Ein Engel mit kleinen Fehlern
Hilfe."
"Hm ..."
"Er ist Ihr V-Mann."
Gabriel legte die Füße aut den Schreibtisch. "Das könnte ich Ihnen selbst dann nicht sagen, wenn ich es wollte."
"Hören Sie", begann Rae. "Er schuldet seiner Frau den Kindesunterhalt für zwei Jahre. Ich will ihm nur die Vorladung überbringen, dann komme ich Ihnen nicht mehr in die Quere."
Gabriel ließ sich nicht anmerken, was er davon hielt. In seinem Beruf hatte er schon Schlimmeres erlebt. "Tut mir Leid."
"Tut mir leid?" wiederholte sie. "Ist das alles, was Sie dazu zu sagen haben?"
"Es ist alles, was ich dazu sagen kann."
"Das nehme ich Ihnen nicht ab, Detective. Nennen Sie mir nur einen Grund, weswegen Ihr Fall wichtiger ist als die verzweifelte Lage einer Frau und ihrer drei Kinder ..."
"Er ist es."
"Warum?"
"Weil ich es sage", knurrte er gereizt, weil er sich gegen sein schlechtes Gewissen wehrte. Aber es ließ sich nicht unterdrücken.
"Ich will Peter Smithfield", sagte sie ebenso unfreundlich.
"Sie kriegen ihn aber nicht." Er lächelte. "Übrigens, Sie haben ihr Juwel verloren."
"Wie bitte?"
Er tippte auf ihren Bauchnabel, den vor kurzem noch der Saphir geziert hatte. "Ihr Juwel. Wahrscheinlich ist er an Smithfield hängen geblieben, als Sie sich mit ihm auf dem Boden gewälzt haben."
Rae war ungemein stolz auf sich, als sie es schaffte, weder zurückzuzucken noch lustvoll aufzustöhnen. Sie spürte die kurze Berührung noch, obwohl seine Hand längst wieder auf dem Schreibtisch lag.
Trotzig hob sie das Kinn, um das Verlangen zu bekämpfen, das in ihr tobte. "Denken Sie doch, was Sie wollen", sagte sie.
"Wir sprechen uns wieder, sobald ich Smithfield gefunden habe."
Seine Augen verengten sich. "Wenn Sie unsere Ermittlungen behindern, muss ich Sie festnehmen."
"Was Sie nicht sagen, Detective."
Sie glitt vom Schreibtisch, und die Anmut, mit der sie es tat, lenkte alle Blicke im Revier auf sie.
Gabriel seufzte. Als sie mit schwingenden Hüften durch die Tür verschwand, beschlich ihn das seltsame Gefühl, dass sie etwas von ihm mitgenommen hatte.
Gedankenverloren griff er nach ihrer Karte und schnupperte daran. Wildblumen und ... pure Weiblichkeit. Er atmete den Duft tief ein.
"MacLaren!"
Hastig sah er über die Schulter. Captain Petrosky stand in der Tür seines Büros und winkte ihn zu sich. Gabriel nahm die Füße vom Schreibtisch und schlenderte durch den Raum.
"Machen Sie die Tür zu", sagte der Captain.
Petrosky ließ sich in seinen zerschlissenen Chefsessel fallen und legte die Beine hoch. Sein rasierter Kopf glänzte im Deckenlicht.
"Das war also Ray Boudreau."
"Rae", sagte Gabriel. "R-A-E. Sie will Peter Smithfield eine Vorladung übergeben. Kindesunterhalt."
Der Captain schnaubte. "Wir haben jemanden ganz oben in der Stadtverwaltung, der in das illegale Glücksspiel verwickelt ist. Er ist schlau und mächtig. Der Typ hat sein politisches Amt benutzt, um sich über das Gesetz zu stellen. Ich werde ziemlich sauer sein, wenn irgendein übereifriger Kurier uns diesen Fall verdirbt."
Gabriel lächelte. "Wir wollen nicht, dass Sie sauer sind, Sir.
Aber sie ist ein Profi und sehr entschlossen. Wenn wir ihr die Situation erklären ..."
"Nein. Wenn von unseren Ermittlungen etwas durchsickert, können wir den Fall vergessen. Sie erzählen Boudreau nichts.
Sie erzählen niemandem etwas."
"Sie wird uns in die Quere kommen."
Petrosky sah ihn an. "Ich mache Sie für diese Frau verantwortlich, MacLaren. Sie werden dafür sorgen, dass sie uns nicht stört.
Sie werden sie nach ihm suchen lassen, wenn Sie ihn nicht finden. Ist das klar?"
Gabriel fühlte plötzlich eine schwere Last auf den Schultern.
"Ja, Sir."
Leise fluchend verließ er das Büro. Es wäre so schon hart gewesen, sie zu vergessen, jetzt würde sie ihm vermutlich den Verstand rauben. Er begehrte sie. Er wollte sie kennen lernen.
Wollte herausfinden, ob sie das hielt, was ihre Augen versprachen.
"Die Frau ist nichts als Ärger, MacLaren", murmelte er.
"Großer Ärger."
Dennoch mischte sich so etwas wie Vorfreude in seine Frustration. Er würde sie wieder sehen. Der Gedanke machte ihm etwas bewusst, von dem er gar nicht gewusst hatte, dass es in ihm existierte. Aber es war da, und es gehörte ihr. Nur ihr.
Das beunruhigte ihn. Es beunruhigte ihn zutiefst. Er war jetzt fünfunddreißig und hatte geglaubt, sich genau zu kennen. Aber einige Minuten in Raes Gesellschaft reichten aus, sein Bild von sich selbst auf den Kopf zu stellen, und er hatte nicht die leiseste
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