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Ein endloser Albtraum (German Edition)

Ein endloser Albtraum (German Edition)

Titel: Ein endloser Albtraum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Marsden
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Tanz, der mich überraschte, durch den ich aber leicht benommen und ein wenig stolz wurde. ›Das ist es!‹, dachte ich. ›Ich hab's getan!‹ Es war ein Tanz des Mutes. Ich fühlte damals und fühle es noch immer, dass mich diese vier Schritte verändert haben. In diesem Augenblick hörte ich auf, ein unschuldiger Teenager vom Land zu sein, und begann jemand anderer zu werden, eine kompliziertere und fähigere Person, eine Kraft, mit der man rechnen musste, nicht nur ein höfliches, gehorsames Kind. Ich hatte keine Zeit, dieses neue, interessante Ich zu erforschen, aber ich versprach mir, es später zu tun.
    Ich war noch immer leicht benommen, als sich Augenblicke später Kevin und dann Corrie zu mir gesellten. Wir sahen einander an und grinsten stolz und aufgeregt und ein bisschen ungläubig. »Okay, was jetzt?«, fragte Kevin. Plötzlich wandte er sich um Anweisungen an mich. Vielleicht erkannte er, wie sehr ich mich in diesen wenigen Sekunden verändert hatte. Aber dann war es bei ihm sicher genauso?
    »Geht weiter von Baum zu Baum nach links. Wir müssen zu dem großen Eukalyptusbaum gelangen, dann sind wir gegenüber dem Holzlager. Von dort aus werden wir mehr sehen.«
    Ich setzte mich im selben Augenblick in Bewegung, in dem ich zu reden aufhörte, und war so aufgeputscht, dass ich nicht merkte, wie ich Kevin genau das antat, wogegen ich mich ihm gegenüber vor ein paar Augenblicken gewehrt hatte. Von meinem neuen günstigen Beobachtungspunkt aus sah ich drei Männer in Uniform, die langsam aus dem Schatten hinter der Haupttribüne auftauchten und den Kreis des Drahtzauns abgingen. Sie trugen irgendwelche Waffen, vielleicht Gewehre, aber die Entfernung war so groß, dass man es nicht klar erkennen konnte. Trotz aller Beweise, die wir bis jetzt gesammelt hatten, war dies die erste Bestätigung dafür, dass sich eine feindliche Armee in unserem Land befand und es beherrschte. Es war unglaublich, entsetzlich. Ich fühlte, wie Angst und Zorn in mir aufstiegen. Ich wollte ihnen zuschreien: »Verschwindet!«, und ich wollte davonlaufen und mich verstecken. Ich konnte meinen Blick nicht von ihnen abwenden.
    Nachdem sie hinter den Ställen der Traber verschwunden waren, hörte ich das rasche Geräusch von leichten Füßen, als Kevin und Corrie mich erreichten.
    »Habt ihr die Männer gesehen?«, fragte ich.
    »Ja und nein«, flüsterte Corrie. »Es waren nicht lauter Männer. Es war mindestens eine Frau dabei.«
    »Wirklich? Bist du sicher?«
    Sie zuckte die Achseln. »Willst du wissen, was für eine Farbe ihre Knöpfe hatten?«
    Ich verstand. Corrie hat sehr scharfe Augen.
    Wir gingen weiter, indem wir von Baum zu Baum huschten, bis wir endlich keuchend hinter dem großen Eukalyptusbaum versammelt waren. Von dort spähten wir vorsichtig hinüber. Corrie kniete und sah von rechts um den Baum herum; Kevin hockte und blickte durch eine niedrige Gabelung; ich stand auf der anderen Seite und schaute um den Stamm herum. Wir befanden uns an einer guten Stelle, etwa sechzig Meter vom Zaun entfernt und überblickten ein Drittel des Messegeländes. Das Erste, was mir auffiel, war eine Anzahl großer Zelte im Oval. Sie hatten alle möglichen Farben und Formen, aber alle waren groß. Das Zweite waren zwei bewaffnete Soldaten, die auf der Trabrennbahn standen. Sie taten überhaupt nichts, standen einfach dort; einer sah zu den Zelten, der andere zu den Pavillons hinüber. Sie waren offensichtlich Wachposten, die vermutlich das bewachten, was sich in den Zelten befand. Einer von ihnen war eine Frau; Corrie hatte Recht gehabt.
    Das Messegelände war noch immer für die Landwirtschaftsmesse eingerichtet, obwohl man alles schon vor vier Tagen hätte wegräumen müssen. Aber die Riesenräder und Schaubuden, die ausgestellten Traktoren und Wohnwagen, die Baumstämme für das Wett-Holzhacken und die Schnellimbiss-Wagen waren noch an Ort und Stelle. Links von uns befand sich ein stummer Ozean von geparkten Autos; die meisten sahen wie dunkle, reglose Tiere aus, einige glänzten im künstlichen Licht. Irgendwo dazwischen war auch unser Wagen. In manchen Wagen hatte es sicher Hunde gegeben. Ich versuchte nicht daran zu denken, was für einen entsetzlichen Tod sie gestorben waren, wie die Hunde in unserem Haus. Vielleicht hatten die Soldaten Mitleid mit ihnen gehabt und sie gerettet, als die Kämpfe vorbei waren. Vielleicht hatten sie Zeit dafür gehabt.
    Wir waren acht Minuten lang auf unserem Beobachtungsposten – ich stoppte die Zeit

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