Ein Engel fuer Emily
sich. »Ich möchte, dass du in einer Stunde diese Wohnung verlassen hast.« Es kostete sie große Anstrengung, die Selbstbeherrschung nicht zu verlieren, als sie auf die Terrasse ging. Dort setzte sie sich auf einen Stuhl, verschränkte die Arme und wartete.
Sie wusste selbst nicht, wie lange sie so da gesessen hatte, als sie das Wasser in der Dusche rauschen hörte. Nach einer Weile wurde es wieder still, und sie wusste, dass Michael vor dem Spiegel stand und sich rasierte. Unter gar keinen Umständen wollte sie darüber nachdenken, was er über ihre Einsamkeit gesagt hatte oder darüber, wie ihr Leben ohne ihn sein würde.
Nach einer Weile rumorte er in der Küche hemm und kam schließlich auf die Terrasse, ließ sich auf den Stuhl neben ihr fällen und stellte etwas auf den kleinen Tisch, der zwischen ihnen stand. Sie hatte nicht die Absicht, ihn oder das, was er mitgebracht hatte, anzusehen.
»Ich habe einen Tee für dich«, sagte er leise. »Mit Milch, wie du ihn magst, und ein paar von den Butterdingern, die wir gestern hatten. Wie nennt man die?«
»Croissants«, antwortete sie. »Hast du gepackt?«
»Nein, ich gehe nicht weg.«
Sie drehte ihm ihr Gesicht zu und funkelte ihn wütend an. Er sah frischer und sauber aus, nachdem er sich rasiert hatte, aber in seinen Augen sah sie nicht nur die Qualen, die ihm der Kater bereitete, sondern auch eine Traurigkeit, deren Ursprung sie lieber nicht ergründen wollte.
»Wenn du nicht gehst, liefere ich dich der Polizei aus.«
»Nein, das tust du bestimmt nicht.« Er trank einen Schluck von seinem Tee. »Emily, ich weiß, dass du dir nicht eingestehen willst, wer oder was ich bin, aber das ändert nichts an den Tatsachen. Ich bin ein Engel. Nein ... ich bin dein Engel, und ich weiß besser als du, was du willst. Im Moment bist du ziemlich durcheinander. Du scheinst dich zu uns beiden, zu mir und diesem Mann, hingezogen zu fühlen, und du kannst dich nicht entscheiden, welchem von uns du den Vorzug geben sollst.«
Mit dieser Feststellung nahm er ihr den Wind aus den Segeln. »Wenn du kein Engel bist, bist du ein Verbrecher. Wie auch immer - du bist nicht der Mann, den ich ... den ich brauche.«
»Das weiß ich«, erwiderte er sanft und sah sie mit einem so schmerzlichen Blick an, dass sie sich abwandte. »Das weiß ich besser als du. Sobald mir klar ist, was dich bedroht, werde ich wieder abberufen. Und soweit ich weiß, wirst du dich dann nicht mehr an mich erinnern.« Er nahm einen Schluck von seinem Tee. »Ich habe das Böse gefunden.«
»Erzähl mir davon - ich bin wirklich gespannt. War es das Glücksspiel, der Whiskey oder die Männer, die sich gegenseitig ins Gesicht schlagen?«
»Es ist Donald.«
Emilys schlechte Stimmung verflog, und sie brach in schallendes Gelächter aus. »Das ist der beste Witz, den ich je gehört habe. Donald hat jeden Grund, böse zu sein. Schließlich bin ich mit ihm verlobt. Aber deine Eifersucht ist einfach lächerlich.«
»Er hat das Böse mitgebracht.«
»Na klar«, erwiderte sie. »In seiner Gesäßtasche, stimmt’s? Oder vielleicht in seinem Aktenkoffer.«
»Ich habe nicht behauptet, dass dein geliebter Donald böse ist, ich habe nur gesagt, dass es mit ihm gekommen ist. Das drohende Unheil hat etwas mit ihm zu tun. Diese Bombe an deinem Wagen ... diese Tat kam irgendwie durch ihn zu Stande.«
»Darf ich dich daran erinnern, dass das ein Anschlag auf dich sein sollte?«
»Nein, nicht auf mich - das habe ich dir von Anfang an gesagt. Die Männer, die die Bombe installiert haben, haben irgendwie erfahren, wo du bist, und sie hielten die Gelegenheit für günstig, dich ein für alle Mal loszuwerden. Sie wussten, dass das FBI dich befragt hat, und dachten, dass sie sich ein bisschen Luft verschaffen könnten, wenn sie dich beseitigen.«
Emily runzelte die Stirn. »Das alles macht keinen Sinn. Ich bin keine Königliche Hoheit, und mein Aufenthaltsort wird nicht im täglichen Hofbericht bekannt gegeben. Ich bin nicht einmal im Fernsehen zu sehen wie Donald, also ...« Sie sah auf. »Diese Sendung, die Donald an dem Wochenende moderiert hat. Das hätte ich bei all dem Chaos beinahe vergessen. Er hat mir einen Engel verliehen ...«
" Was?" Michael presste die Lippen zusammen. Es war nicht zu übersehen, dass ihm die Lautstärke, mit der er diese Frage geäußert hatte, Kopfschmerzen verursachte.
»Könntest du vielleicht für eine Sekunde deine Eifersucht vergessen? Der Sender, in dem Donald arbeitet, hat mich mit einem
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