Ein Erzfeind zum Verlieben
Lord Osborn spreche, nehme ich an?«
»Nein, ich möchte, dass Sie die Bekanntschaft des Urhebers machen. Mit diesem Geldschein wurde eine sehr große, sehr alte Schuld von Baron Eppersly beglichen.« William beugte sich vor, und klopfte zweimal mit dem Finger auf den Tisch. »Dort endet die Spur, und ich glaube, dass sie dort auch beginnt.«
Whit rief sich das wenige ins Gedächtnis, was er über seinen Nachbarn wusste, Mirabelles Onkel. Lord Eppersly war so etwas wie ein Freund seines Vaters gewesen. Ihre Nachbarschaft und ihre gemeinsame Liebe zur Jagd hatten die beiden Männer durch Zufall zusammengebracht, und durch ihre Liebe zum Alkohol hatte die Tatsache, dass sie ansonsten nur wenig gemeinsam hatten, an Bedeutung verloren.
Verwegen, charmant und selbstsüchtig bis ins Mark, war Whits Vater ein Mann gewesen, der die Aufmerksamkeit der vornehmen Welt ebenso genossen hatte wie die der Damen der Halbwelt. Er hatte für den nächsten Ball gelebt, die nächste Gesellschaft, den nächsten Skandal.
Lord Eppersly hingegen war zu unansehnlich, zu begriffsstutzig und zu wenig beredt, außerdem von zu geringem Rang und Wohlstand, als dass er für die feine Gesellschaft interessant gewesen wäre. Diese Gleichgültigkeit beruhte nach Whits Eindruck auf Gegenseitigkeit. Der einzige Versuch des Mannes, gesellschaftlichen Umgang zu pflegen, konzentrierte sich zurzeit auf eine ausgewählte Gruppe von Freunden, die sich ein- oder zweimal im Jahr auf seinem Besitz zusammenfanden. Wenn man den Gerüchten Glauben schenken durfte, taten die Männer kaum etwas anderes, als zu essen, zu trinken und Jägerlatein zum Besten zu geben.
Whit wusste, dass das Personal tuschelte, Lord Eppersly sei in den letzten Jahren so auffallend fett und träge geworden, dass er gar nicht mehr wirklich jagte, sondern lieber in einem stabilen Polstersessel auf dem Rasen saß und wahllos auf jedes bedauernswerte Tier schoss, das ihm in die Schusslinie kam.
Er legte den Geldschein auf den Tisch. »Das kann unmöglich Ihr Ernst sein.«
William sah ihn stirnrunzelnd an. »Ich versichere Ihnen, es ist mein Ernst. Ich habe gehört, der Mann sei ein Musterbeispiel für Maßlosigkeit.«
»Beim Essen und Trinken«, sagte Whit verächtlich. »Nicht beim Verbrechen.«
»Dann haben Sie gewiss eine Erklärung dafür, dass er einen gefälschten Geldschein besitzt, nehme ich an?«
»Ich vermute, dass er ihn auf die gleiche Weise erhalten hat wie Mr Maver und Lord Osborn.«
»Finden Sie den Beweis dafür. Ich möchte, dass Sie seine Jagdgesellschaft besuchen …« William hob die Hand, um einem Einwand zuvorzukommen. »Der Baron ist kein Mensch, der auf Hilfsbereitschaft Wert legt. Unschuldig oder nicht, wir werden geschickt vorgehen müssen.«
»Mit einer List.«
William zuckte die Achseln. »Wenn Sie so wollen. Haben Sie dagegen plötzlich eine Abneigung entwickelt?«
»Nein, aber ich frage mich, ob eine List in diesem Fall notwendig wäre. Es mag ihm zwar nicht gefallen, wenn ich ihm Fragen stelle, aber wenn das bedeutet, dass er von dem Verdacht eines Verbrechens reingewaschen wird, kann ich mir nicht vorstellen, dass er die Antwort verweigern wird.«
»Das hat er auch nicht getan. Er sagt, er habe den Geldschein von jemand anderem …«
»Nun, da haben Sie es.« Whit machte eine abschätzige Handbewegung. »Genau, was ich …«
»Er behauptet, dieser Jemand sei der Herzog von Rockeforte gewesen.«
Er ließ die Hand sinken. »Ah.«
»Er ist entweder ein Idiot – was die Frage aufwirft, wie er dann die Fälschungen herstellen konnte –, oder er ist einfach verwirrt. Ich möchte, dass Sie herausfinden, was von beidem zutrifft. Die Jagdgesellschaft beginnt Ende der Woche.«
»Ich bin nicht eingeladen. Ich kann dort wohl kaum einfach vorbeischauen …« Beim Anblick eines Umschlags mit dem Siegel von Baron Eppersly verstummte er. »Woher zum Teufel haben Sie das?«
»Ich habe den Brief aus Ihrer Post gestohlen«, gab William ohne die leiseste Scham zu. »Offenbar ist der gute Baron ein Gewohnheitstier, oder aber sein Sekretär ist es. So oder so, in den letzten zehn Jahren hat er stets die gleichen Einladungen an dieselben Leute verschickt.«
»Es war eine Einladung für meinen Vater.«
»Es ist eine Einladung«, sagte William langsam, »für den Grafen von Thurston.«
»Eppersly wird es wahrscheinlich bestreiten.«
»Das bezweifele ich. Zu viel Mühe für ihn. Aber nehmen Sie die Einladung an, und dann sehen wir weiter.«
Whit nickte. »Was
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