Ein Engel an Güte (German Edition)
ein Paar schwarze Hosen anziehen müssen, die Formiani zur Zeit seines größten Körperumfangs getragen hatte, weshalb die Schenkel des Gerichtsschreibers darin staken wie Flintenläufe in Kanonenrohren. Der Podestà hingegen, geblendet von all diesen Kleidungsstücken, welche die Zofen wahllos vor ihm ausbreiteten, hatte zu den kräftigsten Farben gegriffen, wie es wohl auch Art der Rindviecher ist. Er hatte einen scharlachroten Rock mit Silberstickerei, ein himmelblaues Hemd und eng anliegende, kanellierte Beinkleider gewählt. In diesem Aufzug sah er wirklich aus wie in einem Karnevalskostüm. Der Inquisitor lachte ein wenig darüber, auch Morosina lachte darüber, obwohl sie eigentlich nicht wusste warum, war sie es doch von dem Podestà gewöhnt, dass er immer, ganz gleich in welcher Tracht, eine lächerliche Figur abgab. Wer sich aber, wohl wissend warum, vor Lachen schier ausschütten wollte, waren die beiden närrischen Zofen, die nicht wenig Einfluss auf die Wahl des Podestà gehabt hatten. Als sie dann, nachdem sie ihn so zugerichtet hatten, bemerkten, dass die Hosen zu eng waren und der Rock zu weit, machten sie sich mit Nadeln und Faden an ihm zu schaffen, um die Knöpfe zu versetzen.
« Autsch, Moretta – au!», rief der Patient und machte der jungen Frau schöne Augen.«Stich mich doch nicht so, verflixt! Au!»
« Um Himmels willen, quält mir doch meinen Gast nicht», mischte sich Formiani ein.«Wann werdet ihr endlich vernünftig, meine Kinder?»
« Wenn der Tag dafür gekommen ist», antwortete Moretta schlagfertig,«und nach allem, was die Weisheitslehre dazu sagt, tritt dieser Tag erst nach dem Tod ein.»
« Gebt doch acht! Au!», schrie Valiner.
Nachdem der Tollpatsch angezogen und zugeknöpft war, wurde ihm als Kopfbedeckung ein bestimmter, nach Schergenart aufgebogener Dreispitz aus billigem Leder aufgesetzt, der ihm die Perücke kaum zu einem Drittel bedeckte. So geschniegelt und von Kopf bis Fuß völlig neu ausstaffiert, schleiften die beiden Gehilfinnen ihn vor einen Spiegel.«Oh, das macht sich gut!», sagte der Podestà und legte die Hand an den Griff seines Degens, ein Familienerbstück, das auszutauschen die beiden Zofen sich wohl hüteten.«Das macht sich gut, Donnerwetter, und ich hätte jetzt nicht übel Lust, dem Sultan, dem Großmogul und dem Papst meine Aufwartung zu machen!»
« Heute Abend fahren wir allerdings nur mit der Gondel aus», bemerkte Formiani.«Wohlan, Chirichillo, willst du deine langen Stelzen nicht in Bewegung setzen?»
« Wenn Euer Exzellenz gestatten», antwortet dieser,«würde ich gern im Haus bleiben und auf Don Gasparo warten, er muss jeden Augenblick kommen, wie die Mädchen hier sagen, ich kann es kaum erwarten, ihn zu begrüßen. Und ich würde auch gern in Ruhe mit Bernardo plaudern, den ich heute Morgen nur flüchtig gesehen habe.»
« Tu, wie dir beliebt, alter Freund», antwortete Formiani.
« Addio, mein Alter», sagte Morosina und warf ihm beim Hinuntergehen eine Kusshand zu.
« Hm, wie sie sich in zwei Tagen an dieses vornehme Wesen gewöhnt hat!», dachte Chirichillo.« Ihr Herz hat sie sich allerdings bewahrt...! Ein gutes Zeichen...! Gott liebt sie!»
Eine Stunde später kehrte die Gondel leer zurück, weil alle zusammen auf die Piazza gegangen waren, um Sorbet zu essen. Als sie in Gesellschaft des Cavalier Terni von dort zurückkamen, nahm der Abend seinen üblichen Verlauf, außer dass die Erscheinung des Podestà und die unverhohlene Knauserigkeit eines Spielers, der gewohnt war, in Asolo mit den Damen Tresette-Partien um einen Soldo zu spielen, erheblich zur Erheiterung der Gesellschaft beitrugen. Celio und Morosina bemerkten von alledem natürlich nichts, weil ihnen auch an diesem Abend die Terrasse kühler, bequemer und verlockender erschien als der Saal und sie sich dort aufhielten, bis allgemeines Stühlerücken ihnen das Ende des Spiels ankündigte. Im Übrigen hatte die Gesellschaft das vertrauliche Verhältnis der beiden jungen Leute sehr wohl bemerkt, das vom Hausherrn nahezu protegiert, gewiss aber gebilligt wurde, und obwohl alle, weil es sich um eine Angelegenheit des Inquisitors handelte, nur mit gedämpfter Stimme sprachen, wurden doch beim Fortgehen allerhand Vermutungen angestellt. Man redete viel, vieles behielt man für sich, keiner aber kam, weder in Worten noch in Gedanken, der Wahrheit wirklich nahe.
Nach dem Abendessen schleifte Formiani Valiner am Arm mit in sein Schlafzimmer, während er Don Gasparo sagte,
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