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Ein endloser Albtraum (German Edition)

Ein endloser Albtraum (German Edition)

Titel: Ein endloser Albtraum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Marsden
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Katastrophen auszumalen, und bevor man weiß, wie einem geschieht, ist man überzeugt, dass jede davon absolut unvermeidlich ist. Das geht so weit, dass man glaubt, sie sind bereits passiert.«
    Sie setzte sich auf den Rand der Badewanne. Ich wollte ihr von Chris erzählen, wusste aber nicht, wie. Stattdessen fragte ich sie: »Robyn, meinst du, dass wir uns langsam in unsere Bestandteile auflösen?«
    Sie antwortete nicht sofort, wie das die meisten täten. Das wäre nicht ihr Stil gewesen. Sie dachte eine Weile nach und sagte dann: »Nein, das glaube ich nicht. Wir halten uns ganz gut. Die Situation ist ja auch nicht gerade normal, nicht wahr? Es gibt nichts, womit wir sie vergleichen könnten. Nein, ich finde, wir sind schon in Ordnung.«
    »Es ist alles so schwer. Ich frage mich, wie wir das überleben sollen. Vielleicht werden wir noch alle verrückt. Vielleicht sind wir längst verrückt geworden und wissen es nur nicht.«
    »Weißt du, woran es mich erinnert?«
    »Woran?«
    »An Schadrach, Meschach und Abed-Nego.«
    »An was??«
    »Sie sind aus meiner Lieblingsgeschichte. Ich würde sogar sagen, dass sie für mich so was wie Helden sind.«
    »Sie klingen wie eine russische Rockband.«
    Sie lachte. »Aber nein.«
    »Erzählst du mir die Geschichte?« Wie ich bereits vermutet hatte, war es eine Geschichte aus dem Alten Testament. Robyn war das, was man als absolut bibelfest bezeichnen kann. Ich fand das völlig in Ordnung, außerdem hatte ich Geschichten immer schon gemocht. Ganz fremd waren mir die drei Namen auch nicht, es fiel mir nur nicht ein, woher ich sie kannte.
    »Also: Schadrach, Meschach und Abed-Nego lebten vor langer, langer Zeit in Babel. Weil sie sich weigerten ein goldenes Bildnis zu verehren, ließ sie der König in einen glühenden Ofen werfen. Der Ofen war so heiß, dass sogar die Männer, die sie hineinwarfen, getötet wurden. Niemand konnte auch nur in seine Nähe gehen. Der König, der aus sicherer Entfernung zusah, konnte die drei Männer durch die Flammen und den Rauch beobachten. Und das Seltsame war, dass er auf einmal meinte vier Gestalten zu sehen, nicht nur drei. Und noch seltsamer war, dass man das Feuer im Ofen noch so sehr schüren mochte, die Männer gingen in dem Ofen umher, als mache ihnen die Hitze überhaupt nichts. Nach einer Weile befahl der König die Tür zum Ofen zu öffnen und heraus kamen Schadrach, Meschach und Abed-Nego. Und der König verstand, dass ein Engel bei ihnen gewesen sein musste. Außerdem verstand er, dass der Gott, der auf sie aufgepasst hatte, stärker war als sein goldenes Bildnis, und so wurde er bekehrt.«
    »Hmmm. Das ist eine gute Geschichte«, sagte ich.
    Ich mochte es, dass Robyn keinen belehrenden Ton anschlug; sie hatte es früher nie getan und tat es auch jetzt nicht. Schließlich sagte ich: »Wo ist die Verbindung zu uns?«
    »Na ja. Wir befinden uns im Ofen.«
    »Mit einem Engel?«
    »Manchmal habe ich das Gefühl, dass jemand bei uns ist, der uns hilft.«
    »Aber nicht die ganze Zeit?«
    »Die ganze Zeit wohl nicht. Wie sonst konnte Corrie angeschossen werden? Ich meine, es muss Momente geben, wo der Tod durch nichts aufzuhalten ist, nicht einmal durch Gott. Der Tod geht übers Land und schwingt seine Sense und es kann sein, dass er dich dabei erwischt oder auch nicht. Oder, um es anders auszudrücken, manchmal rettet dich Gott und andere Male nicht. Ich weiß nicht, wie er seine Wahl trifft; ich muss ihm vertrauen und daran glauben, dass er seine Gründe hat.«
    »Hmmm.«
    Es klopfte wieder an der Tür. Es war Homer.
    »Komm rein«, riefen wir gleichzeitig und er trat ein.
    »Also echt«, sagte er. »Mädchen auf dem Klo. Darüber könnte man eine Fernsehserie schreiben.«
    Er wollte seine Checkliste für die Nacht noch einmal durchgehen. Wir benötigten noch ein paar Dinge, die wir uns auf den Farmen beschaffen mussten, weil sie dort am ehesten zu finden waren. Wir breiteten sein Blatt Papier auf dem Tisch im Esszimmer aus und machten uns an die Arbeit. Homer wusste wirklich über die erstaunlichsten Dinge Bescheid. Da Chris ihm teilweise geholfen hatte, mussten ihm ebenfalls eine Menge sehr merkwürdiger Tatsachen bekannt sein; offenbar hatte er im Chemieunterricht besser aufgepasst, als ich angenommen hatte. An seiner überdurchschnittlichen Intelligenz hatte ich nie gezweifelt, neu war, dass er sich auch für die Naturwissenschaften interessierte.
    Unsere Liste war gar nicht so lang – so viele Dinge benötigten wir nicht –, aber es

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