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Ein endloser Albtraum (German Edition)

Ein endloser Albtraum (German Edition)

Titel: Ein endloser Albtraum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Marsden
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Wirkung war dramatisch. Sie erinnerte mich daran, wenn ich zu Hause an einem Baum gerüttelt hatte, um
    einen Schwarm wilder Tauben zu verscheuchen, der mit einem gewaltigen Rascheln den Baum verließ und das Weite suchte. Hier geriet aber nicht nur ein Baum in Bewegung. Mit einem Mal regte sich die ganze Umgebung: Soldaten, die aufstanden und ihre Gewehrläufe auf uns richteten. Offensichtlich hatten sie nicht damit gerechnet, dass hinter ihnen auch noch jemand war. Terry kam wie ein verrückt gewordenes Schaf aus dem Gestrüpp gerannt. Er hatte nicht die geringste Ahnung, was los war. Er musste gedacht haben, Robyn wäre übergeschnappt. Oder dass wir tatsächlich die dämlichen unverantwortlichen Kids waren, für die uns Captain Killen hielt. Ihn oder die Soldaten nahm ich aber nur am Rande wahr, meine ganze Aufmerksamkeit galt den Guerillas. Als sie Robyns Schrei hörten, waren sie schon um die Kurve gekommen und mussten nun im Blickfeld der Soldaten sein. Ich flehte sie mit jeder Faser an: »Rennt! Rennt! Um Gottes willen, haut endlich ab!« Aber sie schienen wie gelähmt. Sie starrten zu uns herauf. Ich konnte Captain Killens Gesicht sehen und mir vorstellen, welchen Ausdruck es annahm. Die Standpauke, die er uns im Lager halten würde, entstand wahrscheinlich schon in seinem Kopf. Nur würde sie kein Mensch mehr hören. Sie trugen ihre Waffen immer noch über den Schultern, keiner hatte sie abgenommen. Sie hatten den Hinterhalt noch nicht einmal bemerkt. Wir drei begannen zu schreien und in die Richtung der Soldaten zu gestikulieren. Endlich begannen ein paar von ihnen sich umzusehen und einer legte sogar sein Gewehr an. Dann fielen die ersten Schüsse. Einen Moment lang begannen die Männer wie verrückte Puppen zu schlenkern und zu tanzen, drehten sich in alle möglichen Richtungen, machten ein paar Schritte, zuckten und schwankten, als die Kugeln sie trafen. Ich sah keinen von ihnen zu Boden gehen, denn nun schossen die Soldaten auch auf uns. Uns blieb gerade noch die Sekunde, die sie brauchten, um sich umzudrehen. Sie waren in keiner guten Position und mussten die Entfernung und das Ziel erst anpeilen.
    Wir drei stürzten nach rechts, zu Lee und Fi. Zum Rand der Feuerschneise war es von dort aus wahrscheinlich etwas weiter, als wären wir gleich nach links gegangen, aber unser Instinkt zog uns zu unseren Freunden. Außerdem lag das Lager rechts von uns und wir mussten unbedingt die Feuerschneise überqueren, wenn wir das Lager erreichen und nicht auf dem Hang in der Falle sitzen wollten. Die letzten Meter legte ich in einem Hechtsprung zurück, während über meinem Kopf die Kugeln mit wilder Brutalität die Zweige von den Bäumen rissen. Eine Kugel muss an einem Felsen abgeprallt sein, denn sie pfiff mit dem heulenden Geräusch eines fernen Düsenjets an mir vorbei. Ich landete im Geröll und auf einer dornigen dunkelgrünen Pflanze, legte noch ein paar Meter kriechend zurück, sprang dann sofort wieder auf die Beine und fing an zu rennen. Nur einmal wandte ich kurz den Kopf, um zu sehen, wo die anderen blieben und ob ihnen nichts zugestoßen war. Fi war hinter mir; als sie keuchend hervorstieß: »Sie sind okay«, rannte ich weiter.
    Zwanzig Minuten lang rannten wir ununterbrochen durch den Busch. Rechts und links von mir liefen Leute und direkt hinter mir war Fis heftiges Keuchen zu hören. Dann hörte ich links von mir Robyns Stimme, die gefährlich laut rief: »Bleibt stehen. Alle.« Ich musste stehen bleiben. Ich richtete mich auf, hörte meinen Atem pfeifen und hielt mich an Fi fest, um nicht umzukippen. Robyn kam rennend den Hang herauf.
    »Seid ihr okay?«, fragte sie.
    »Ja«, erwiderte ich, dachte aber: ›Hoffentlich sehe ich nicht annähernd so schlimm aus wie du.‹
    Ihr Gesicht blutete auf einer Seite und aus ihrer Nase kam noch mehr Blut. Fi wollte ihr Gesicht anfassen, aber sie stieß sie weg.
    »Es ist nichts«, sagte sie. »Ich hab mir den Kopf an einem Ast angeschlagen.«
    Es war bereits ziemlich dunkel. Ich hörte ein Krachen im Gebüsch, dann ein Knirschen im Geröll. Jemand stürzte den Hang herauf. Als ich mich ängstlich umdrehte und versuchte im Dämmerlicht etwas zu erkennen, sah ich, dass es Homer war. »Alles in Ordnung?«, fragten wir alle gleichzeitig. Er nickte nur.
    »Wo ist Lee?«, fragte ich.
    »Ist er nicht bei dir?«, wollte Fi von Homer wissen.
    »Nein, er war doch bei euch.«
    »Nein«, erwiderte Fi. »Er rannte dir nach, als du im Wald verschwunden bist.«
    »Ich

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