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Ein Engel an meiner Tafel - eine Autobiographie

Ein Engel an meiner Tafel - eine Autobiographie

Titel: Ein Engel an meiner Tafel - eine Autobiographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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der Anwesenheit Franks und seines Standortes in seinem eigenen Tagesablauf ständig bewusst. Da er den Haushalt führte und ein paar Aufgaben erledigen musste, bevorer mit seiner Arbeit anfing, begann er später als ich, und ich hörte, wie es draußen im Garten raschelte, wenn er durch die Büsche ging und seine Pflanzen versorgte, die jungen Tomaten oder Paprika. Noch vor der Erledigung dieser Aufgaben legte er sich an der Ostwand des Strandhauses eine halbe Stunde lang nackt in die Sonne. Er hatte einmal Tuberkulose gehabt, und er sprach oft von der Narbe und dass sie Öl und Sonne brauche, denn diese seien, so wie die Farbe Grün, gut für die Gesundheit.
    Sobald ich das Knirschen und Rascheln seiner Schritte in gefährlicher Nähe meines Sanktuariums hörte, wenn er eine verirrte Ranke berührte oder abschnitt oder spielerisch den Blütenstaub von der männlichen Pflanze auf die weibliche übertrug, für den Fall, dass die Bienen oder der Wind ihre Arbeit nicht getan hatten, eilte ich mitten in den Träumereien über mein tägliches Schreibpensum rasch an meine Schreibmaschine und begann: Der schnelle braune Fuchs springt über den faulen Hund zu tippen, da meine Gedanken wie immer in Gegenwart eines anderen Menschen erstarrten. Erst wenn Frank hineinging und mit seiner eigenen Arbeit begann, konnte auch ich mich konzentrieren und ungestört schreiben, bis ich hörte, wie sich die Tür des Strandhauses öffnete, wie Schritte im langen Gras raschelten, wie es an meiner Tür klopfte und wie Frank dann mit seiner sanften Stimme sagte: «Hast du Lust auf eine Tasse Tee, Janet?» Er stellte den Tee auf den eingebauten Schreibtisch, blickte diskret an meinen noch fast unbeschriebenen Blättern vorbei und trat dann den Rückzug durch das lange Gras ins Strandhaus an. Ich hörte, wie sich die Haustür schloss. Dann stürzte ich mich auf den Elfuhrtee und auf die mit Honig bestrichene Roggenbrotscheibe, als wäre ich am Verhungern. Darauf setzte ich meineArbeit fort, bis ich Geräusche aus dem Inneren des Strandhauses hörte – Frank, der die Tür öffnete und die Post holte, schabende und klappernde Geräusche, die verrieten, dass das Mittagessen zubereitet wurde. Dann, Punkt ein Uhr, wieder das Rascheln im Gras, das Klopfen an der Tür und die sanfte Stimme: «Das Essen ist fertig, Janet.»
    Voll Ungeduld, wieder so, als sei ich am Verhungern, ging ich eilig zum Essen ins Strandhaus. Meist hatte Frank ein Buch in der Hand oder auf dem Esstisch liegen, an dem wir einander gegenübersaßen mit unserer Eierspeise oder den verlorenen Eiern oder dem Käse und dem Roggenbrot, und er las Auszüge laut vor und erörterte den Text, während ich zuhörte und alles, was er sagte, akzeptierte und glaubte, voll Staunen über seine Klugheit. Ich verehrte ihn und hatte großen Respekt vor ihm, und in meiner mittlerweile tief sitzenden Angst vor Autoritäten oder denen, die «das Sagen» hatten, empfand ich das Bedürfnis nach seiner Anerkennung. Er war zwanzig Jahre älter als ich, und für mich war er ein alter Mann. Neben seiner strengen, selbstbewussten Intellektualität kamen mir mein Denken und mein Geschmack nichtssagend vor. In einem Ton, der besagte, dass die Arbeiterklasse «gut» sei, setzte er mich davon in Kenntnis, dass ich ein «Mitglied der Arbeiterklasse» sei. Und wieder bezeichnete er meine Schwester und ihren Mann, bei denen ich fast jedes Wochenende verbrachte, als
bourgeois
, und abermals staunte ich über die Verwendung von Ausdrücken, die mir altmodisch erschienen. Es gelang Frank, jeden in eine «Klasse» einzustufen.
    Nach dem Essen machte er sein «Nickerchen» und lag auf dem Bett beim Fenster, während ich, ängstlich darauf bedacht, am Tagesablauf festzuhalten, mich ebenfalls ausruhte oder las oder schrieb oder eventuell in Takapuna herumspazierte.Dann, um drei, wachte Frank auf, und es gab noch eine Tasse Tee mit einer Roggenbrotscheibe und Honig. Darauf hängte er sich seine Segeltuchtasche über die Schulter und ging weg, um Lebensmittel für das Abendessen einzukaufen, das wir oft gemeinsam mit Freunden einnahmen, wobei unsere häufigsten Besucher damals Karl und Kay Stead waren, die vor kurzem geheiratet hatten; Karl studierte an der Universität von Auckland und Kay war Bibliothekarin. Beide strahlten im goldenen Glanz von Jugend und Liebe, und Karl schrieb Gedichte und Erzählungen, und beide wurden wie Frank ins Netz meiner Verehrung gezogen. Ihre Intelligenz, ihre Schönheit, ihre Liebe waren

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