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Ein Ende des Wartens

Ein Ende des Wartens

Titel: Ein Ende des Wartens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Knieps
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leichte Biegung zu machen, sodass das Ganze etwas Buchtartiges bekam. Sie versuchte sich an die Karte zu erinnern, auf der sie diesen Strand willkürlich ausgesucht hatten, doch ihr wollte keine Bucht oder Biegung des Strandes einfallen. Mit großer Wahrscheinlichkeit war die Karte soweit verkleinert, dass die Biegung darauf nicht zu sehen gewesen war. Doch darüber wollte sie sich jetzt keine Gedanken machen, sondern versuchte ab und an über ihre Schulter Tammys Position einigermaßen zu behalten, denn schon bald war ihr klar, dass sie nicht mehr genau wusste, wo ihre Freundin lag – und bis zur Dämmerung konnten noch gut und gerne ein oder zwei Stunden vergehen.
Jetzt, wo Annika das Gefühl in sich trug, dass sie die Belastung losgeworden war, die die letzten Wochen auf ihr gelegen hatte, zogen ganz neue Gedanken durch ihren Kopf. Gedanken, die sie bisher in dieser Form nicht gehabt hatte und die sie erschreckten. Deswegen erschreckten, weil sie selbst gute Gründe dafür fand, fast mehr als dagegen.
Annika blieb stehen und schaute auf das Meer hinaus. Der Mond stand inzwischen weiter rechts von der bisherigen Position und wenn sie ihren Körper in seine Richtung drehte, konnte man meinen, dass sich ein silberner Leuchtpfad ausrollte – direkt vom Horizont in ihre Richtung, direkt zu ihren Füßen. Wären die anbrandenden Wellen nicht gewesen, hätte es Annika vielleicht ins Meer gezogen, doch so blieb sie bei ihren aufwühlenden Gedanken hängen.
Sie stellte sich die Frage, ob sie nicht die Schuld an dem ganzen Beziehungsdrama trug. Nicht nur eine kleine Teilschuld, sondern die gesamte. Oder zumindest den Großteil. Eine Schuld, die sie nur deswegen nicht sehen konnte, weil sie sich während Marcos Vorbereitungen selbst schützen musste, einer Zeit, in der sie funktionieren musste, ohne großartig zu verstehen. Jetzt aber schien sie zu verstehen, und die Tatsache, dass sie sich selbst kein klares Nein auf diese Frage geben konnte, ließ in ihr die Befürchtung aufkommen, dass es der Wahrheit entsprechen konnte.
Aber was, wenn es die Wahrheit war? Was, wenn sie die letzten Tage nur darüber nachgedacht hatte, warum Marco sie verlassen hatte, wo doch alles in bester Ordnung schien? Was aber würde sie von sich selbst denken, wenn sie herausfände, dass sie die Hauptschuld an dem Beziehungsdesaster trug?
Auch wenn Annika wusste, dass sie gerade in die völlig falsche Richtung blickte, so stand dieses Meer vor ihr sinnbildlich für die Trennung von Europa und Afrika, dem Kontinent, auf dem ihr Freund sich momentan und das gesamte nächste Jahr aufhielt. Wie gerne hätte sie ihm diese eine Frage jetzt gestellt, diese einzige Klärung, ob er nach Afrika gegangen war, weil er nicht wusste, wie er dieses Chaos in ihrer Beziehung beenden konnte.
Wieso nur hatte sie diesen bescheuerten Brief an Marco losgeschickt? Warum hatte sie sich nicht erst einmal ein differenziertes Bild von der Wirklichkeit ihrer Beziehung gemacht, ehe sie Marco die Pistole auf die Brust setzte? Wie musste sie in diesem Brief klingen? Insbesondere mit den vorherigen Gedanken – dann würde sie wie eine Hysterikerin wirken, die nicht nur den Bezug zur Realität verloren hat, sondern auch noch der Meinung war, dass der Verlust der Beziehung alleine auf seine Kappe ging. Die Antwort wäre in diesem Fall vorprogrammiert und eindeutig.
Auf der anderen Seite: konnte sich Annika überhaupt eine Fortführung der Beziehung mit Marco vorstellen? Wenn sie jetzt einmal den Brief und ihre bisherigen Gefühle und Gedanken wegließ und sich nur darauf konzentrierte, wie es wäre, wenn er nach einem Jahr aus Afrika wiederkam, sie in seine Arme schloss und schwören würde, dass er sie liebe, dass es nichts mit ihr zu tun gehabt habe und es ihm unendlich leid täte, wenn er sie mit seiner schroffen und verschlossenen Art verletzt habe. Und wenn sie dann zugeben müsste, dass sie im Grunde die Schuld an ihrem Realitätsverlust zu tragen habe, dessen einziges wirkliches Ergebnis dieser Brief war, der jetzt auf seinem langen Weg nach Afrika unterwegs war?
War es eine stille Hoffnung, dass der Brief aufgrund der schlechten örtlichen Infrastruktur nicht ankam? Nein, solche Briefe, die einen explosiven Inhalt besaßen, kamen immer an – und wenn sie die einzigen Briefe waren, die ankamen.
Was aber sprach tatsächlich dagegen, dass er sie nur deswegen nach Afrika verlassen hatte, weil er nicht wusste, wie er sie loswerden konnte? Weil er befürchtete, dass

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