Ein ehrliches Angebot: Roman (German Edition)
sagte Arvid. Der Kerl legte auf. Als Grace aus der Dusche kam, fragte Arvid, ob sie auch daran gedacht habe, für den neuen Mann ein Geschenk zu kaufen. Eine italienische Krawatte vielleicht auch für ihn? Sie gab keine Antwort. Ist es Arnold?, fragte Arvid. Arvid!, sagte Grace. Grace?, sagte Arvid.
Nachdem Arvid das Haus verlassen und Robby zum Abschied geküsst hatte, blieb er draußen im Schnee stehen, der in der Inkognitogate fiel. Er stand reglos unter einer Straßenlaterne und ließ sich langsam von dem Schnee bedecken. Später in der Heiligen Nacht wurde er von einem Mädchen auf der Karl Johans Gate angesprochen. Die Straßen waren menschenleer, aber das Mädchen saß in der Hocke, um sich vor dem Schnee zu schützen. Wie wär’s mit einer Runde, Mister?, fragte sie, als er vorbeiging. Runde?, fragte er. Ja, Runde?, fragte sie. Er lief weiter, sie kam ihm nach. Sie folgte ihm die ganze Karl Johans Gate hinunter. Runde?, fragte sie. Als er endlich begriff, was sie meinte, antwortete er, das komme nicht in Frage. Sie erzählte ihm, sie sei unsicher, wie sie es anstellen solle, Arvid Lunde sei nämlich ihr erster Kunde. Er sagte, er könne wohl kaum als Kunde gelten, da er ihr Angebot abgelehnt habe. Sie erzählte, dass sie ursprünglich aus Dokka stamme, sie habe als Kindergartenassistentin gearbeitet, dann aber beschlossen, eine Weile als Prostituierte zu arbeiten, um Geld für eine Weltreise auf die Seite legen zu können. An Heiligabend?, fragte er. Ja, sagte sie. Ich hol dich da raus, sagte Arvid Lunde. Sind Sie bereit zu zahlen oder nicht?, fragte sie. Er könne gern das Doppelte zahlen, wenn sie da rauskäme. Aber wenn Sie das Doppelte zahlen, dann bin ich eine Prostituierte, oder?, fragte sie.
Sie nahmen sich ein Zimmer im Grand Hotel . Der Portier hätte sie abweisen müssen. Ihr Anliegen stand im Widerspruch zu seinem professionellen Instinkt, er warf einen Blick auf ihre Kleider, roch die Alkoholfahne des Mannes, bemerkte das fehlende Gepäck, aber es war Heiligabend, und der Portier hatte ein weiches Herz. Das hier sollte sein Beitrag zum Weihnachtsfrieden sein. Zwei lose Vögel, die sich eine Nacht im Hotel gönnten. Nach dem ersten Abend im Zimmer sagte Arvid Lunde zu Mona aus Dokka: Ich bin in dich verliebt. Mona sagte: Ich bin nicht einmal hübsch. Er sagte: Doch, das bist du. Sie hatten sich auf dem Bett geliebt, sie hatten sich auf dem Boden geliebt, sie hatten sich im Bad und im Fahrstuhl geliebt. Arvid Lunde sagte, so habe er noch nie empfunden, eine spirituelle Liebe, gepaart mit dem starken Gefühl körperlichen Begehrens. Sobald sein Begehren befriedigt war, meldete es sich erneut, und er suchte wieder ihre Nähe. Sie wisse nicht, sagte sie, ob sie sich für einen Tag bezahlen lassen solle oder für die vielen Male, die sie miteinander geschlafen hatten oder alternativ für die vielen Male, in denen er zum Orgasmus gekommen war. Sie war mit den verschiedenen Bezahlmodalitäten nicht vertraut. Ich bezahle das Doppelte, sagte Arvid Lunde. Mona aus Dokka war davor gewarnt worden, dass Kunden ihr Herz an sie hängen könnten, so etwas müsse sie von Beginn an unterbinden. Wenn ein Kunde sein Herz zu sehr an ein Mädchen hängt, ist es schwierig, sich die nötige Flexibilität zu erhalten, um sich einen größeren Kundenkreis zuzulegen. Das wusste sie, und doch geriet sie schon beim ersten Kunden in Schwierigkeiten.
Meinst du, du empfindest etwas für mich?, fragte Arvid Lunde.
Ich bin nicht uninteressiert, sagte sie.
Wann kann ich dich wiedersehen?, fragte er.
Willst du deine Schulden begleichen?, fragte sie.
Ja, sagte er und zückte seine Brieftasche.
Als er wieder ins Zimmer kam, nachdem er unten am Kiosk eine Schachtel Lucky Strike gekauft hatte, war Mona aus Dokka verschwunden. Er ging nach draußen, um nach ihr zu suchen, streifte am ersten Weihnachtsfeiertag durch die Straßen, fand sie aber nicht. Ein paar Wochen später stieß er zufällig auf sie. Sie saß an der Kasse im Coop an der Sinsenkreuzung, wo er in großen Mengen Reis kaufte. Er fragte, wie es ihr gehe. Gut, sagte sie. Was machen deine Pläne für eine Weltreise?, fragte er. Nächstes Jahr, vielleicht, antwortete sie. Sie hatte etwas, fand er, unbedingt, aber seine Verliebtheit war mit dem Verstand nicht zu fassen.
Eines Samstags im März 1989 lasen wir in der Bergens Tidende folgende Schlagzeile: Der Junge mit den Goldhosen zurück im Elternhaus . Im Interview stand, Arvid Lunde arbeite jetzt als Ausfahrer im
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