Ein endloser Albtraum (German Edition)
Gummifetzen flogen kreuz und quer über die Straße. Der Lastwagen geriet ins Schleudern und donnerte mit hoher Geschwindigkeit und quietschenden Hinterreifen in einen Baum. Der zweite Lastwagen musste unversehrt an den Nägeln vorbeigekommen sein, denn er folgte mit heil gebliebenen Reifen; der Fahrer versuchte dem anderen Wagen auszuweichen, geriet ebenfalls ins Schleudern und fuhr im Zickzack von der einen zur anderen Straßenseite, bis er nach etwa fünfzig Metern die Kontrolle über den Wagen wiedergewann und davonraste. Ich traute meinen Augen nicht und fand es unglaublich schäbig, dass der Fahrer die anderen einfach im Stich ließ. Aber gleich darauf interessierte mich nur noch, wie es den Nächsten im Konvoi erging. Der Vorderreifen des dritten platzte mit einem gewaltigen Knall, noch mehr weißer Rauch entwich und nebelte alles ein. Ich sah aber genug, um zufrieden sein zu können, denn dieser Laster ging denselben Weg wie der erste. Völlig außer Kontrolle geraten schleuderte er quer über die Straße und donnerte dann mit voller Wucht in das Heck des ersten. Beim vierten platzte ein Hinterreifen, er machte eine 360-Grad-Drehung und kam fünfzig Meter weiter mitten auf der Straße zum Stillstand. Der fünfte bremste so abrupt, dass er einen Moment lang zitternd dastand, bis der Wagen hinter ihm auf ihn aufprallte. Aus der Schneise war noch mehrmals das Krachen aufeinanderfahrender Fahrzeuge zu hören, doch inzwischen war es unmöglich geworden, noch irgendetwas zu unterscheiden. Alles war voller Rauch und der Lärm klang wie das Ende der Welt.
Ich sah eine brennende Fackel in der Luft, die auf den fünften Lastwagen zuflog; Lee war in Aktion getreten. Das brauchte ich, um wieder zum Leben zu erwachen. Ich setzte meinen ersten Cocktail in Brand, wartete eine Sekunde ab und schleuderte ihn dann in dieselbe Richtung wie Lee. Den zweiten ließ ich unmittelbar darauf folgen. Die anderen hatten sich angeschlossen. Eine Minute lang schien der Himmel voller Sternschnuppen. Überall schossen Flammen durch den Rauch, irgendetwas musste Feuer gefangen haben, aber es kam zu keiner Explosion. Jemand begann zu schießen; mit einer Schnellfeuerwaffe, die zunächst wie wild drauflosfeuerte, dann in die Bäume über uns und schließlich immer niedriger zielte, bis die Schüsse direkt über unseren Köpfen waren.
Wir zogen uns schleunigst zurück, duckten uns tief auf den Boden und schlängelten uns durch das dichte, dornige und undurchdringliche Gestrüpp. Homer war nur wenige Schritte vor mir; er trug immer noch seine Molotowcocktails. Er hatte sie nicht geworfen. »Lass die Flaschen fallen, Homer«, rief ich, was er auch tat, und einen Augenblick lang dachte ich, ich hätte eine Katastrophe ausgelöst, weil genau in dem Moment, als die Flaschen zu Boden gingen, eine Explosion zu hören war, die so enorm war, dass sich der Boden unter meinen Füßen bewegte. Ich benötigte eine Sekunde, um zu begreifen, dass die Explosion hinter uns passiert war und nichts mit Homers Flaschen zu tun hatte. Dann wurde ich von einer Druckwelle erfasst, die mich beinahe zu Boden riss, und unmittelbar darauf folgte eine Hitzewelle aus trockener, luftloser Hitze. Sie fühlte sich an, als hätte jemand die Tür zu einem Hochofen geöffnet. Ich gewann mein Gleichgewicht wieder und rannte los. Die anderen – die, die ich sehen konnte – taten dasselbe. Hinter mir hörte ich das ächzende Kreischen der Bäume, die in zwei Hälften barsten und umstürzten. Den Umweltschutzpreis würden wir wohl nicht bekommen. Ich rannte weiter, meine Angst war wie weggeblasen. Durch den Busch würden sie uns nicht folgen. Das konnten sie gar nicht. Das war unsere natürliche Umgebung. Ich fühlte mich hier genauso daheim wie die Opossums und die Wombats und die Kakadus. Kein Fremder durfte hier eindringen, kein Eindringling dieses Land überqueren. Es gehörte uns und wir würden es verteidigen.
Fünftes Kapitel
Auf dem Rückweg über die Koppeln fühlte ich mich anders als sonst. Ich bildete mir ein, am Himmel bewege sich ein riesiger Schatten, der zu mir gehörte und mit meiner winzigen Gestalt auf der Erde Schritt hielt. Er jagte mir Angst ein, eine Riesenangst, aber er ließ sich nicht abschütteln. Er hing über mir wie eine schweigende und dunkle Kreatur, die aus meinen Füßen wuchs. Ich wusste, würde ich die Hand ausstrecken, um ihn zu berühren, würde ich ins Nichts greifen. So sind Schatten nun einmal. Durch diesen Schatten, der an meinen Fersen
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