Ein Earl mit Mut und Leidenschaft
infrage“, meinte Miss Wynter streng. „Das Rührei ist völlig in Ordnung. Es wäre eine schreckliche Verschwendung, frisches zuzubereiten.“
Er blickte zu Frances und zuckte mitfühlend mit den Achseln. „Ich fürchte, Miss Wynter dürfen wir nicht verärgern. Such dir doch irgendetwas anderes zu essen aus, das dir schmeckt.“
„Ich mag keine Räucherheringe.“
Er sah hinüber zum Stein des Anstoßes und verzog das Gesicht. „Ich auch nicht. Ich kenne niemanden, der Räucherheringe mag, außer meine Schwester, und die riecht dann den ganzen restlichen Tag nach Fisch, glaub mir.“
Frances quiekte vor wohligem Entsetzen.
Daniel wandte sich direkt an Miss Wynter. „Mögen Sie Räucherheringe?“
Sie blickte ihm ungerührt in die Augen. „Sehr.“
„Schade.“ Er seufzte und sprach wieder zu Frances. „Ich werde Lord Chatteris warnen müssen, jetzt, da er und Honoria heiraten wollen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er jemanden küssen möchte, der nach Fisch riecht.“
Frances schlug eine Hand vor den Mund und kicherte. Miss Wynter bedachte ihn mit einem äußerst strengen Blick und meinte: „Diese Unterhaltung schickt sich wohl kaum für Kinder.“
Er konnte es sich einfach nicht verkneifen: „Und für Erwachsene schon?“
Beinahe hätte sie gelächelt. Er konnte sehen, dass sie damit kämpfte. Aber sie sagte: „Nein.“
Er nickte kummervoll. „Schade.“
„Ich werde Toast essen“, verkündete Frances. „Und dazu löffelweise Marmelade.“
„Nur einen Löffel bitte.“ Miss Wynter sah sie unnachgiebig an.
„Bei Nanny Flanders kriege ich immer zwei.“
„Ich bin nicht Nanny Flanders.“
„Hört, hört“, sagte Daniel.
Miss Wynter bedachte ihn abermals mit einem strengen Blick.
„Vor den Kindern. Also wirklich“, raunte er ihr ins Ohr, so leise, dass Frances es nicht hörte. „Wo sind denn die anderen alle?“, erkundigte er sich laut, nahm einen Teller und begab sich schnurstracks zum Schinkenspeck. Mit Schinkenspeck lief alles besser.
Das Leben war einfach schöner mit Schinkenspeck.
„Elizabeth und Harriet kommen bald herunter“, entgegnete Miss Wynter. „Was mit Lady Pleinsworth und Lady Sarah ist, weiß ich nicht. Wir sind nicht in ihrer Nähe untergebracht.“
„Sarah hasst es, morgens aufzustehen“, sagte Frances und beobachtete Miss Wynter, während sie den Löffel in die Marmelade tauchte.
Miss Wynter erwiderte den Blick, und Frances hörte nach einem Löffel auf. Sie wirkte ein wenig gedämpft, als sie sich setzte.
„Ihre Tante ist auch keine Frühaufsteherin“, sagte Miss Wynter zu Daniel, während sie ihren eigenen Teller füllte. Schinkenspeck, Eier, Toast, Marmelade, ein Fleischpastetchen ... Sie griff ordentlich zu, wie er feststellte.
Eine großzügige Portion Butter, eine etwas bescheidenere Portion Orangenmarmelade und dann ...
Bitte keine Räucherheringe.
Die Räucherheringe. Mindestens dreimal so viel, wie ein normaler Mensch vertilgen sollte.
„Räucherhering?“, fragte er. „Muss das sein?“
„Ich habe doch gesagt, dass ich Räucherhering mag.“ Beziehungsweise hatte er ihr gesagt, wie gut sie gegen einen Kuss schützten.
„Auf der Isle of Man sind sie praktisch die Nationalspeise“, sagte sie und ließ einen letzten Hering auf den Teller plumpsen, für alle Fälle.
„Die Isle of Man haben wir in Erdkunde durchgenommen“, erzählte Frances finster. „Die Leute dort heißen Manx. Es gibt auch Katzen, die so heißen. Das ist das einzig Gute daran. Das Wort Manx.“
Daniel hatte keinen blassen Schimmer, was er mit dieser Information anfangen sollte.
„Es endet mit einem X“, erklärte Frances, nicht dass das die Sache irgendwie klarer machte.
Daniel räusperte sich und beschloss, den anderen nicht in die Welt des X zu folgen. Er begab sich zum Tisch. „Es ist keine sehr große Insel“, meinte er. „Ich hätte nicht gedacht, dass es da viel zu lernen gibt.“
„Im Gegenteil“, entgegnete Miss Wynter und setzte sich Frances schräg gegenüber. „Die Insel hat eine sehr lange Geschichte.“ „Und verfügt anscheinend über reichhaltig Fisch.“ „Stimmt“, gab Miss Wynter zu und spießte einen Räucherhering mit der Gabel auf. „Das ist das Einzige von dort, das ich hin und wieder vermisse.“
Daniel betrachtete sie neugierig, als er neben ihr Platz nahm. Es war eine recht merkwürdige Aussage, vor allem von einer Frau, die sich über ihre Vergangenheit sonst ausschwieg.
Doch Frances interpretierte die
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