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Ein Earl mit Mut und Leidenschaft

Titel: Ein Earl mit Mut und Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Quinn
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vermisst?“
    Sie spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg, und es dauerte einen Augenblick, bis sie eine angemessen strenge Miene aufsetzen konnte. „Eine Menge Leute hätten Sie vermisst“, erklärte sie nachdrücklich.
    Einschließlich ihrer selbst.
    „Wo ist es denn passiert?“, fragte sie. Details, erinnerte sie sich. Details waren wichtig. Details waren klar und trocken und hatten nichts mit Gefühlen zu tun, damit, dass man jemanden vermisste, sich Sorgen um ihn machte, ihn mochte.
    „War es in Mayfair? Ich hätte nicht gedacht, dass es dort so unsicher ist.“
    „Es war nicht in Mayfair“, berichtete er. „Aber nicht allzu weit außerhalb. Ich bin von Chatteris House nach Hause gegangen. Es war spät. Ich habe nicht aufgepasst.“
    Anne wusste nicht, wo der Earl of Chatteris wohnte, aber es konnte nicht allzu weit von Winstead House entfernt sein. Die ganze vornehme Gesellschaft Londons lebte relativ nahe beieinander. Und selbst wenn Lord Chatteris am Rand des vornehmen Bezirks wohnte, hätte Lord Winstead wohl kaum durch das Elendsviertel spazieren müssen, um nach Hause zu gelangen.
    „Ich wusste nicht, dass London so gefährlich geworden ist“, sagte sie. Sie schluckte, fragte sich, ob der Angriff auf Lord Winstead etwas damit zu tun haben könnte, dass sie George Chervil gesehen hatte. Aber wie könnte es? Sie und Lord Winstead hatten sich nur einmal zusammen in der Öffentlichkeit gezeigt - im Hyde Park -, und es muss für jeden offensichtlich gewesen sein, dass sie die Gouvernante seiner Cousinen war.
    „Ich sollte Ihnen vermutlich dafür danken, dass Sie neulich darauf bestanden haben, mich nach Hause zu bringen“, sagte sie.
    Er drehte sich um, und die Intensität seines Blicks raubte ihr den Atem. „Ich würde Ihnen nicht erlauben, nachts auch nur zwei Schritte allein zu tun, geschweige denn eine halbe Meile.“
    Sie öffnete den Mund, wollte etwas sagen, doch dann konnte sie ihn nur anstarren. Erstaunlich war, dass sie dabei gar nicht auf das blaue Leuchten seiner Augen achtete. Sie blickte tiefer, sah dort... irgendetwas. Oder vielleicht war es gar nicht so. Vielleicht war sie diejenige, die sich offenbart hatte. Vielleicht sah er all ihre Geheimnisse, ihre Ängste.
    Ihre Sehnsüchte.
    Sie begann - endlich - wieder zu atmen und riss den Blick von ihm los. Was war das nur? Oder, präziser gefragt, wer war sie ? Denn sie kannte die Frau nicht, die ihn angestarrt hatte, als blickte sie in ihre eigene Zukunft. Sie war nicht überspannt. Sie glaubte nicht an das Schicksal. Und sie hatte nie geglaubt, dass die Augen Fenster zur Seele seien. Nicht nach dem Blick, mit dem George Chervil sie einst betrachtet hatte.
    Sie räusperte sich, brauchte einen Augenblick, um ihr inneres Gleichgewicht wiederzufinden. „Sie sagen das so, als würde das nur für mich gelten“, sagte sie, erfreut darüber, dass ihre Stimme nichts über ihren inneren Aufruhr verriet, „aber ich weiß, dass Sie dasselbe auch für jede andere Dame tun würden.“
    Er schenkte ihr ein so kokettes Lächeln, dass sie sich fragen musste, ob sie sich die Intensität in seinem Blick vorhin nur eingebildet hatte. „Die meisten Damen würden vorgeben, geschmeichelt zu sein.“
    „Jetzt sollte ich wohl antworten, ich bin nicht wie die meisten Damen“, sagte sie trocken.
    „Es wäre auf jeden Fall die passende Antwort, wenn wir auf einer Bühne stünden.“
    „Ich werde es Harriet ausrichten“, sagte Anne und lachte. „Sie hält sich für eine Dramatikerin.“
    „Tatsächlich?“
    Anne nickte. „Ich glaube, sie hat ein neues Werk begonnen. Es ist schrecklich deprimierend. Irgendetwas über Heinrich VIII.“ Er verzog das Gesicht. „Das klingt schaurig.“
    „Sie will mich überreden, die Rolle von Anne Boleyn zu übernehmen.“
    Er unterdrückte ein Lachen. „Meine Tante kann Ihnen gar nicht genug Geld zahlen.“
    Anne kommentierte das nicht, sondern entgegnete stattdessen: „Ich bin Ihnen für Ihre Sorge neulich Abend wirklich dankbar. Aber geschmeichelt fühle ich mich nicht; ein Gentleman, dem die Sicherheit aller Frauen am Herzen liegt, beeindruckt mich weitaus mehr.“
    Er dachte einen Augenblick nach und nickte dann, wobei er den Kopf ein wenig zur Seite neigte. Ihm war unbehaglich zumute, erkannte Anne überrascht. Er war es nicht gewohnt, Komplimente zu erhalten.
    Sie lächelte in sich hinein. Es hatte etwas sehr Liebenswertes, wie er da auf dem Sitz herumrutschte. Vermutlich war er es eher gewohnt, für

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