Ein Engel aus der Hölle
Zwei Mal klatschte seine Hand in das Gesicht der Frau. Blut schoss ihr aus der Nase, sie heulte auf und sackte in die Knie.
»Das dürfte reichen«, stellte Suko fest.
»Genau.«
Es war alles gesagt worden. Wir mussten nur raus aus dem Bus. Sehr bald und sehr schnell.
Beide zogen wir unsere Waffen. Suko öffnete die Seitentür zuerst. Er verließ den Wagen an der Fahrerseite. So würde man sich auf ihn konzentrieren.
Ich nahm die andere Tür und hörte, kaum dass ich den Boden erreicht hatte, Suko’s Stimme.
»Das reicht!«
Zwei Sekunden später war ich an der Reihe. »Wer sich falsch bewegt, der ist tot!«
***
Gangster können noch so abgebrüht sein, letztendlich sind sie doch nur Menschen. Und genau das passierte hier. Sie waren Menschen, und sie reagierten so. Sie schienen auf dem schmutzigen Betonboden festgefroren zu sein, denn es gab keinen, der sich bewegte. Sie alle schauten nach vorne oder zur Seite, je nachdem wie sie standen, denn sie wollten diejenigen sehen, die sie angesprochen hatten.
Der Hundesohn, der zugeschlagen hatte, stand noch vor seinem Opfer. Leicht gebückt, die Arme nach vorne gestreckt, sah er aus, als wollte er die Verletzte jeden Augenblick in die Höhe ziehen. Aber er war durch uns überrascht worden und tat erst mal nichts.
»Weg von der Frau und Hände in die Höhe!«, fuhr ich ihn an.
Er schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich war er schwer von Begriff. Der Bulgare griff ein.
»Tu, was er gesagt hat!«
Da bewegte sich der Kerl. Er stemmte sich langsam hoch, begleitet wurde die Aktion von einem Knurren.
Suko kümmerte sich um den zweiten Bodyguard, einen Mann mit dunklen, langen und fettigen Haaren. Er trat hinter ihn und presste ihm die Mündung der Beretta in den Nacken. »Ich hatte das Gefühl, dass du Ärger machen wolltest. Hüte dich. Auch dein Hals hält keine Kugel aus.«
Ein Schnaufen war die Antwort – aber es gab einen anderen Mann, der sprach. Das war Otto Bukov, der seinen ersten Schock überwunden hatte und sich auf mich konzentrierte.
»Wer sind Sie?«
»Mein Name ist John Sinclair. Mein Partner heißt Suko, und wir mögen es nun mal nicht, wenn man mit Menschen handelt.«
Bukov gab keine Antwort. Ein guter Schauspieler war er auch nicht, denn ich sah ihm an, dass es hinter seiner Stirn arbeitete. Er überlegte krampfhaft und ließ mich dabei nicht aus den Augen. Sein Blick wies auf etwas Bestimmtes hin, und ich sah nicht mal Feindschaft in den Augen, nur einen mehr nachdenklichen Ausdruck.
»Ja, ich glaube, dass ich Bescheid weiß«, sagte der Bulgare schließlich.
»Worüber?«
»Ich habe eure Namen schon mal gehört!« Er fing an zu kichern. »Von einer Konkurrenz will ich nicht sprechen, aber Freunde können wir auch nicht werden.«
»Das denke ich auch.«
»Ihr seid Bullen, nicht?«
»Sind wir.«
» Sorry , die Herren Polizisten.« Er deutete eine Verbeugung an. »So ist es besser, nicht?«
»Ich denke schon.«
»Scotland Yard?«
»Richtig.«
Bukov breitete die Arme aus. »Da müsste ich mich ja geehrt fühlen, dass man euch zu mir geschickt hat. Aber ich kenne den Grund nicht. Was habe ich mit Scotland Yard zu tun? Ich habe mich keines Vergehens schuldig gemacht, muss ich sagen.«
»Was ist mit den jungen Frauen hier?«
»Alles Freundinnen, denen ich eine Chance hier in London geben will. Ich will mein Geschäft erweitern. Mein Heimatland ist Mitglied in der EU geworden, und da können sich für einen Geschäftsmann bestimmt noch weitere Türen öffnen.«
»Für den Menschenhandel.«
»Wieso?«
»Stellen Sie sich nicht so blöd an. Sie haben die Frauen hergeholt, um Sie auf den Stich zu schicken. Ich...«
Sein Lachen stoppte mich. »Glauben Sie das wirklich?«
»Sonst hätte ich es nicht gesagt.«
Bukov lachte erneut, und diesmal klang seine Lache noch sicherer. »Was erzählst du nur für einen Schwachsinn, Mann? Nein, hier laufen die Dinge anders. Diese jungen Frauen erhalten bei mir eine Ausbildung. Sie werden in meinen Unternehmen arbeiten. Ich habe sie auch nicht schwarz über die Grenze geschafft. Es ist alles legal geschehen. Ihre Papiere befinden sich in meinem Besitz. Es gibt auch die entsprechenden Aufenthaltserlaubnisse für sie. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen alles zeigen, und dann werden Sie sich entschuldigen müssen.«
Der Ablauf hatte mir nicht gefallen. Wenn wirklich alles so stimmte, was er da gesagt hatte, dann lagen in meiner Hand schlechte Karten. Dann war er aus dem Schneider.
Ich nickte ihm zu. »Sie
Weitere Kostenlose Bücher