Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman
verheimlichen, indem man in aller Ausführlichkeit darüber redete. Ein Geständnis konnte von einem anderen ablenken. Er hatte schon cleverere Männer als McAllister im Verhörraum gehabt, aber nicht allzu viele …
Die zwei Männer gaben sich die Hand.
»Ich danke Ihnen, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Sir«, sagte Rebus.
»Nicht der Rede wert, Inspector. Ich danke Ihnen, dass Sie die Rechnung bezahlt haben. Außerdem, wer weiß? Vielleicht kommt einmal der Tag, an dem ich Sie um einen Gefallen bitten muss.« McAllister zwinkerte.
»Wär durchaus möglich«, meinte Rebus.
Schließlich war das nun einmal der Lauf der Welt, da hatte der Beamte schon Recht. Rebus wandte sich ab und schlug die nächstbeste Richtung ein, die ihn von McAllister entfernte.
22
»Alles, was ich habe«, gab Rebus zu, »sind Fragen und lose Enden, und nichts davon bringt mich näher zur Antwort auf die Frage, warum McAnally sich umgebracht oder warum der Councillor eine solche Angst hat. Hinzu kommt noch, dass der Lord Provost das Wort ›Dalgety‹ auf einem Blatt Papier gekritzelt sieht und plötzlich nicht mehr möchte, dass wir weiter nach seiner Tochter suchen.«
Er hatte das Revier St. Leonard’s in der Leitung und sprach mit Brian Holmes. Das Getröpfel aus dem Radiator wurde immer schlimmer. Der Schmerz in seinem Mund wurde immer schlimmer. Hinter ihm, im Wohnzimmer, standen die Müllsäcke voll Papier. Er ahnte, dass alle Antworten da drinnen steckten, nur für ihn unerreichbar.
»Also?«, sagte Holmes.
»Danke für das Vertrauensvotum.«
»Was wollen Sie wissen?«
Rebus berührte die Haut um seine Nase und spürte, wie der Druck auf seinen armen Zahn noch zunahm. »Der
Grund, warum ich anrufe«, erklärte er, »ist, dass ich fragen wollte, wie es mit Freund Duggan steht.«
Holmes raschelte mit irgendwelchen Papieren. »Also, da kann ich Ihnen helfen. Paul Duggan ist Edinburghs Antwort auf Rachman. Er betrügt die Stadt seit Jahren.Wohnt bei seinen Eltern, zahlt ihnen keinen Penny Miete, hat aber vier Sozialwohnungen beantragt und bekommen... das heißt, so viele haben wir bislang gefunden, es könnte noch weitere geben. Es stört ihn nicht, wenn es sich dabei um schwer vermietbare Objekte handelt, das ist sein Geschäftsgeheimnis.«
»Wie macht er das?«
»Mit einer Reihe von falschen Namen, dazu irgendwelche Mädchen, die er nebst passenden Bambinos zu den Vorstellungsgesprächen mit aufs Wohnungsamt schleppt. Die Mädchen sind Freundinnen von ihm, die Kleinen sind nur ausgeliehen.«
»Aber für die Dauer des Behördengesprächs wird er zu deren Vater?«
»Und kommt dadurch ganz nach vorn auf die Warteliste. Sobald er eine Wohnung bewilligt bekommt, vermietet er sie einfach weiter. Bei manchen ist es schier unglaublich, dass er überhaupt Interessenten findet. Diese Wohnung in Saughton war im Vergleich zu seinen übrigen Objekten geradezu ein Palast.«
Rebus kramte in seiner Gesäßtasche und zog die Anzeige heraus, die er im Drop-in-Center Waverley hatte mitgehen lassen. Paul. Billige Zimmer zu vermieten.
»Was glauben Sie«, fragte Rebus, »hatten Willie und Dixie bei Duggan einmal die freie Auswahl gehabt? In ein Haus von der Größe hätte er durchaus ein paar Leute mehr reinquetschen können.«
»Das können Sie laut sagen; in der Wohnung, die ich in Grafton überprüft habe, lagen Schlafsäcke in Wohnzimmer, Küche und Bad.«
Rebus betrachtete die Telefonnummer auf der Anzeigenkarte. »Vielleicht sollte ich mit unserem freundlichen Miethai ein Wörtchen reden. Sorgt der Farmer weiterhin dafür, dass Sie sich nicht langweilen?«
»Hauptsächlich dadurch, dass er mich dauernd fragt, ob ich weiß, was Sie so treiben.«
»Und, was sagen Sie ihm?«
»Ich kann den Mund halten. Ich hoffe nur, Sie wissen, was Sie tun, Sir.«
»Tja, Brian, für alles gibt es ein erstes Mal.«
Rebus beendete das Gespräch und wählte die Nummer auf der Karte.
»Hallo?« Es war eine Frauenstimme, höflich, nicht mehr jung.
»Äh, ist Paul da?«
»Ich hole ihn.«
»Danke.«
Sie legte den Hörer neben das Telefon, und Rebus hörte sie ihren Sohn rufen, der wahrscheinlich in seinem Zimmer war und Penunzen in einen Strumpf zählte. Endlich wurde der Hörer aufgehoben.
»Ja?«
»Paul?«
»Wer spricht da?«
»Ich heiße John, ich hab deine Anzeige im Drop-in-Center gesehen.«
»Welches? Ich hab ein halbes Dutzend Anzeigen aufgehängt.«
»Das hinterm Waverley.«
»Ach so, okay.«
»Ich bräuchte ein
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