Ein echter Schatz
sagte ich zu Rex.
Ich holte mir ein Bier aus dem Kühlschrank und rief Morellis Handy an.
»Was gibt‘s?«, fragte er.
»Ich wollte nur mal Hallo sagen.«
»Ich kann jetzt nicht sprechen. Ich rufe dich später an.« »Okay.«
»Der ruft nicht noch mal an«, sagte ich zu Rex. »So sind sie, die Männer.«
Ich rief Rangers Handy an, erwischte aber nur die Voice-mail. »Du hast einen Knall«, sagte ich nur.
Dann nahm ich den Umschlag mit den Berichten mit ins Wohnzimmer und fing an, das Material durchzuarbeiten. Es gab nicht einen einzigen Hinweis in den Unterlagen, der Smullen, Gorvich und Petiak miteinander in Verbindung brachte, ihren früheren Wohnort einmal ausgenommen. Aber auch diese Verbindung musste nichts heißen. Die drei waren in ganz verschiedenen Stadtteilen von Sheepshead aufgewachsen. Ranger hatte nicht nur Smullen, Gorvich und Petiak überprüft, sondern auch deren Eltern. Alle Familien waren anscheinend fleißige und anständige Bürger. Keine Vorstrafen, keine Verbindung zur Unterwelt, nichts. Gorvich war gebürtiger Russe, aber schon mit zwölf zusammen mit seinen Eltern nach Amerika emmigriert. Auch mit Dickie schienen die drei Männer vor ihrer gemeinsamen Firmengründung nichts zu tun gehabt zu haben.
10
Ich wachte auf dem Sofa auf, in der Hand den Bericht über Petiaks Kreditwürdigkeit, das Zimmer sonnendurchflutet. Das Schlimme war, dass ich mir vom nächtlichen Liegen auf dem Sofa den Hals verrenkt hatte; das Gute, dass ich schon angezogen war.
Ich ging in die Küche und kochte erst mal Kaffee. Ich schüttete Cornflakes in eine Schüssel, goss Milch hinzu und bedankte mich im Stillen bei Morelli. Sehr aufmerksam von ihm, dass er eingekauft hatte, und bestimmt hätte er gestern Abend auch noch angerufen, wenn es möglich gewesen wäre. Ich spürte, wie sich bei dem Gedanken an den versprochenen, aber ausgebliebenen Anruf meine Augen zu Schlitzen verengten und mein Blutdruck leicht anstieg. Ich musste mir Mühe geben, Haltung zu bewahren. Er hat zu tun, sagte ich mir. Er arbeitet.
Er ist Italiener. Blabla.
Ich aß meine Cornflakes auf, goss mir Kaffee ein und ging damit zum Wohnzimmerfenster. Ich sah runter auf den Parkplatz, kein weißer Taurus.
Mr. Warnick kam aus dem Haus und stieg in seinen Cadillac-Oldtimer. Er trug Sakko und Krawatte, bereit für den Kirchgang. Er sah nicht aus, als würde er frieren. Ich schaute zum Himmel, die Sonne schien, die Vögel zwitscherten; während ich auf dem Sofa geschlafen hatte, hatte heimlich der Frühling Einzug gehalten.
Im Kopf schwirrten mir einige Angaben aus den Berichten über Smullen, Gorvich und Petiak herum. Alle drei waren mittelmäßige Schüler gewesen. Petiak war mit Hilfe eines Stipendiums der Armee auf ein staatliches College gegangen. Smullen und Gorvich waren ebenfalls aufs College gegangen, aber auf solche, von denen ich noch nie gehört hatte. Keiner der drei hatte in irgendeiner Unimannschaft gespielt. Smullen aß gern Süßes. Gorvich sammelte Frauen, behielt sie aber nicht. Smullen war mit einer Frau in Südamerika verheiratet, hatte jedoch eine Freundin, die in den Slums von Trenton lebte.
Smullen hatte sich mit mir verabredet, war aber nicht gekommen. Bei seiner Freundin war er ebenfalls nicht aufgekreuzt. Bei Smullen hatte ich ein ungutes Gefühl. Ich hatte die Befürchtung, dass irgendwas schiefgelaufen war und dass es für ihn nicht gut geendet hatte. Als Nächstes stand ein Besuch bei Grandma an.
Leider waren alle RangeMan-Fahrzeuge mit einem Ortungssystem ausgerüstet. Mit der Wanze in meiner Tasche und dem Sender in dem Porsche konnte RangeMan jeden meiner Schritte verfolgen. Außerdem waren Rangers Männer in höchster Stephanie-Alarmbereitschaft, bis ihr Chef wieder in Trenton war. Heute Morgen wollte ich mal das Lagerhaus in Augenschein nehmen, unauffällig, wenn möglich. Ich wollte nicht, dass fünf oder noch mehr Schwarzgekleidete von RangeMan vor dem Gebäude herumlungerten und sich fragten, ob sie es nun in SWAT-Manier stürmen sollten oder nicht. Tasche und Porsche würde ich also bei meinen Eltern lassen und mir Onkel Sandors alten Buick auslernen.
Onkel Sandor überließ den taubenblau-weißen 53er Roadmaster Buick Grandma, als er ins Altenheim zog. Es ist ein Klassiker, garagengepflegt und schier unverwüstlich. Männer finden das Auto cool, aber wenn ich wählen dürfte, würde ich einen roten Ferrari vorziehen.
Ich fuhr mit dem Cayenne zu meinen Eltern und ging ins Haus.
»Ich leihe mir mal
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