Ein Earl kommt selten allein (German Edition)
an, sonst hätte ich Christiana gleich gewarnt. Aber ich habe zunächst auch gar nicht viel von ihm gesehen. Erst als sie verheiratet waren und hier in London gelebt haben, fing ich an zu vermuten, dass etwas nicht stimmt. Christiana war so angespannt, als ich sie das erste Mal besucht habe. Ihr Lächeln war gezwungen, ihre Blicke schossen ständig zu ihm hin, als befürchtete sie, etwas gesagt zu haben, das ihn aufregen könnte. Beim nächsten Mal schickte der Butler mich auf seine Anweisung weg. Als das noch einmal passierte, wusste ich, dass etwas nicht stimmt, und ich wartete, bis Grace vorbeikam. Ich brachte sie dazu, mir zu sagen, was da vorging, und als sie mir erzählte, wie er sie behandelt …« Langley presste kurz die Lippen zusammen, dann seufzte er und sagte: »Der Bastard hat Christiana im letzten Jahr wie Dreck behandelt, und so, wie ich dich von der Schule in Erinnerung hatte, schien das einfach nicht zu dir zu passen. George andererseits …«
Richard zog die Decke wieder hoch, um Georges Gesicht zu bedecken. Sein Bruder sah jedes Mal schlimmer aus, und es wurde immer klarer, dass sie ihn nicht mehr sehr viel länger hierbehalten konnten. Obwohl es im Zimmer wegen des offenen Fensters kühl war, würde er schon bald zu stinken beginnen. Sie mussten die Frage beantworten, wer George vergiftet hatte, um ihn und mit ihm die ganze Angelegenheit endlich zur Ruhe zu betten und mit ihrem Leben weitermachen zu können.
»Willst du ihn auf dem Weg nach Gretna Green in die Familiengruft bringen?«, fragte Langley und ging zur Schlafzimmertür, als wollte er möglichst schnell aus dem Raum fliehen.
»Daniel denkt anscheinend, dass wir die Leiche hierbehalten sollten, bis sich die Sache geklärt hat, nur für den Fall«, räumte Richard ein, als sie das Schlafzimmer verließen.
»Nun, sehr viel länger wirst du ihn nicht mehr hier drin behalten können«, sagte Langley trocken und sah zu, wie Richard die Tür verschloss. »Aber er wäre doch gewiss in der Familiengruft gut aufgehoben, oder? Immerhin musst du dir da keine Sorgen machen, dass ein Diener oder sonst jemand auf ihn stoßen könnte.«
»Das stimmt«, murmelte Richard. Ihm gefiel die Vorstellung, seinen Bruder in die Familiengruft zu schaffen. Ihn hier oben zu haben wurde allmählich wirklich beunruhigend, denn es war offensichtlich, dass ihre Bemühungen, ihn zu kühlen, nicht so recht von Erfolg gekrönt waren. »Du hast vielleicht recht. Ich werde mit Daniel sprechen und sehen, ob ihm irgendwelche Fehler in dem Plan auffallen.«
»Fehler in welchem Plan?«
Beide Männer drehten sich um und starrten Daniel an, der auf sie zukam. Richard konnte nicht umhin zu bemerken, dass sein Freund bereits mitten im Korridor stand, obwohl der Flur eben noch leer gewesen war – als wäre er erst wenige Augenblicke zuvor dort aufgetaucht. Diese Erkenntnis veranlasste ihn instinktiv, einen Blick auf Suzettes Schlafzimmertür zu werfen, die sich nur wenige Schritte hinter Daniel befand.
»Wo kommen Sie her, Woodrow?«, fragte Langley abrupt; er hatte offenbar den gleichen Gedanken wie Richard. Vielleicht betrachtete Langley ihn deshalb ein wenig ungehalten und misstrauisch, weil Daniels Haare ein bisschen zerzaust waren, seine Jacke zerknittert war und die Krawatte fehlte, dachte Richard erheitert, während er darauf wartete, dass sich Daniel erklärte.
»Oh … ich … äh …« Daniel wedelte vage mit der Hand in die Richtung, aus der er gekommen war, dann blieb er schlagartig stehen, als sich Suzettes Tür plötzlich öffnete und sie herausgeeilt kam, auf die Stufen zulief und zischte: »Daniel! Daniel! Du hast deine Krawatte vergessen!«
Richard biss sich auf die Lippen, um ein Lachen zu unterdrücken, und sah, wie Daniel die Augen verdrehte. Robert war allerdings derjenige, der fauchte: »Suzette!«
Sie hielt unvermittelt inne und warf einen Blick zurück, und ihre ohnehin großen Augen wurden noch größer, als sie die drei Männer im Korridor stehen sah.
»Oh.« Sie richtete sich auf und drehte sich um, um sie anzusehen, machte dann eine Geste zu den Stufen. Sie blieb jedoch stehen, als sie bemerkte, dass sie dabei mit der Krawatte herumwedelte, woraufhin sie die betreffende Hand rasch hinter dem Rücken versteckte, als hoffte sie, dass niemand etwas bemerkt hatte. »Ich wollte gerade nach unten gehen.«
Richard hüstelte hinter der vorgehaltenen Hand, um sich das Lachen zu verkneifen, das sich allerdings nicht ganz zurückhalten ließ. Suzette
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