihnen an, um eine etwa gewünschte Auskunft zu geben. Der Richter beabsichtigte, vorzüglich die Asche der Feuerstatt zu untersuchen, um sich zu überzeugen, ob sich darin etwas Verdächtiges vorfände oder nicht. Als sein Blick da auf den in

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