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Ein endloser Albtraum (German Edition)

Ein endloser Albtraum (German Edition)

Titel: Ein endloser Albtraum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Marsden
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führte uns durch den Wald und an einem Hügelkamm entlang und schien sich in der Gegend gut auszukennen. Das hoffte ich wenigstens, denn bis zu unserer Rückkehr würde die Nacht hereingebrochen sein. Ich ging mit Fi und ihrer Aufpasserin Davina. Olive war vor uns und Robyn ging mit ihrer Zeltkumpanin als Letzte. Sharyn war nicht mitgekommen. Körperliche Ertüchtigung war nicht nach ihrem Geschmack. Homer und Lee waren ganz vorne, gleich hinter Terry.
    Der Marsch dauerte ungefähr eine Stunde. Sobald meine Wut etwas abgeklungen war, begann ich das Gehen zu genießen. Ich mag den Busch und ich bin gerne fit und es hing mir bereits zum Hals heraus, den ganzen Tag im Lager zu verbringen und nur mit Sharyn reden zu können. Da ich mit keiner Gefahr rechnete, konnte mir auch die Angst meine Laune nicht verderben. Captain Killen hatte gesagt, wir würden in sicherer Entfernung von dem Angriff sein, und nach meiner Unterhaltung mit Olive war ich überzeugt, dass der »Kontakt mit dem Feind« nicht der Rede wert sein würde.
    Mit der Zeit lichtete sich der Busch immer mehr und an manchen Stellen wurde das Tal sichtbar. Weit unter mir sah ich die gelben Streifen der unasphaltierten Pisten. Sie erinnerten an die Schienen einer Spielautobahn, wenn man sie auseinandernimmt, um sie in die Schachtel zurückzulegen. Da das Tal sich in einer weiten und flachen Ebene erstreckt, konnten wir bald lange Straßenabschnitte sehen. Von nun an mussten wir das freie Feld meiden und unter der Baumgrenze Deckung suchen. Ich freute mich, endlich wieder den klaren weiten Himmel zu sehen. Solange wir durch den dichten Busch gegangen waren, war hie und da noch geredet worden, doch jetzt, in dieser offenen Landschaft, waren alle still geworden. Mir war das nur recht.
    Die Feuerschneise war ein langer hässlicher Streifen, der quer durch den Busch gegraben worden war und als künstlicher Pfad aus feuchter lehmiger Erde, Unkraut und vereinzelten Sträuchern neben einem alten Holzzaun herlief. Terry wies uns an, die Feuerschneise paarweise zu durchqueren und dabei geduckt zu laufen, was vernünftig war. Dann, als alle auf der anderen Seite waren, kletterten wir den Hang hinauf. Die Sonne ging langsam unter und die Luft wurde nun rasch und spürbar kälter. Die Schatten der Bäume wuchsen ins Unendliche und verloren sich auf der anderen Seite der Schneise im Busch. Die Bewegung hielt uns warm. Der Hang war steil und wir kamen mit roten Gesichtern und schwer atmend oben an. Es war aber die Anstrengung wert, denn wir wurden mit einer grandiosen Aussicht belohnt.
    Das Land rund um Wirrawee war teilweise sehr gut, aber diese Flussebenen gehörten zweifellos zu den fruchtbarsten Landstrichen in unserem Teil der Erde. Sie bekamen mehr Regenwasser als die Gegend um Wirrawee – das hatte, soviel ich wusste, mit der Form der Berge zu tun –, außerdem bewässerten viele Leute ihren Boden zusätzlich. An einer Stelle konnte man lange Rohre sehen, die an einen Maschinenpark in einem Science-Fiction-Film erinnerten. Noch weiter weg befand sich eine Obstplantage mit weißen Netzen über den Baumkronen, eine Art Skulptur im Freien. Viele der näher gelegenen Weiden waren sogar um diese Jahreszeit noch grün, obwohl es unwahrscheinlich war, dass sie seit der Invasion bewässert worden waren. Die trockene und ockergelbe Unendlichkeit fing erst in großer Entfernung an. Über allem stand die untergehende Sonne, die wie ein riesiges aufmerksames Wesen ihr Königreich bewachte.
    Das Land sah so still und alt aus, es lag ruhig und friedlich da, völlig ungerührt von den erbärmlichen Streitereien der Menschen um das Recht, auf ihm zu leben. Es erinnerte mich an eine Zeile in einem der Gedichte von Chris: »Der Ozean ignoriert den Seemann, die Wüste ignoriert mich.«
    Ich begann mir Sorgen um Chris zu machen und bekam ein schlechtes Gewissen. Der Weg zurück in die Hölle würde eine solche Qual werden. Ich fasste den Entschluss, Major Harvey gleich am nächsten Morgen aufzusuchen und ihn zu überzeugen, wie wichtig es war, dass wir zurückkehrten. Wäre Fi anstelle von Chris in der Hölle geblieben, wäre ich schon vor zwei Tagen zurückgekehrt. Vielleicht sollte Fi in der Früh mit dem Major sprechen.
    Homer war auf einmal neben mir und zog mich zur anderen Seite des Hanges. Ohne ein Wort zu sagen, zeigte er zur Straße hinunter. Und da war es, das Angriffsziel, von dem Captain Killen gesprochen hatte. Es war auch wirklich ein saftiges, wenn auch kein schwieriges.

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