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Ein Earl mit Mut und Leidenschaft

Titel: Ein Earl mit Mut und Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Quinn
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Zeit, um sich zu sammeln, und fragte dann ruhig: „Was ist denn wirklich passiert?“
    Sie sah auf, und ihre Augen - von so bemerkenswertem Dunkelblau - verrieten eine Spur Überraschung.
    „Das muss ja ein Riesenexemplar von einer Ratte gewesen sein“, murmelte er. „Beinahe so groß wie Australien, würde ich sagen.“
    Es war kein Versuch gewesen, sie zum Lachen zu bringen, aber sie lächelte, ihre Mundwinkel hoben sich ein winziges Stück. Darauf hob sich auch sein Herz, und es war schwer zu verstehen, wie eine so kleine Veränderung ihrerseits auf seiner Seite einen solchen Überschwang der Gefühle hervorrufen konnte.
    Es hatte ihm nicht gefallen, sie so außer sich zu sehen. Erst jetzt begriff er jedoch, wie sehr ihn ihr Zustand aus der Fassung gebracht hatte.
    Sie schien fieberhaft zu überlegen, was sie als Nächstes tun sollte. Sie war sich wohl nicht sicher, ob sie ihm vertrauen konnte, das zumindest entnahm er ihrer Miene. Kurz sah sie aus dem Fenster, bevor sie sich dann in die Polster zurücksinken ließ, den Blick immer noch nach vorn gerichtet. Ihre Lippen zitterten, und schließlich sagte sie so leise und zögernd, dass es ihm schier das Herz brach: „Es gibt da jemanden ... dem ich nicht begegnen möchte.“
    Mehr nicht. Keine weiteren Erklärungen, keine weiteren Ausführungen, nur ein paar dürre Worte, die jede Menge weitere Fragen aufwarfen. Er stellte aber keine davon. Irgendwann würde er es tun, aber nicht jetzt. Er staunte ohnehin, dass sie so viel preisgegeben hatte.
    „Dann sehen wir zu, dass wir hier verschwinden“, sagte er, und sie nickte dankbar. Sie fuhren ostwärts auf der Piccadilly -was die völlig falsche Richtung war, doch Daniel hatte seinen Kutscher entsprechend angewiesen. Miss Wynter brauchte Zeit, um die Contenance wiederzuerlangen, bevor sie nach Pleinsworth House zurückkehrte.
    Und er war noch nicht ganz so weit, auf ihre Begleitung zu verzichten.
    Anne starrte aus dem Fenster, während die Zeit verstrich. Sie hatte keine Ahnung, wo sie waren, und es war ihr, wenn sie ehrlich sein sollte, auch völlig egal. Ihretwegen durfte Lord Winstead sie auch bis nach Dover fahren, solange sie weit, weit fort von der Piccadilly waren.
    Von der Piccadilly und dem Mann, der vielleicht George Chervil war.
    Jetzt wohl Sir George Chervil. Charlottes Briefe trafen nicht so regelmäßig ein, wie Anne das gern gehabt hätte, aber wenn sie kamen, steckten sie voller Neuigkeiten. Sie waren Annes einzige Verbindung zu ihrem alten Leben. Georges Vater war im Vorjahr gestorben, hatte Charlotte geschrieben, und George hatte sein Erbe angetreten. Bei der Nachricht hatte es Anne kalt überlaufen. Sie hatte Sir Charles verabscheut, aber sie hatte ihn auch gebraucht. Er war der Einzige, der die rachsüchtige Natur seines Sohnes bändigen konnte. Jetzt, da Sir Charles tot war, gab es keinen mehr, der ihn zur Vernunft bringen konnte. Selbst Charlotte hatte sich besorgt gezeigt; anscheinend hatte George den Shawcrosses am Tag nach der Beerdigung seines Vaters einen Besuch abgestattet. Er hatte versucht, es wie eine nachbarschaftliche Geste aussehen zu lassen, doch Charlotte war der Ansicht, dass er viel zu viele Fragen nach Anne gestellt hatte.
    Nach Annelise.
    Manchmal musste sie sich bewusst an die Person erinnern, die sie einst gewesen war.
    Es war ihr klar gewesen, dass George jederzeit nach London kommen konnte. Als sie die Stellung bei den Pleinsworths angenommen hatte, war sie davon ausgegangen, dass sie das ganze Jahr in Dorset bleiben würde. Lady Pleinsworth würde Sarah zur Saison nach London begleiten, und die drei jüngeren Mädchen würden den Sommer mit ihrer Gouvernante und ihrer Amme auf dem Land verbringen. Und dem Vater natürlich. Lord Pleinsworth verließ Dorset nie. Er interessierte sich weitaus mehr für seine Jagdhunde als für andere Menschen, was Anne vollkommen recht war. Wenn er nicht körperlich abwesend war, dann zumindest im Geiste, und es war beinahe so, als arbeitete sie in einem reinen Frauenhaushalt.
    Was wunderbar war.
    Aber dann hatte Lady Pleinsworth entschieden, sie könne nicht länger ohne ihre Töchter auskommen, und während Lord Pleinsworth über seinen Bassets und Bluthunden brütete, war alles Notwendige zusammengepackt worden, um gemeinsam nach London aufzubrechen. Anne hatte sich die gesamte Reise über eingeredet, dass George ihr in London nie über den Weg laufen würde, selbst wenn er dort hinführe. Es war eine große Stadt. Die größte in

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