Ein endloser Albtraum (German Edition)
war klar, dass wir früh, also bei Einbruch der Dunkelheit, losmüssten. Das machte unser Vorhaben zwar noch gefährlicher, war aber die einzige Möglichkeit, um unseren Zeitplan einzuhalten.
Um neun zogen wir los und bewegten uns mit äußerster Vorsicht. Wir hatten einen langen Marsch vor uns. Bis zum Morgen würden wir todmüde sein, das war klar. Ich war das viele Gehen leid, sehnte mich nach den Motorrädern, auf denen wir nach dem Anschlag auf die Brücke geflohen waren und die immer noch auf unserem Grundstück versteckt waren. Aber unsere Sicherheit ging vor. Wir setzten kaum einen Fuß vor den anderen, ohne uns nach allen Seiten umzusehen.
Die meisten Dinge, die wir benötigten, fanden wir im Haus der Fleets, das uns schon mehrmals als Zufluchtsort gedient hatte. Am schwierigsten gestaltete sich die Suche nach Nägeln, die groß genug, lang genug und stark genug waren. Nachdem wir ein wenig herumgewühlt, ein wenig gezimmert und improvisiert hatten, verließen wir das Grundstück um 1.30 Uhr; wir waren etwas spät dran, aber nicht so schlimm. Eineinhalb Stunden später hatten wir unser Ziel erreicht: Wir näherten uns einer Felsschneise, die zu beiden Seiten der Buttercup Lane steil aufragte. Die Straße lief durch dichtesten Busch, in dem wir bereits einmal untertauchen mussten, als wir einen Konvoi kommen hörten; kurz vor der Schneise signalisierte uns Fi, die voranging, noch einmal zu verschwinden. Das konnte nur eine Patrouille sein. Ich duckte mich und bog mit einem Satz in das Gestrüpp ab. Hinter mir hechtete Lees Schatten vom Straßengraben in den Busch und landete rund zwei Meter von mir entfernt. Die anderen konnte ich nicht sehen. Chris und Homer waren hinter mir, Robyn irgendwo weiter vorne mit Fi. Kaum war ich in Deckung gegangen, als ich auch schon das Knirschen der Stiefel hörte: Drei Soldaten kamen in einer Reihe und ziemlich unbekümmert die Straße entlang. Ich duckte mich noch tiefer und betete, dass die anderen gut versteckt waren. Die Schritte der Soldaten schienen zuerst langsamer zu werden, dann blieben sie stehen. Ich wagte einen Blick und sah den Rücken eines von ihnen, der sich langsam entfernte. Eine Frau, dachte ich kurz, doch einen Augenblick später war sie aus meinem Blickfeld verschwunden.
Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Ich konnte mir nicht erklären, warum sie angehalten hatten, es sei denn, sie hatten einen von uns entdeckt, aber dann hätte ich etwas hören müssen. In meinem Kopf rasten die Gedanken. Was sollte ich tun? Was konnte ich denn tun? Ich erhob mich ein wenig und kroch einen Meter vorwärts, zitternd vor Angst, dass ich geradewegs in die Falle gehen würde. Im selben Moment lag ich flach auf dem Bauch: Jemand hatte einen Schuss abgefeuert, rechts von mir und so nahe, dass er mir in den Ohren pfiff. Ich lag da, unfähig zu atmen. Ich konnte Rufe hören, dann einen Schrei, heiser und grauenhaft. Gleich darauf krachte noch ein Schuss, diesmal etwas gedämpfter. Erst jetzt roch ich den scharfen verbrannten Geruch einer Schrotflinte. Ich hoffte, dass sie doppelläufig und die einzige Waffe war, dann dachte ich nichts mehr und schoss wie der Blitz die Böschung hinauf und auf die Straße.
Als Erstes bemerkte ich das Geräusch von Schritten; jemand rannte auf der Straße davon. Viel konnte ich nicht sehen, nur eine dunkle Gestalt, aber es war einer der Soldaten, keiner von uns. Dann hörte ich ein Krachen im Gebüsch hinter mir. Ich wirbelte herum und hatte nur den einen Gedanken im Kopf, dass das mein Tod sein könnte, meine letzte Bewegung, das Letzte, was ich in meinem Leben sehen würde. Aber es war Homer; er stolperte auf mich zu. Direkt hinter ihm und ein wenig zu seiner Linken kam Chris, der hustete und spuckte, als würde er sich übergeben. Als Homer vor mir stand, sah ich, dass sein Hemd von oben bis unten voller Blut war, dickem, klebrigem Blut. Nun kamen auch die anderen aus ihren Verstecken und eilten auf uns zu. Ich riss Homers Hemd auf und tastete seinen Oberkörper und die Schultern nach einer Wunde ab, fand aber nichts.
»Nein. Nein«, sagte er und stieß mich weg. »Ich bin nicht verletzt.«
»Was ist passiert?«, schrie ich ihn an. Ich war vollkommen durcheinander. »Waren das ihre Gewehre?«
Er schüttelte den Kopf und streckte die Arme aus. Er brachte keinen Ton heraus. Chris, der gerade noch am ganzen Körper gezittert hatte, jetzt aber mit einem Mal erstaunlich ruhig wurde, antwortete an seiner Stelle: »Homer hat in seinem
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