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Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman

Titel: Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin Giovanni Bandini Ditte Bandini
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sich gestreckt, vor dem Lehrertisch. Dr. Curt untersuchte sie gerade.
    »Das scheint Ihre Woche der schlecht Erhaltenen zu sein«, sagte er zu Rebus.
    Der Tote war in der Tat schlecht erhalten. Vom Kopf war außer Unterkiefer und Kinn nicht mehr viel übrig. Wenn man sich eine Schrotflinte in den Hals steckte und beide Abzüge betätigte, konnte man nicht erwarten, zum ästhetischsten Selbstmörder des Jahres gekürt zu werden. Dann schaffte man es nicht mal unter die letzten sechzehn.
    Rebus blieb neben dem Lehrertisch stehen. Darauf lag ein Block liniertes Papier. Auf dem obersten Blatt stand, flüchtig hingekritzelt: »Mr. Hamilton - Zuteilung von Parzelle«, und daneben eine Adresse und eine Telefonnummer. Das Papier war blutdurchtränkt. Rebus pellte das erste Blatt ab. Das Blatt darunter hätte offensichtlich ein Brief werden sollen. Gillespie war allerdings nur bis zum Wort »Lieber« gekommen.
    »Nun«, sagte Curt und stand wieder auf, »er ist tot, und wenn Sie mich nach meiner wohl überlegten Meinung fragen sollten, würde ich sagen, er hat’s damit getan.« Er deutete auf die Schrotflinte, die nicht weit von der Leiche entfernt auf dem Boden lag. »Und jetzt ist er im Jenseits.«
    » It’s just a shot away «, sagte Rebus.
    Curt sah ihn an. »Ist der Fotograf bald da?«
    »Sein Auto wollte nicht anspringen.«
    »Jedenfalls sagen Sie ihm, ich brauch jede Menge Schüsse vom Kopf - Kalauer unvermeidlich.Wie ich höre, haben wir einen Zeugen?«
    »Councillor Gillespie.«
    »Sagt mir nichts.«
    »Er ist Stadtverordneter für meinen Wahlbezirk.«
    Dr. Curt streifte sich dünne Latexhandschuhe über. Jetzt musste die Leiche nach Hinweisen auf deren Identität
durchsucht werden. »So gemütlich dieses Zimmer auch ist«, meinte Dr. Curt, »würde ich meinen heimischen Herd doch vorziehen.«
    In der Gesäßtasche des Toten fand Rebus einen zusammengefalteten amtlich aussehenden Brief.
    »Mr. H. McAnally«, las er. »Eine Adresse in Tollcross.«
    »Keine fünf Minuten von hier entfernt.«
    Rebus zog den Brief aus dem Kuvert und überflog ihn. »Ist von der Gefangenenfürsorge«, sagte er zu Dr. Curt. »Hilfsmaßnahmen, die Mr. McAnally nach seiner Entlassung aus der Vollzugsanstalt Saughton in Anspruch nehmen kann.«
     
    Tom Gillespie hatte sich auf der Schultoilette ein bisschen frisch gemacht. Seine Haare waren feucht und klebten ihm in Strähnen am Kopf. Er rieb sich immer wieder über das Gesicht und suchte anschließend den Handteller nach Blutspuren ab. Seine Augen waren rot vom Weinen.
    Rebus saß ihm im Büro des Direktors gegenüber. Das Zimmer war abgeschlossen gewesen, aber sobald der Direktor eingetroffen war, hatte Rebus es requiriert. Die Raumpflegerinnen wurden im Lehrerzimmer mit Tee bewirtet. Siobhan Clarke leistete ihnen Gesellschaft und gab sich alle Mühe, Miss Profitt zu beruhigen.
    »Kannten Sie den Mann, Mr. Gillespie?«
    »Nie im Leben gesehen.«
    »Sind Sie sich da sicher?«
    »Hundertprozentig.«
    Rebus griff in die Tasche und hielt dann inne. »Stört es Sie, wenn ich rauche?« Dass der Direx nichts dagegen haben würde, verriet ihm der Geruch nach abgestandenem Rauch, der den Raum erfüllte.
    Gillespie schüttelte den Kopf. »Im Gegenteil«, sagte er, »mir können Sie bei der Gelegenheit auch eine geben.«
Gillespie zündete sich die Zigarette an und tat einen tiefen Zug. »Hab vor drei Jahren damit aufgehört.«
    Rebus schwieg. Er musterte den Mann. Sein Foto hatte er schon gesehen, auf den Wischen, die vor den Stadtratswahlen durch den Briefschlitz geworfen wurden. Gillespie war Mitte vierzig. Normalerweise trug er eine rot gerahmte Brille, aber die hatte er auf dem Lehrertisch liegen lassen. Sein Haar sah oben sehr dünn und schütter aus, lockte sich aber an den Schläfen üppig. Seine Wimpern waren dicht und dunkel - nicht nur vom Weinen -, und er hatte ein schwach ausgeprägtes Kinn. Rebus hätte ihn nicht als gut aussehend bezeichnen können. Am Ringfinger trug er einen schlichten Goldreif.
    »Wie lange sind Sie schon Stadtverordneter, Mr. Gillespie?«
    »Seit sechs Jahren, dieses Jahr werden’s sieben sein.«
    »Ich wohne in Ihrem Wahlbezirk.«
    Gillespie sah ihn aufmerksam an. »Haben wir uns schon mal getroffen?«
    Rebus schüttelte den Kopf. »Dieser Mann kommt also ins Klassenzimmer...?«
    »Ja.«
    »Und will speziell zu Ihnen?«
    »Er fragte, ob ich der Councillor sei. Dann fragte er, wer Helena sei.«
    »Sie meinen Miss Profitt?«
    Gillespie nickte. »Er befahl ihr

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