Ein eisiger Tod - Ein Inspector-Rebus-Roman
Ahnung. Ich hab sie überhaupt nur ein paarmal gesehen.«
»In der Wohnung in Saughton?«
»Nein, nein, in verschiedenen Drop-in-Centern.«
»Aber du weißt nicht, wo sie ist oder was sie so treibt?« Duggan schüttelte den Kopf. »Schön, wir werden’s folgendermaßen machen: Du findest sie für mich.«
»Was?«
»Für jemand wie dich, mit jeder Menge Connections, dürfte das ein Kinderspiel sein.«
»Sie wissen nicht, was Sie da verlangen.«
Rebus deutete aufs Wasser. »Da ist die Alternative.« Er hielt ihm das Foto hin. »Nimm’s, das könnte dir nützlich sein.«
»Bestimmt nicht.«
»Warum nicht?«
»So schaut sie nicht aus.Wir haben uns totgelacht, als wir das Bild in den Zeitungen gesehen haben. Ich meine, ich könnt mir vorstellen, dass sie vielleicht irgendwann mal so ausgesehen hat, bevor sie mit der Scheiße angefangen hat.«
»Mit den Drogen?«
»Und nicht zu knapp, so wie die aussieht.«
Rebus runzelte die Stirn. »Du glaubst also, sie ist schon lang drauf?«
»Lang genug. Vielleicht’n Jahr oder so.«
»Ein Jahr? «
Duggan zuckte die Achseln. »Nur so geschätzt; mit der Szene hab ich nichts zu schaffen.«
»Aber wenn einer von der Szene’ne Bleibe sucht, hältst du doch bestimmt gern die Hand auf, hab ich Recht?«
Duggan straffte die Schultern. »Vielleicht könnte man es ja auch so betrachten: Ich nehm der Stadtverwaltung die Arbeit ab, ich verschaff Leuten ein Dach über dem Kopf, die ansonsten auf der Straße säßen.«
»Mr. soziales Gewissen. Demnächst machen sie dich noch zum Ehrenbürger. Geh mir aus den Augen und nimm das Foto mit, auf der Rückseite steht meine Telefonnummer drauf. Wenn ich in ein, zwei Tagen nichts von dir gehört habe, ist ein zweiter Plausch fällig.Vielleicht diesmal bei dir zu Haus, vor Mama und Papa. Wie würde dir das schmecken?«
Duggan gab keine Antwort. Er brachte seinen Mantel in Ordnung, der von einer Schulter herabgerutscht war, und steckte dann das Foto ein. Rebus sah ihm nach, wie er in Richtung Hauptverkehrsstraße davonschlurfte.
Jetzt wusste er also mit Gewissheit, warum der Lord Provost über kein aktuelleres Foto seiner Tochter verfügte. Er fragte sich, warum Duggan so neugierig gewesen war,
was Kirstie in Willie Coyles Schlafzimmer zurückgelassen haben mochte. Aber Rebus konnte sich allmählich auch dazu sein Teil denken.
23
Er fuhr zum Ox, wo Doc und Salty bereits an ihren angestammten Plätzen standen. Man rückte für Rebus ein Stück beiseite, und Doc bestellte ihm ein Pint.
»O welch angenehme Gesellschaft«, sagte Rebus, indem er sein Glas hob. Er wandte sich zu Salty Dougary. »Ich war neulich draußen in Gyle Park West.«
»Beruflich?«
»So halb. Was können Sie mir darüber erzählen?«
»Es ist ein Gewerbegebiet. Ich arbeite dort. Was braucht man mehr darüber zu wissen?«
»Haben die Firmen dort normalerweise was mit Scottish Enterprise zu tun?«
Salty nickte. »Mit der LEEL«, antwortete er. »Unser Chef bei Deltona steht total auf ›betriebliche Mitbestimmung‹, was bedeutet, dass wir uns einmal die Woche für zwanzig Minuten in die Kantine setzen und uns anhören müssen, wie er von Zufriedenheit der Kunden, Inlandsinvestitionen, Produktivität und so weiter faselt. Da reitet er auch ständig auf der LEEL herum.«
»Deltona hat also Geld von der LEEL bekommen?«
»John, jeder in Gyle Park West hat die eine oder andere finanzielle Unterstützung bekommen: Ansiedlungsanreize, Geschäftsgründungsanreize, Umschulungsanreize und, und, und.« Er hob sein Glas. »Gott segne Scottish Enterprise.«
»Warum das plötzliche Interesse?«, fragte Dr. Klasser. Gewöhnlich bewegten sich ihre Gespräche auf einem anderen Niveau.
»Könnte Berührungspunkte mit einem Fall haben, an dem ich gerade arbeite.« Nur dass es keinen Fall gab und er offiziell beurlaubt war.
»Na, wie auch immer, Finger weg von Deltona«, warnte Salty Dougary.
Rebus lächelte. »Schon mal was von Mensung gehört?«, fragte er.
»Messen die nicht die Intelligenz?«
Ein Stück weiter den Tresen entlang hörte man ein verächtliches Schnauben. »Um Ihre zu messen, Salty, würde ein Taschenlineal genügen.«
Salty gab durch sein Lachen zu verstehen, dass er das nicht witzig fand. »Um ehrlich zu sein«, sagte Salty zu Rebus, »klingelt’s da schon irgendwie, ganz weit hinten. Ich glaub, das war eine Firma.«
»In Gyle Park?«
Dougary zuckte die Schultern. Hinter dem Tresen klingelte das Telefon. Der Barkeeper nahm ab und sah Rebus
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