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Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman

Titel: Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin Giovanni Bandini Ditte Bandini
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die Kleine, Sie sollten mal das Protokoll ihrer Aussage lesen. Aber sie blieb eisern dabei, er habe sie vergewaltigt. Sie war minderjährig, und der Staatsanwalt hat Anklage erhoben. Ich hab mir keine allzu großen Gedanken gemacht; solange Wee Shug aus dem Verkehr gezogen wurde, war mir alles recht.«
    »Wohnte er zu der Zeit auch in Tollcross?«
    »Das ist schon immer sein Revier gewesen.«
    Rebus bezahlte die zweite Runde. »Neigte er zur Gewalt?«
    »Nicht dass ich wüsste. Ich meine, er konnte durchaus explodieren, wenn man ihn reizte, aber wer tut das nicht? Das war ja auch das Problem bei der Vergewaltigung, es waren keinerlei Verletzungen festzustellen.«
    »Gab’s sonst noch was außer der Aussage des Mädchens?«
    »Wir hatten einen ganzen Sack Indizien. Nachbarn hörten einen lauten Wortwechsel, einen Schrei, das Mädchen selbst war in einem schrecklichen Zustand, heulte und was weiß ich nicht alles. Und Wee Shug gab zu, mit ihr Sex gehabt zu haben, meinte, er wisse, dass es strafbar und so weiter sei, aber, wie er es formulierte, ›nur wegen ein paar Monaten‹. Das Mädchen erklärte, es sei ohne ihre Einwilligung geschehen, also haben wir einen Fall zusammengebastelt - mehr oder weniger.«
    »Nehmen wir mal rein theoretisch an, dass sie doch eingewilligt hatte.«
    »Ja?«

    »Dann hatte er gerade eine vierjährige Haftstrafe für etwas abgesessen, das er nicht getan hatte.«
    Davidson zuckte die Schultern. »Sie suchen nach einem Motiv für den Selbstmord?«
    Rebus dachte kurz nach. »Momentan interessieren mich Selbstmorde.«
    »Und wir sind immer auf der Suche nach Motiven, was, John?«
    Rebus nahm einen Schluck von seinem Drink. »Was ist mit Kanonen? Hatte er jemals was mit Schusswaffen zu tun?«
    »Nichts. Aber er kannte wahrscheinlich immer noch genügend Kumpels, die wussten, wie man welche organisiert.«
    »Es war eine Abgesägte.«
    »Kann ich mir vorstellen. Wär schlecht möglich, sich eine ausgewachsene Schrotflinte in den Hals zu stecken und dann noch abzudrücken. Da ist es mit was Kürzerem schon erheblich einfacher.«
    »Gibt aber’ne ziemliche Sauerei.«
    »Das mit Sicherheit, aber es erfüllt seinen Zweck. Ist ja schließlich peinlich, wenn’s in die Hose geht, nicht? Bei einer Abgesägten ist die Fehlermarge geringer.«
    »Sagen Sie ruhig gleich null«, fügte Rebus hinzu.
    Erst als sie das Lokal verließen, fiel ihm noch eine Frage ein.
    »McAnallys Opfer, wie hieß das noch mal?«
    Davidson musste kurz nachdenken. »Mary irgendwas. Mary Finlay. Nein...« Er kniff die Augen zu. »Mary Finch.«
    Rebus starrte ihn an. »Maisie Finch?«
    Davidson überlegte wieder. »Genau, Maisie.«
    »Sie wohnt direkt neben den McAnallys.«
    »Damals auch schon. Kannte die beiden schon seit Jahren.«
    »Herrgott«, sagte Rebus leise. »Ich hab sie grad ins Leichenschauhaus
geschickt, damit sie Tresa McAnally bei der Identifizierung beisteht.«
    »Was?«
    »Tun Sie mir einen Gefallen, ja? Leihen Sie mir einen Wagen samt Fahrer.«
    »Ich weiß was Besseres, ich bring Sie selbst hin.«
    Aber als sie am Leichenschauhaus eintrafen, war es bereits zu spät. Die Identifizierung hatte schon stattgefunden, und alle waren nach Hause gegangen. Rebus stand auf dem Cowgate und sah sehnsüchtig in Richtung Grassmarket. Ein paar Pubs würden dort noch aufhaben, auf jeden Fall die Merchant’s Bar. Aber dann stieg er wieder ins Auto und bat Davidson, ihn heimzufahren. Er war mit einem Mal müde. Gott, war er müde.

10
    »Er war was? «, fragte Rebus.
    Er telefonierte von St. Leonard’s aus mit Dr. Curt im Pathologischen Institut der Universität. Sie sorgten schon dafür, dass Curt und Kollegen sich nicht langweilten, keine Frage. Zusätzlich zu der Polizeiarbeit hatte Curt ein volles Lehrpensum an der Medizinischen Fakultät zu bewältigen und bot außerdem interdisziplinäre Vorlesungen für Jurastudenten an.
    Aber andererseits hatte Curt gegenüber gewöhnlichen Sterblichen einen entscheidenden Vorteil: Er schlief nie. Man konnte ihn zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen, und er war immer hellwach. Um acht Uhr früh saß er bereits in seinem Büro.
    Jetzt war es allerdings schon Viertel nach acht, und Rebus hatte einen großen schwarzen Koffeinfreien aus dem Deli für Frühaufsteher auf der Pleasance vor sich stehen.

    »Morgentaubheit, John?«, erkundigte sich Dr. Curt. »Ich wiederhole, er war ohnehin schon so gut wie tot.«
    »Woran tot?«
    »An großen, dicken, gottverdammten Scheißtumoren.

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