Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman
mussten viermal laufen, ehe alle Kartons in Rebus’ Wohnzimmer standen. Um auf dem Fußboden Platz zu schaffen, stopfte Rebus die Müllsäcke hinter das Sofa.
»Hier eine Unterschrift«, sagte der D.S. Er hatte eine getippte Empfangsbestätigung: ALLE ERMITTLUNGSNOTIZEN (8 KARTONS) DERWOOD CHARTERS BETREFFEND RICHTIG ERHALTEN. Rebus unterschrieb.
»Datum und Uhrzeit auch«, sagte der D.S.
»Als Nächstes wollen Sie noch ein Trinkgeld«, murmelte Rebus.
»Wenn Sie schon so fragen...«
»Schön, da haben Sie einen Tipp: Beim Heben die Knie beugen, nicht den Rücken.«
Er rief Siobhan Clarke an.
»Warum gerade ich?«, fragte sie.
»Weil Brian ein Familienleben hat.«
»Das ließe sich als Diskriminierung auslegen. Wann soll ich da sein?«
»Sagen wir in einer Stunde.«
Er räumte im Wohnzimmer ein bisschen auf; verfrachtete die Müllsäcke in den Flur und stellte die Kartons mit den Akten säuberlich nebeneinander. Dann sammelte er
alle schmutzigen Becher, Gläser und Teller ein und trug sie in die Küche. Er leerte das Kaffeeglas und stellte es wieder unter den Radiator. Anschließend öffnete er das Wohnzimmerfenster einen Spalt breit, damit etwas frische Luft hereinkam. Die Sonne schien und zeigte deutlich, dass die Fenster seit dem Herbst nicht mehr geputzt worden waren. Rebus entschied, dass man es nicht übertreiben müsste.
»Sie kommt schließlich zum Arbeiten her«, sagte er sich, »nicht zu einem Candle-Light-Dinner.«
Sie wurden zweimal fündig, beide Male am späten Nachmittag.
Fund Nummer eins war der Name eines Kunden: Quinlon.
»Der Name ist mir schon mal untergekommen«, sagte Rebus. Aber es dauerte eine Weile, bis er wieder wusste, wo. »Dieser Ministerialbeamte, Rory McAllister, der erwähnte einen Quinlon - einen Bauunternehmer. Zwischen ihm und der SDA war irgendwas nicht ganz koscher gelaufen; eins der Dinge, die der Agentur negativ angerechnet wurden, als über deren weiteres Schicksal entschieden werden sollte.« Rebus blätterte in der Akte zurück. »Und Charters’ Kunde war tatsächlich Bauunternehmer.«
»Und?«
»Und die Medien haben irgendwie von SDA und Quinlon Wind bekommen, und diese Story trug dazu bei, die SDA abzuschießen. Wer hätte vom Ableben der SDA profitiert?«
»Charters?«
»Ja, weil alle Buchungsunterlagen vernichtet worden wären und es dann keinerlei Möglichkeit mehr gegeben hätte festzustellen, was aus den SDA-Millionen geworden war.«
»Sie glauben, Charters hat seinen Kunden verpfiffen?«
»Ich würde ihm alles zutrauen.«
Kurze Zeit später wurden sie noch einmal fündig.
Wie aus den Aufzeichnungen einwandfrei hervorging, hatte sich das Betrugsdezernat ausschließlich auf Charters konzentriert.Wenn überhaupt seine »Partner« erwähnt wurden, dann nur als Strohmänner oder bloße Geldgeber. Niemand glaubte, die Geschäftsführer hätten mit den krummen Geschäften Charters’ das Geringste zu tun gehabt.
Was eben der Grund war, weswegen sie eher selten - und im Zusammenhang mit Mensung überhaupt nicht - namentlich genannt wurden. Dann aber stieß Rebus auf die Fotokopie eines Briefes, den Charters an die SDA geschickt hatte. Oben auf dem Blatt waren das Mensung-Logo und die nicht existente Adresse - »Mensung House« am Leith Walk - aufgedruckt. In der Fußzeile des Briefes stand die Handelsregister-Nummer der Firma zu lesen.
»Im Handelsregister haben Sie doch nichts über Mensung gefunden, oder?«
»Gar nichts«, erwiderte Clarke. »Und ich habe die Leute gründlich suchen lassen.«
»Tja, entweder die haben was übersehen, oder diese Nummer ist frei erfunden.«
»Die Unterlagen könnten verlegt worden sein.«
»Na, also das wäre doch ein seltsamer Zufall.« Die unterste Zeile auf dem Blatt war verwischt. Rebus starrte angestrengt auf die Liste von Namen, die Namen der Geschäftsführer von Mensung.
Da er wusste, wonach er suchte, hatte er keine Probleme damit, den Namen Charters zu identifizieren; die anderen waren schon schwieriger. Er musste sich wirklich anstrengen, um J. Joseph Simpsons Namen zu entziffern.
»Passt«, sagte Rebus. Er hatte mit Simpson ohnehin noch ein Wörtchen zu reden, aber das hier erklärte, warum er wegen der Mensung-Adresse gelogen hatte: Die Firma war
heiß gewesen, es wurde gegen sie ermittelt, und Simpson war einer der Geschäftsführer. So etwas hängte man nicht gern an die große Glocke, wenn man noch immer im Geschäft war.
Und was den dritten und letzten Namen anbelangte …
»Können
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