Ein echter Schatz
die Augen. Abkrachschwestern wäre ein passenderer Name gewesen.
»Die Gewinnspanne bei Gebrauchtwagen ist nicht so groß, wie man allgemein annimmt«, sagte Mickey. »Uncle Mickey macht schlimme Zeiten durch. Hohe Unkosten.« Er spähte in den Flur. »Ihr dürft keinem sagen, dass Uncle Mickey hier wohnt, verstanden.«
»Wohnen Sie alleine hier?«
»Ja, Uncle Mickey hat das Penthouse ganz für sich allein. Wollt ihr nicht reinkommen und Uncle Mickey ein bisschen Gesellschaft leisten?«
»Wir haben zu tun«, sagte Lula. »Sie müssen sich schon allein Gesellschaft leisten.«
Uncle Mickey verschwand hinter der Tür, und wir zogen weiter zu 3B.
»Deprimierend!«, stellte Lula fest. »In den Werbespots sieht er immer so seriös aus. Man möchte gleich hin und ihm ein Auto abkaufen.«
Eine üppige dunkelhaarige Frau öffnete auf mein Klopfen an die Tür von 3B. Sie trug einen roten Pullover und Jeans, am Armgelenk eine teure Uhr und einen fetten Diamantring. Ihr Alter schätzte ich auf vierzig, bei guter Erbanlage.
»Ja, bitte?«, sagte sie.
»Wir finanzieren unsere Ausbildung am College mit Reparaturdiensten«, sagte Lula. »Ist bei Ihnen was kaputt?«
»Ich weiß, wer Sie sind«, sagte die Frau zu mir. »Ich habe Ihr Foto in der Zeitung gesehen. Sie sind die Frau, die Dickie Orr ermordet hat.«
»Ich habe ihn nicht ermordet«, sagte ich. »Ich habe ein Alibi.«
»Bei Mord haben immer alle ein Alibi. Sie stecken ganz schön in der Scheiße. Orr hat der Firma einen Haufen Geld unterschlagen, und bevor jemand herausfinden konnte, wo er es versteckt hat, haben Sie das Würstchen umgebracht.«
»Woher wissen Sie das?«
»Der Mann, mit dem ich zusammenwohne, ist ein Kompagnon von ihm. Peter Smullen. Er erzählt mir alles. Sobald er von seiner dämlichen alten Kuh geschieden ist, heiraten wir. Dann kaufen wir uns ein Haus und kommen raus aus diesem Drecksloch.«
»Peter Smullen wohnt hier in diesem Haus?«
»Meistens jedenfalls. Wenn er nicht gerade auf Reisen ist. Oder rumvögelt. Gestern Abend ist er nicht nach Hause gekommen, dafür wird er teuer bezahlen. Ich habe mir schon ein Armband bei Tiffany ausgesucht. Ich habe nur noch darauf gewartet, dass er sich so eine Sache wie gestern leistet.«
»Als Frau muss man Vorsorgen«, sagte Lula. »So eine Gelegenheit muss man nutzen.«
»Allerdings«, sagte Smullens Freundin.
»Na gut«, sagte ich. »Schönen Tag noch. Wir ziehen dann mal wieder los.«
Auf dem Absatz zur zweiten Etage blieben Lula und ich stehen, um zu rekapitulieren.
»Interessant«, sagte Lula. »Willst du es bei den anderen Mietern auch noch versuchen? Im Erdgeschoss und in der ersten Etage haben wir welche ausgelassen.«
»Ich glaube nicht, dass Dickie hier ist. Trotzdem, wenn wir mit der Suche schon mal angefangen haben, sollten wir sie auch durchziehen. Aber biete den Leuten um Himmels willen nicht mehr an, irgendwas zu reparieren!«
Joyce verfolgte mich bis zu meiner Wohnung und parkte zwei Plätze hinter mir. Wollte ich ein guter Mensch sein und ihr sagen, dass ich für heute Schluss machte, oder wollte ich gemein sein und sie noch eine Weile schmoren lassen, bis sie selbst auf den Trichter kam? Ich entschied mich für Letzteres. Sie würde mir sowieso nicht glauben. Ich fuhr mit dem Aufzug zur ersten Etage und stand einem Mann in schwarzer RangeMan-Uniform gegenüber, der vor meiner Wohnungstür wartete.
»Ich soll gucken, ob in Ihrer Wohnung auch alles in Ordnung ist, bevor Sie reingehen«, sagte er.
Meine Fresse! Es freute einen ja, dass Ranger um einen besorgt war, aber das fand ich denn doch charmant übertrieben.
Ich schloss die Tür auf und wartete, während er seine Arbeit tat, unters Bett guckte und in Schränken nachschaute.
»Entschuldigen Sie«, sagte er, als er fertig war. »Tank hat mich dazu verdonnert. Wenn Ihnen während Rangers Abwesenheit etwas zustößt, sind wir alle unseren Job los.«
»Ranger sollte sich mal am Riemen reißen.« »Ja, Ma‘am.«
Ich machte die Tür hinter ihm zu und guckte durch den Spion. Der Mann stand immer noch da. Ich machte die Tür wieder auf.
»Was jetzt noch?«, fragte ich ihn.
»Ich darf erst gehen, wenn Sie die Tür zugeschlossen und den Riegel vorgeschoben haben.«
Ich machte die Tür zu, drehte den Schlüssel herum und schob den Riegel vor. Wieder guckte ich durch den Spion, kein RangeMan mehr zu sehen. Ich hängte Mantel und Tasche an einen Haken im Flur und gab Rex einen Cracker.
»Komisches Leben, das ich führe«,
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