Ein echter Schatz
dann brach hier hektisches Treiben aus, und nach dem, was man so durch die offenen Rolltore erkennen konnte, wurde das Haus leergeräumt. Seitdem war keiner mehr da. Jedenfalls keine Lastwagen.«
»Autos?«
»Keine gesehen. Aber die können natürlich auch auf der anderen Seite parken. Da gibt es noch eine Tür. Im ersten Stock sind, glaube ich, Büros.« »Und sonst? Wie geht es?«
»Kommen Sie mal wieder in die Kneipe. Ich spendiere Ihnen einen Drink.« »Abgemacht.«
Ich überquerte ein gelbes Rasenstück und ging einmal um das Lagerhaus herum. Hinten vier Ladebuchten, Fenster im oberen Bereich, Haupteingang geschlossen, Seiteneingang ebenfalls. Wenn Ranger dabei gewesen wäre, kein Problem. Hinten, in einer Ecke, gab es ein Fenster mit Milchglasscheibe und einen Entlüftungsschacht. Wahrscheinlich die Toilette. Ich konnte durchs Fenster einsteigen und würde wahrscheinlich Alarm auslösen, aber ich hätte mindestens zwanzig Minuten Zeit, bevor jemand hierhergefunden hätte. Womöglich käme sogar überhaupt niemand.
Ich ging zurück zum Buick und holte den Reifenheber aus dem Kofferraum, schlug das Fenster damit ein und brach die restlichen Glassplitter aus dem Rahmen. Dann kroch ich vorsichtig durch die Lücke, ohne großen Schaden, außer einer Schramme am Arm und einem Loch in der Jeans.
Es war die Toilette, die man am besten nur im Dunkeln benutzte. Ich hielt die Luft an und ging auf Zehenspitzen. Wenn ich wieder zu Hause war, würde ich meine Schuhe in Clorox tauchen. Ich fand einen Lichtschalter, und über mir sprangen Neonleuchten an.
Randy hatte recht. Das Lagerhaus war leergeräumt, besenrein, kein Fitzelchen Papier, nirgendwo, außer auf dem Klo. Sonst nur lauter leere Regale, zwei lange Klapptische, einige Klappstühle, ordentlich an die Wand gelehnt. Kein Hinweis auf die bisherige Nutzung, nur der schwelende Geruch nach irgendwas Chemischem, Benzin oder Kerosin.
Ein Lastenaufzug und ein separater Treppenaufgang führten in den ersten Stock. Sehr leise schlich ich die Treppe hoch. Die Tür oben war zu. Ich öffnete sie, und vor mir lag noch ein leerer Lagerraum. Ein Büro mit einem großen, verschmierten Milchglasfenster ging davon ab.
Als ich näher trat, sah ich, dass das Fenster rußverdreckt war. Schon bekam ich leichtes Herzflattern. Ich probierte die Tür. Abgeschlossen. Ich holte tief Luft und schlug mit dem Reifenheber gegen das Bürofenster.
Es dauerte einen Moment, bis ich es raffte. Manche Dinge sind so eklig, dass der Verstand nicht immer gleich hinterherkommt, was das Auge schon erfasst hat. Ein menschlicher Kadaver saß auf einem Stuhl hinter einem Schreibtisch. Der Tisch, der Stuhl, die Leiche und die Wand dahinter waren verkohlt. Der Anblick war so grässlich, so weit entfernt von der Wirklichkeit, dass ich zunächst zu keiner Gefühlsreaktion fähig war, außer schierem Unglauben. Ich stand an dem zerbrochenen Fenster und sah in den Raum, und der Raum roch nach Qualm und verbranntem Fleisch.
Ich dachte immer, in Notsituationen würde ich einen kühlen Kopf bewahren, aber in Wahrheit lasse ich mich von meinem Instinkt leiten, was nicht immer zu klugen Reaktionen führt. Als ich den Qualm roch, rastete ich komplett aus. Mein einziger Gedanke war, weg hier, so schnell wie möglich und so weit wie möglich. Ich stürzte zur Tür, ruderte mit Armen und Beinen und schlidderte die Treppe runter.
Gerade wollte ich die Tür zum Erdgeschoss aufstoßen, als es ein Geräusch gab, als hätte eine riesige Zündung Feuer gefangen.
Ich riss die Tür auf und stand einer Feuerwand gegenüber. Schnell knallte ich die Tür zu und lief die Treppe wieder hoch. In dem Lagerraum gab es keine Fenster, außer in dem abgefackelten Büro. Ich kroch über Glasscherben, machte ein Fenster auf und sah nach unten. Es war fast zehn Meter hoch.
Jetzt musste ich mich entscheiden. Entweder warf ich mich kopfüber in die Tiefe und zerschellte auf der Erde wie Humpty Dumpty, oder ich blieb hier oben und verbrannte wie der Mann am Schreibtisch.
Randy kam aus der Werkstatt angerannt. »Springen Sie!«, schrie er.
»Zu hoch!«
Ein zweiter Mann kam angerannt. »Ach, du Scheiße«, sagte er. »Was macht die denn da oben?«
»Hol den Lastwagen«, sagte Randy zu dem Mann. »Beeil dich!«
Flammen züngelten an der Hauswand hoch, und der Boden unter meinen Füßen war heiß. Ein Sattelzug rollte aus der Karosseriewerkstatt, fuhr über das Rasenstück und wendete an der Vorderseite des Lagerhauses.
»Er fährt
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