Ein endloser Albtraum (German Edition)
konnten – verglichen mit dem, was Dad und ich zu Stande gebracht hatten. Aber es machte mir Sorgen, dass wir noch immer so sehr von dem Nachschub aus unseren Versorgungsfahrten abhängig waren. Das war eine Lösung auf kurze Zeit. Trotz unseres Gemüses und unserer Hühner waren wir weit davon entfernt, autark zu sein. Angenommen, wir würden drei Monate ... oder sechs Monate ... oder zwei Jahre hierbleiben müssen. Es war undenkbar – aber durchaus möglich.
Als die anderen beiden nach dem Mittagessen einen Augenblick lang beschäftigt waren, sagte Lee leise zu mir: »Könntest du mir heute Nachmittag die Hütte des Einsiedlers zeigen?«
Ich erschrak. »Aber gestern, als die beiden anderen mitkamen ... du sagtest, dass dein Bein ...«
»Ja, ich weiß. Aber ich habe es heute ziemlich viel benützt. Es fühlt sich sehr gut an. Außerdem war ich gestern böse auf dich.«
Ich grinste. »Okay, ich führ dich hin. Und wenn es notwendig ist, werde ich mich opfern und dich zurücktragen.«
Offenbar hatte etwas in der Luft gelegen, denn als ich den beiden anderen erzählte, dass wir eine Stunde oder zwei fortbleiben würden, falls Lees Bein durchhielt, zwinkerte Homer Fi schnell zu. Ich glaube, Fi musste Homer am Morgen ermutigt haben, denn es war kein »Oh, Ellie und Lee«-Zwinkern, sondern ein »Gut, wir werden eine Zeit lang allein sein«-Zwinkern. Es war sehr hinterlistig von ihnen. Wenn wir ihnen nicht diese Gelegenheit geboten hätten, hätten sie uns bestimmt eine Lüge aufgetischt, um allein zu verschwinden. Das machte mich eifersüchtig und am liebsten hätte ich unseren Ausflug abgesagt, damit ich dableiben und Anstandsdame spielen konnte. Tief in meinem Herzen wollte ich nicht, dass Homer und Fi zusammen waren.
Doch ich konnte nichts dagegen tun. Ich war in meine eigene Falle gegangen. Daher machte ich mich gegen zwei Uhr auf den Weg zum Bach; Lee humpelte neben mir her. Diesmal war die Reise überraschend kurz, weil ich mich jetzt auskannte und selbstsicherer voranging und Lee sich schneller bewegte, als ich erwartet hatte. Das Wasser gluckerte erfrischend kalt dahin und wir folgten einfach der Strömung.
»Das ist der perfekte Weg hinein«, bemerkte Lee, »weil wir keine Spuren hinterlassen.«
»Hm. Du weißt ja, dass auf der anderen Seite der Hölle der Holloway-Fluss und der Risdon-Distrikt sind. Es muss von hier aus ein Weg dorthin führen. Es wäre interessant zu versuchen ihn zu finden, vielleicht indem wir dem Bach folgen.«
Wir erreichten die Hütte, aber Lee wollte zuerst mit mir reden. Er setzte sich auf einen ziemlich feuchten Baumstamm am Bachufer.
»Ich ruhe nur kurz mein Bein aus«, sagte er.
»Tut es weh?«
»Ein bisschen. Nur ein leichter Schmerz, weil ich es wieder gebrauche. Wahrscheinlich ist Bewegung das beste Mittel dagegen.« Er machte eine Pause. »Weißt du, Ellie, ich habe mich noch nicht richtig dafür bedankt, dass du mich damals nachts aus dem Restaurant herausgeholt hast. Ihr wart alle Helden. Ihr habt euer Leben für mich riskiert. Ich bin nicht besonders gut darin, große, ergreifende Reden zu halten, aber das werde ich euch bis an mein Lebensende nicht vergessen.«
»Ist schon okay«, sagte ich beunruhigt. »Du hast mir schon einmal gedankt. Und du hättest das Gleiche für uns getan.«
»Und das von gestern tut mir leid.«
»Was soll dir da leidtun? Du hast gesagt, was du sagen wolltest. Du hast gesagt, was du dir gedacht hast. Was mehr ist, als ich getan habe.«
»Dann sag es jetzt.«
Ich grinste. »Vielleicht sollte ich. Obwohl ich nicht vorhatte noch etwas zu sagen.« Ich überlegte einen Augenblick und beschloss es zu wagen. Ich war nervös, aber es war aufregend. »In Ordnung, ich werde sagen, was ich denke, dass ich denke, aber merk dir, es ist nicht unbedingt das, was ich wirklich denke, weil ich nicht weiß, was ich denke.«
Er stöhnte. »O Ellie! Du bist so entmutigend. Du hast noch nicht einmal angefangen und mich schon durcheinander gebracht. Es ist genauso wie gestern.«
»Also, willst du, dass ich ehrlich bin oder nicht?«
»Schön, mach weiter und ich werde versuchen meinen Blutdruck unter Kontrolle zu halten.«
»Okay.« Nachdem ich das gesagt hatte, wusste ich nicht genau, wie ich anfangen sollte. »Ich mag dich, Lee, ich mag dich sehr. Ich finde, dass du interessant, lustig, klug bist und du hast die schönsten Augen von ganz Wirrawee. Ich bin nur nicht sicher, dass ich dich auf diese Art mag, du weißt schon, was ich meine. An dem Tag im
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