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Ein Engel fuer Emily

Titel: Ein Engel fuer Emily Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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stand vor ihr und musterte sie mit einem lodernden Blick. Sie war schön und perfekt geschminkt wie die Darstellerinnen in den Seifenopern und trug ein rotes Kostüm, das, wie Emily dachte, auf ihre üppigen Kurven zugeschnitten worden sein musste.
    »Sind Sie taub?«, herrschte die Fremde sie an. Erst jetzt entdeckte Emily die Pistole in der Hand ihrer Besucherin.
    »Ich ...«, begann Emily, mehr fiel ihr nicht ein. Kleinstadtbibliothekarinnen wurden gewöhnlich nicht mit Waffen bedroht.
    »Mike!« Die Frau kam mit ausgestreckter Waffe näher. »Wo ist Mike?«, kreischte sie, als würde sie Emily wirklich für taub halten.
    »Zu Hause«, antwortete Emily mit gepresster Stimme.
    »Bei Ihnen zu Hause?« Die Dunkelhaarige taxierte Emily von oben bis unten und verzog die perfekt geformten Lippen zu einem höhnischen Grinsen.
    Ich glaube, ich habe in meinem ganzen Leben zusammengenommen noch nicht so viel Lippenstift aufgetragen wie diese Person auf einmal, ging es Emily unpassenderweise durch den Kopf.
    »Sie sind ganz anders als seine anderen Flittchen«, stellte die Frau fest. »Aber Mike experimentiert gern.« Sie schaute sich um. »Man kennt einen Mann nie durch und durch, nicht? Mike mochte immer das wilde Leben -Glücksspiel, Töten, Blut und Geld. Sie kennen sicher diese Typen.«
    Emily lächelte matt. »In Greenbriar gibt es nicht allzu viele davon.«
    Die Fremde zögerte einen Moment, dann lächelte sie. »Sie sind nicht wie die anderen, oder?« Sie ließ sich mit einem Seufzen auf den einzigen Stuhl im Büro fallen und rieb sich ihren linken Knöchel. Ihre relativ großen Füße waren in hochhackige rote Sandalen gezwängt - solche Schuhe hatte Emily bisher nur in einem Buch mit dem Titel Fetische gesehen.
    »Erzählen Sie mir von Mike und Ihnen?«
    Obwohl sich die Frau zu entspannen schien, hielt sie die Waffe fest in der Hand, und als Emily in ihrer Nervosität einen Papierstapel auf den Boden warf, zielte die Fremde sofort wieder auf Emilys Kopf.
    »Ich ... ich habe ihn mit dem Auto angefahren«, brachte Emily heraus, obwohl ihre Kehle entsetzlich trocken war. »Und danach hat er Sie reingelegt. Was hat er gemacht? Ihnen gedroht, zur Polizei zu gehen, wenn Sie nicht tun, was er verlangt?«
    »Ja«, bestätigte Emily überrascht. »Genau das hat er getan.«
    »Hm, ich war nicht sicher, ob er es ist, aber jetzt weiß ich es genau. Und welche Lügengeschichte hat er Ihnen vorgebetet? Dass er unschuldig ist natürlich, aber ansonsten hat er ein großes Repertoire, auf das er zurückgreifen kann - zum Beispiel gibt er sich gern als Schreibmaschinenvertreter aus. Das ist meine Lieblingsgeschichte. Damit erntet er viel Mitgefühl. Jede Frau, die einen Computer besitzt, bedauert ihn von Herzen. Was hat er Ihnen erzählt, um bei Ihnen Unterschlupf zu finden?«
    »Er behauptet, er sei ein Engel», hörte sich Emily selbst sagen.
    »Verdammte Hölle«, hauchte die Fremde. »Das ist neu. Sind Sie darauf reingefallen?»
    »So ziemlich«, erwiderte Emily mit einem vorsichtigen Lächeln.
    Die Frau kniff ihre professionell geschminkten Augen zusammen und starrte Emily eine Weile sprachlos an. Schließlich sagte sie: »Mein Vater hat immer gesagt, dass Bildung bei Mädchen reine Verschwendung wäre. Ich schätze, er hatte recht, wenn Sie all diese Bücher gelesen haben und trotzdem einem Killer wie Mike glauben, dass er ein Engel ist.« Sie beugte sich vor. »Wie hat er erklärt, dass er keine Flügel hat? Oder sind ihm welche gewachsen?« Dieser Gedanke schien sie so sehr zu amüsieren, dass sie lauthals loslachte und ihre unnatürlich weißen und regelmäßigen Zähne zeigte.
    »Wirkliche Engel haben keine Flügel«, erklärte Emily mit einer Gelassenheit, die sie selbst in Erstaunen versetzte. Aber was konnte ihr jetzt noch Schlimmeres passieren? In den letzten Tagen hatte sie es mit Gespenstern, Engeln und einer Autobombe zu tun gehabt. »Haben Sie vor, mich umzubringen?«, fragte sie.
    »Nein.« Die nächtliche Besucherin schien empört zu sein, dass Emily ihr so etwas zutraute. »Ich will nur, dass Sie mich zu Mike bringen, damit ich ihn den Cops übergeben kann.«
    »Aber er ist Ihr Mann«, warf Emily ein.
    »Haben Sie schon mal mit einem Kerl zusammenge-lebt, der Nektar für jedes weibliche Wesen unter neunzig ist? Sogar kleine Mädchen fliegen auf ihn.«
    »Sie stürmen auf ihn zu und setzen sich auf seinen Schoß«, murmelte Emily.
    »Richtig. Und ich musste mit ansehen, wie auch die Fünfundzwanzigjährigen auf

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