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Ein endloser Albtraum (German Edition)

Ein endloser Albtraum (German Edition)

Titel: Ein endloser Albtraum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Marsden
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habe ihn nicht gesehen«, sagte Homer.
    Plötzlich schwiegen alle.
    »Wir können nicht nach ihm rufen«, sagte Homer. »Zu gefährlich.«
    Ich sah Fi an, ich brauchte einen Sündenbock.
    »Du sagtest, alle sind okay«, fauchte ich sie an.
    »Das waren sie auch!«, schoss sie zurück. »Er auch. Ich sah ihn am Waldrand entlangrennen und er war unverletzt. Wie viel okayer hättest du es denn gern? Ich hatte jedenfalls keine Zeit, anzuhalten und ihn zu untersuchen.«
    Fi zitterte am ganzen Körper und ich bereute es, sie angegriffen zu haben. Für Entschuldigungen war aber keine Zeit.
    »Denken wir einmal nach«, sagte Homer. »Wir müssen ins Lager zurück und die anderen warnen. Und wir müssen Lee finden. Wenn ihm nichts passiert ist, wird er sich zum Lager durchschlagen. Wenn er verletzt ist, haben wir ein Problem.«
    »Die anderen können das Lager warnen«, sagte ich. »Terry und die.«
    »Ja, aber wenn sie auf der anderen Seite der Feuerschneise geblieben sind, sitzen sie in der Falle«, erwiderte Homer.
    »Dann sind sie wahrscheinlich schon tot«, sagte Robyn.
    »Wir müssen uns aufteilen.«
    »Einverstanden.«
    »Ich suche Lee«, sagte ich.
    »Ich komme mit«, sagte Homer.
    »In Ordnung«, willigte Robyn ein. »Wir gehen ins Lager. Dann kommen wir zurück und suchen euch.«
    »So klappt das nicht«, warf ich ein. »In der Dunkelheit finden wir uns niemals. Homer und ich gehen zur Feuerschneise zurück. Wenn wir Lee dort nicht finden und auch sonst keine Spur, können wir bis zum Morgengrauen ohnehin nichts unternehmen. Wenn wir ihn nicht finden, sollten wir auch ins Lager zurückkehren.«
    Darauf einigten wir uns schließlich. Wir dachten alle, dass wir das Lager wiederfinden würden, auch wenn wir bis zum Rand der Felsklippen zurückkehren und von dort aus den Hügelkamm suchen müssten.
    Homer und ich hasteten den Weg zurück, den wir gekommen waren. Wegen der Geräusche waren wir nicht allzu besorgt, da wir nicht damit rechneten, in der nun endgültig einsetzenden Dunkelheit durch den Busch verfolgt zu werden. Doch sobald wir in die Nähe der Feuerschneise gelangten, mussten wir wieder aufpassen. Von da an bewegten wir uns eine halbe Stunde lang mit der Geschwindigkeit eines erodierenden Felsens.
    Verglichen mit dem dunklen Busch sah die Feuerschneise wie eine vom Mondlicht angestrahlte Autobahn aus. Wir blieben zwanzig Minuten lang hinter einem Gebüsch verborgen und behielten sie im Auge. Schließlich flüsterte Homer: »Sieht
    okay aus.«
    »Ich gehe. Du bleibst hier.«
    Bevor er protestieren konnte, war ich auf den Beinen und schlich am Rand der Schneise davon. Sobald mehrere Menschen um ihn waren, übernahm Homer fast immer das Kommando, doch kaum waren er und ich allein, gab ich den Ton an. Obwohl ich die Straße fast zur Gänze abging, war nichts zu sehen. Keine Leichen, keine Soldaten, keine Gewehre. Und auch kein Panzer. Die Blödheit der Harveys Heroes, in diese Falle zu tappen, war einfach sagenhaft. Aber sofort musste ich mich daran erinnern, dass ich genauso hineingetappt wäre. Ich hatte gedacht, wir würden einem Lagerfeuer zusehen; stattdessen hatte ich einen Schießstand mit lebenden Zielscheiben gesehen, ein grausiges und sinnloses Massaker.
    Ich wandte mich nach rechts, bis ich die Kurve fast erreicht hatte. Auf der Straße konnte ich dunkle Flecken ausmachen; eine Weile starrte ich sie mit einer schaurigen Faszination an, denn ich wusste nicht, ob es Blutflecken waren oder die Schatten der Bäume. Waren alle getötet worden? Als Nächstes fragte ich mich, was mit den Überlebenden geschehen sein mochte, und das löste eine Gedankenkette aus, die mich zum Hang zurückjagte, um schleunigst Homer zu finden.
    »Hör mal«, keuchte ich, als ich wieder hinter dem Gebüsch war. »Nehmen wir mal an, es wurden nicht alle getötet. Was, wenn es Verwundete gegeben hat?«
    »Was? Wovon redest du?«
    »Was, meinst du, ist die erste Frage, die sie ihnen stellen würden?«
    »Was? Ja – na klar. Jetzt kapier ich. ›Wo ist euer Lager?‹«
    »Und wenn sie sie foltern müssten, um das rauszukriegen ...?«
    »Würden sie es tun. Gehen wir.« Homer stand auf, dann hielt er inne. »Was ist mit Lee?«
    »Was ist mit Robyn und Fi? Wenn sie Lee geschnappt haben«, sagte ich und spürte ein Prickeln auf meiner Kopfhaut, »dann haben sie ihn. Wenn er verletzt ist und irgendwo im Busch liegt, suchen wir womöglich die ganze Nacht und finden ihn nicht. Wenn ihm nichts zugestoßen ist, ist er wahrscheinlich auch

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