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Ein endloser Albtraum (German Edition)

Ein endloser Albtraum (German Edition)

Titel: Ein endloser Albtraum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Marsden
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was los war, warum diese Leute gekommen waren. Er würde nicht wissen wollen, welche Sprache sie sprachen oder was für Ideen sie hatten oder wie ihre Kultur aussah. Ich wollte trotz meines Schocks und meines Entsetzens immer noch verstehen; ich wollte noch immer Antworten auf diese Fragen.
    Mum würde anders sein. Sie würde sich darauf konzentrieren, klar zu denken, um sich geistig nicht überrumpeln zu lassen. Ich stellte mir vor, wie sie über die kahlen Hügel blickte – vielleicht durch den Zaun eines Gefangenenlagers –, sich nicht um die unbedeutenden Ablenkungen, die Stimmen im Hintergrund, die vorsätzlichen Irritationen kümmerte.
    Dann wurde mir klar, dass ich mir beide Eltern so vorstellte, wie sie zu Hause waren.
    Wir hatten das Ende der Racecourse Road erreicht. Ich war ein wenig hinter Kevin und Corrie zurückgefallen und sie warteten auf mich. Wir bildeten einen kleinen, dunklen, dicht gedrängten Haufen zwischen einem Baum und einem Zaun. Jeder, der uns sah, würde uns für ein fremdartiges Gewächs halten, das aus dem Boden geschossen war. Es wurde ziemlich kalt und ich spürte, wie die beiden zitterten, als wir zusammen dort hockten.
    »Jetzt, wo wir so nahe sind, müssen wir besonders vorsichtig sein«, flüsterte Kevin. »Versuch nicht so weit zurückzubleiben, Ellie.«
    »Tut mir leid. Ich habe nachgedacht.«
    »Also, wie sieht der Plan aus?«, fragte er.
    »So nahe heranzukommen, dass wir etwas sehen können«, sagte Corrie. »Wir haben nicht viel Zeit. Am wichtigsten ist, dass wir vorsichtig sind. Wenn wir nichts sehen können, gehen wir einfach zu Robyns Haus zuück. Falls jemand hier ist, wäre das Dümmste, was wir tun können, uns ihnen zu zeigen, so dass sie uns folgen können.«
    »Okay, einverstanden.« Kevin wollte aufstehen. Das ärgerte mich. Es war typisch für ihn, mich nicht nach meiner Meinung zu fragen. Ich zog ihn wieder hinunter.
    »Was denn?«, sagte Kevin, »Wir müssen weiter, El.«
    »Das bedeutet nicht, dass wir losstürmen wie Idioten. Was ist zum Beispiel, wenn man uns sieht? Oder uns jagt? Wir können nicht einfach zu Robyns Haus zurücklaufen. Das würde sie dorthin führen.«
    »Wahrscheinlich müssen wir uns trennen. Es wäre für sie schwieriger, drei einzelne Personen zu jagen als eine Gruppe. Wenn wir dann sicher sind, dass uns niemand folgt, schlägt sich jeder für sich zu Robyns Haus durch.«
    »Okay.«
    »Ist das alles?«
    »Nein! Wenn wir streng logisch wären, wie vorher Homer, sollten wir uns nicht zu dritt so nahe an das Messegelände heranschleichen. Einer von uns sollte gehen und die anderen beiden bleiben hier. Weniger wahrscheinlich, dass man uns sieht, und ein geringerer Verlust, wenn einer erwischt wird.«
    Corrie schrie leise auf. »Nein! Du bist zu logisch! Ihr seid meine besten Freunde! Ich will nicht so logisch sein!«
    Wenn ich richtig nachdachte, wollte ich es eigentlich auch nicht. »Dann okay!«, sagte ich. »Alle für einen und einer für alle. Gehen wir. Die drei Musketiere.«
    Wir huschten wie Schatten über die Straße und bogen um die Ecke. Das Licht vom Messegelände reichte sogar bis hierher, zwar schwach, aber man merkte den Unterschied zu völliger Dunkelheit. Wir blieben nervös an seinem Rand stehen.
    Es war, als würde uns ein einziger Schritt in dieses Licht für eine ganze Armee von feindlichen Beobachtern sichtbar machen. Es war erschreckend.
    Das war der Augenblick, in dem mir klar wurde, was echter Mut ist. Bis dahin war alles irreal gewesen, wie ein nächtliches Anpirsch-Spiel in einem Schulcamp. Um aus der Dunkelheit hinauszutreten, musste man Mut einer Art beweisen, den ich nie zuvor hatte beweisen müssen, von dem ich nichts gewusst hatte. Ich musste meinen Verstand und meinen Körper erforschen, um festzustellen, ob es irgendwo eine neue Seite von mir gab. Ich spürte, dass es in mir einen Teil gab, der das hier tun konnte, aber es war ein Teil, von dem ich nichts gewusst hatte. Wenn ich ihn fand, konnte ich eine Verbindung mit ihm herstellen und dann konnte ich vielleicht, nur vielleicht, beginnen die Angst aufzutauen, die meinen Körper erstarren ließ. Vielleicht konnte ich dann diese gefährliche, schreckliche Sache tun.
    Eine einzige, kleine Bewegung war der Schlüssel, durch den ich meinen Mut fand. Etwa vier Schritte links vor mir stand ein Baum tief in der Lichtzone vom Messegelände. Ich brachte mich plötzlich dazu, die Dunkelheit zu verlassen und zu ihm zu gehen, mit vier schnellen, leichten Schritten. Ein

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