Ein Elefant im Mückenland
Einsamkeit fristen mussten. Da kann ein Elefanten-bulle schon seine Nerven verlieren. Der einst größte Bulle in Addo wurde so bärbeißig, dass er gegen die Zäune anrannte und auch die Menschen bedrohte, sodass man ihn erschoss. Jetzt hängt sein ausgestopfter riesiger Schädel im Touristenzentrum des Naturparks an der Wand.
Ich sah muntere Höckerschweine, die sich ihre Höh-len gruben und genießerisch aus kleinen Pfützen tran-ken. Auch die Nashörner und Elefanten mögen Schlammbäder. Der trockene Schmutz bleibt an ihrer Haut kleben und bildet so eine gute Schutzschicht gegen Parasiten.
Auch die herrlichen Kudu-Antilopen, deren große Oh-ren wie empfindliche Antennen die Stimmen der Natur aufnehmen, konnte man im Park bewundern. Sie hatten keine Angst vor Bussen, aber sobald sie sahen, dass Menschen ausstiegen, verschwanden sie im Gesträuch, schnell und lautlos wie Steppenwind.
An einem klaren und heißen Abend versammelte sich in der Nähe des Stützpunktes an einem Teich namens Nyati eine Herde von acht Elefanten, wie um sich zur Schau zu stellen, angeführt wurde sie von einer großen
Elefantenkuh, nämlich der leibhaftigen Emilia. Sie hatte ein ganz kleines und ein etwas größeres Junges bei sich. Sie war die alleinige Anführerin der Herde, der alle erwachsenen Tiere, weibliche und männliche, folgten und gehorchten. Sie watete in den Teich, labte sich am kühlen Wasser und lehrte ihre Jungen zu trinken. Ru-hig, fast majestätisch saugte sie ihren Rüssel voll Was-ser und spritzte es sich auf den Rücken. Abendtrunk und Bad dauerten fast eine Stunde, und als alle genug getrunken hatten und sauber waren, erhob sich die riesige Matriarchin aus dem Teich und führte die Herde in die Savanne zurück.
Ich rief Emilia beim Namen. Sie drehte sich um, blick-te in die Richtung, aus der der Ruf gekommen war, musterte die Touristen, die hinter dem Zaun auf einem Hügel standen. Ich rief ein zweites Mal. Emilia hob den Rüssel, breitete die riesigen Ohren aus, die ganze Herde verharrte still.
Das Zirkustier stellte sich auf die Hinterbeine und schmetterte durch den Rüssel eine dreistimmige Fanfa-re, das Zeichen für den Beginn der Vorstellung. Sie machte ein paar Schritte auf zwei Beinen und hob bald noch ein drittes, stand eine Weile auf einem Bein. Da-nach stellte sie sich auf die Vorderbeine und ging im Kreis. Wieder auf alle viere nieder und flotte Tre-pakschritte, sodass die Herde ehrfurchtsvoll zurück-wich. Emilia machte eine ganze Serie der Kunststücke, die sie im Laufe der Jahre in Finnland, im Großen Mos-kauer Zirkus im Kaukasus und in Sibirien gelernt hatte.
Zwischendurch ein flotter Trab und dann langsames Drehen im Kreis, so als befände sie sich in der Manege. Richtungswechsel und wieder schneller Trab, dass der Sand nur so stob. Gewaltige Trompetenstöße hallten in den afrikanischen Abend. Die Sonne ging unter, am Himmel blinkten Sterne, die Mondsichel zeigte sich.
Die Vorstellung ging weiter. Emilia tanzte Trepak, ihr mächtiger Körper schaukelte anmutig wie der einer Königin im Salon des Palastes. Ihre Ohren wehten im Takt des Tanzes, es fehlte nur noch der Kavalier, aber auch ohne ihn brachte Emilia ihre Schlussnummer elegant und feierlich zu Ende. Dämmerung senkte sich über den Teich, dann wurde es dunkler, und bald kam die Nacht. Es war wie ein Vorhang, die Vorstellung war zu Ende. Emilia blickte noch einmal zum Hügel herüber, verbeugte sich majestätisch und führte dann ihre Herde in die Savanne.
Emilia hatte eine Vorstellung gegeben, deren matriar-chalische Stimmung ich wohl kaum je vergessen kann.
Kuusilaakso, Pfingsten 2005
Arto Paasilinna
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