Ein Erzfeind zum Verlieben
Wunder bei einem rauen Hals.«
»Es geht mir ausgezeichnet, Whit, wirklich.«
Aber es würde ihr gar nicht gut ergehen, wenn die Familie und die Dienstboten den Eindruck gewannen, dass sie sowohl verletzt als auch krank war. Und da Whit sie ansah, als würde er ernsthaft Schwindsucht in Betracht ziehen, holte sie tief Luft und – sie konnte einfach nicht anders – räusperte sich zum vierten Mal.
»Ich möchte mich für mein Benehmen in der Bibliothek entschuldigen«, sprudelte sie hervor. »Du warst – bist – sehr nett zu mir, und anstatt dir zu danken, wie ich es hätte tun sollen« – habe ich dir mit dem Gehstock deiner Ururgroßmutter Schläge angedroht, dachte sie und wand sich innerlich –, »war ich unentschuldbar feindselig. Körperliches Unbehagen lässt mich reizbar werden, und ich gebe zu, dass mir mein Knöchel einige Schmerzen bereitet. Das soll keine Rechtfertigung sein, ich …«
»Schon gut, Kobold. Entschuldigung angenommen.«
Nach kurzem Schweigen fragte sie: »Das ist alles?«
»Was hast du denn noch erwartet?«
»Nun, ich dachte, du würdest es ausnutzen«, erwiderte sie eine Spur überrascht.
»Vor einigen Tagen hätte ich das vielleicht getan«, gab er zu. »Aber wir haben eine Abmachung, falls du dich erinnerst. Gibt es einen besonderen Grund, warum du mir das erst jetzt gesagt hast?«
Sie hätte sich schrecklich gern anders hingesetzt. »Ich wollte dir keinen Anlass geben, mich daheim zu lassen.«
»Für gewöhnlich beantworte ich eine Entschuldigung nicht mit Boshaftigkeiten«, sagte er leicht indigniert.
»Natürlich nicht«, stimmte sie eilig zu. »Aber ich war mir auch nicht sicher, ob du mich mitkommen lassen würdest, wenn ich zugebe, dass ich Schmerzen habe.«
»Und da hast du entschieden, dein Gewissen erst dann zu erleichtern, wenn wir uns in sicherer Entfernung von Haldon Hall befinden?«
Jetzt rutschte sie tatsächlich auf ihrem Sitz herum. »Mehr oder weniger.«
Er nickte. »Das dachte ich mir.«
Verstohlen blickte sie zu ihm hinüber. »Dann bist du nicht böse?«
»Nein. Ich bin sogar ganz froh, dass du dich auf eine Weise verhalten hast, die eine Entschuldigung erforderlich machte.«
»Wie bitte?«
»Ich habe nämlich selbst eine Entschuldigung vorzubringen«, erklärte er. »Und nachdem ich deine so großzügig, so selbstlos, so …«
»Ich habe dich schon ganz gut verstanden, Whit.«
»… so wohlwollend angenommen habe«, fuhr er fort, »bleibt dir kaum etwas anderes übrig, als bei mir dasselbe zu tun, da du sonst Gefahr laufen würdest, neben mir kleinlich und rachsüchtig zu wirken.«
»Das ist eine verquere Logik.«
»Aber durchaus vernünftig, wenn man sich die Zeit nimmt, sie nachzuvollziehen.«
»Und unwiderlegbar, wenn man dazu keine Lust hat – was, wie ich zugeben muss, in meinem Fall zutrifft.« Sie wandte sich ihm zu, um ihn anzusehen. Jetzt, da sie ihre Entschuldigung hinter sich gebracht hatte, fiel es ihr nicht mehr so schwer, ihm in die Augen zu sehen. »Wofür könntest du dich denn zu entschuldigen haben?«
»Dafür, dass ich dich dazu gebracht habe, Kate auszuspionieren«, antwortete er mit plötzlichem Ernst. »Das war schlecht von mir.«
»Ja«, stimmte sie ohne jeden Zorn zu. »Das war es wirklich.«
»Ich bedaure es.«
Ein kleines Lächeln zuckte um ihre Lippen. »Tut es dir erst jetzt leid, nachdem sich herausgestellt hat, dass es unnötig war?«
»Ich erinnere mich nicht daran, dass ich dich gebeten hätte, deine Entschuldigung näher auszuführen«, meinte er ausweichend und widmete dem Fahren plötzlich beträchtlich mehr Aufmerksamkeit.
»Du hast gefragt, warum ich mit meiner Entschuldigung gewartet habe«, bemerkte sie.
»Erst nachdem ich sie angenommen hatte.«
»Du hast recht«, lachte sie und lehnte sich wieder in die Kissen. »Und es spielt jetzt ohnehin kaum mehr eine Rolle. Die Entschuldigung ist angenommen, Whit. Aber wir sollten vielleicht nicht damit anfangen, uns wegen jeder Missetat der Vergangenheit zu entschuldigen. Dann würden wir nämlich von nichts anderem mehr sprechen.«
»Das hat etwas für sich.« Er dachte ein wenig darüber nach. »Vielleicht sollten wir übereinkommen, uns nicht mehr für Vergehen zu entschuldigen, die vor der Abendgesellschaft stattgefunden haben.«
»Muss ich mich dann dafür entschuldigen, dass ich dich bei deiner Mutter in Schwierigkeiten gebracht habe?« Sie grinste ihn an. »Denn das tut mir nicht leid.«
»Es hätte dir schon noch leidgetan«, versicherte er
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