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Ein endloser Albtraum (German Edition)

Ein endloser Albtraum (German Edition)

Titel: Ein endloser Albtraum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Marsden
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Äste des Gestrüpps auseinander und leuchtete mit der Taschenlampe auf den Mann. Es grenzte an ein Wunder, dass er noch so weit gekrochen war. Er lag zusammengekrümmt auf einer Seite, die rechte Hand umklammerte den Stamm der Akazie, die andere Hand lag auf seinem Bauch. Ab und zu stieß er ein Wimmern aus, aber ich glaube nicht, dass er bei Bewusstsein war. Alles war voller Blut, sogar die Erde, auf der er lag, während ständig frisches rotes Blut unter seinem Bauch hervorkam, als würde es herausgepumpt. Es sah aus wie dicker Sirup. Seine Hand versuchte Teile seines Bauches an Ort und Stelle zu halten, aber ich konnte alles Mögliche sehen, lauter grausige, schreckliche Dinge, Gedärme und Eingeweide. Ich kehrte zu Chris zurück. Ich wusste, wie mein Gesicht ausgesehen haben muss: kalt und hart, ohne jeden Ausdruck. »Welcher Rucksack gehört Homer?«, fragte ich. Er reichte ihn mir und ich kramte darin herum. In der Tiefe des Rucksacks befanden sich mindestens ein Dutzend Patronen. Ich nahm nur eine, lud die Schrotflinte, ging sofort wieder zu dem Soldaten zurück und hielt ihm den Gewehrlauf an die Schläfe; dann, Gott möge mir beistehen, ohne darüber nachzudenken, weil ich mir bewusst jedes Denken versagte, drückte ich ab.
    Danach ging alles rasend schnell. Ich rechnete mir aus, dass wir noch zwei Minuten Zeit hatten. In meinen Ohren dröhnte das Krachen des Schusses. Ich achtete nicht darauf und ignorierte, was ich gerade getan hatte. Wir rannten, so schnell wir konnten, zur Straße zurück und die Böschung hinauf. Die anderen hatten inzwischen die Nägel ausgelegt. Ich wäre beinahe auf einen draufgestiegen. Sie waren fünfzehn Zentimeter lang, jeder einzelne in ein Stück Holz geschlagen, das als Sockel diente und dafür sorgte, dass sie aufrecht standen. Fi erwartete uns. Sie war so weiß im Gesicht, dass sie wie ein Albino aussah.
    »Was war das für ein Schuss?«, fragte sie am ganzen Körper zitternd.
    »Nichts, Fi. Sei jetzt mutig.« Ich berührte sie am Arm und rannte zu den anderen drei. »Sind wir so weit?«
    »Ja, aber ... was ist mit der, die geflohen ist? Wird sie nicht ...«
    »Ich glaube nicht. Ich habe ein Funkgerät gefunden. Ich glaube nicht, dass sie mehr als ein Funkgerät haben.«
    »Hoffentlich hast du Recht«, meinte Robyn.
    »Sie hat Recht«, sagte Lee hart.
    In einem dieser unerklärlichen und verrückten Anfälle von Intuition begriff ich, wie sehr Lee daran gelegen war, dass wir diesen Angriff durchführten; wenn die Panzerwagen geradewegs auf uns zugerollt wären, hätte er sich, glaube ich, nicht von der Stelle gerührt. Ehre war ihm sehr wichtig, und Rache.
    Homer wirkte ruhiger, aber er hatte kein Wort gesprochen. Er hielt in jeder Hand eine Flasche.
    Jetzt hörte ich die Lastwagen; die an der Spitze fuhren, legten gerade einen niedrigeren Gang ein, sie konnten also nicht mehr weit von der Schneise entfernt sein. Ich schnappte meine Flaschen und kramte mein Feuerzeug hervor. Durch die Bäume wurden die abgeblendeten Scheinwerfer des ersten Lastwagens sichtbar. Die Scheinwerfer der Konvois waren immer abgedeckt und zu einem sanften Schimmer gedämpft. Wahrscheinlich befürchteten sie Luftangriffe, obwohl wir in letzter Zeit von unseren Flugzeugen kaum noch welche gesehen hatten. Ich würde sagen, diese Fahrer fühlten sich ziemlich sicher.
    Das hofften wir zu ändern.
    Jetzt fing der Lärm der angestrengten Motoren an nachzulassen; es folgten noch mehrere rasche Gangschaltungen und dann begannen die Lastwagen zu rollen und in Richtung der Schneise an Geschwindigkeit zu gewinnen. Wir hatten uns auf einer Böschung in einer Kurve verteilt und würden direkt über ihnen sein, sobald sie aus der Schneise kamen. Wir rechneten damit, dass sie schnell unterwegs sein und mitten auf der Straße fahren würden, um die Kurve leichter zu nehmen. Und wir behielten Recht. Sie beschleunigten und auf einmal waren sie da. Das Brüllen der Motoren erreichte uns ganz plötzlich und mit voller Wucht, weil es von keinen Bäumen oder Böschungen mehr gedämpft wurde. Die ersten drei Fahrzeuge, allesamt schwere Lastwagen, dunkelgrün, mit Ladeflächen, Klappen und Verdeck, konnte ich noch gut sehen. Dann ging alles Schlag auf Schlag. Die beiden Vorderreifen des ersten Lastwagens schienen gleichzeitig zu platzen. Es hörte sich an, als hätte jemand eine Bombe gezündet. Die Explosion war überwältigend. Der Lärm war unglaublich und plötzlich war alles voller Rauch. Gummistückchen und

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