Ein Fall für Al Wheeler
Sherry auf mich zu und preßte ihr bezauberndes Gewicht gegen mich.
»Ich habe dich seit dem
Frühstück nicht mehr gesehen«, murmelte sie. »Hast du mich so sehr vermißt , daß du ins Büro kommen mußtest ?«
»Es tut mir schrecklich leid,
dich enttäuschen zu müssen, Süße«, sagte ich bedrückt. »Aber du warst nicht der
Grund. Tatsache ist, daß ich auf Sarah Arkright scharf bin — und wie! Wir wollen miteinander durchbrennen und in Chicago eine
Kneipe eröffnen. Ich habe einen Freund, der in einer Badewanne ein
erstklassiges Gesöff aus sauren Äpfeln und dem Bodensatz von Konservenbüchsen
herstellt. Wir haben es geschafft, Sarah und ich !«
»Was? — Das Badewannengesöff ?« fragte Sherry kalt.
Sie wich geschickt zurück und
ließ mich mit einem Stapel Schnellheftern im Arm stehen. Ich blickte
hoffnungsvoll auf sie hinab und fragte mich, ob wohl unter diesen hübschen
weißen Hüllen ein Kinsey-Report verborgen läge.
»Habe ich alles, was ich
brauche ?« fragte ich.
»Beinahe alles«, sagte Sherry trocken.
»Zumindest für bestimmte Mädchen. Ich persönlich fliege mehr auf einen etwas
anderen Typ... Oh, du hast von den Bogen gesprochen? Ja, du hast alle .«
»Tausend Dank«, sagte ich.
Aus dem Arkrightschen Büro drang plötzlich Lärm heraus — Sarahs dünne Stimme hob sich zu einem
Crescendo, gefolgt vom Klirren einer zerschmetternden Vase.
»Es klingt ganz so, als ob
Jacob dort drinnen nicht recht zu Rande käme«, bemerkte ich. »Wer ist überhaupt
der Boss dieses Klubs hier, er oder sie? Oder sind sie gleichberechtigte
Partner ?«
»Sie teilen fünfzig Prozent der
Einkünfte zwischen sich«, sagte Sherry beiläufig. »Die anderen fünfzig Prozent
gehören einem stillen Teilhaber. Ich kenne ihn nicht — er kommt nie ins Büro .«
»Ein Partner, der nicht nur
still, sondern auch unsichtbar ist.« Ich war beeindruckt. »Politiker ist er
jedenfalls nicht .«
»Ich weiß nicht, was er ist .« Sherry gähnte wollüstig. »Er heißt Rovak .«
Ich warf ihr den schmelzenden
Ratenblick zu, der für gewöhnlich für die Geschäftsführer von
Finanzierungsgesellschaften reserviert war. Dann fiel mir ein, daß sie nicht am
Tisch gewesen war, als Dolores und ich ihn gestern nacht im Extravaganza gesehen
hatten. » Rovak ? Und sein Vorname ist Miles? Das würde
mich nicht wundern .«
»Du kennst ihn !« Sie blickte milde überrascht drein. »Wie ist er denn, Al ?«
»Ist das wahr ?« Ich starrte sie mißtrauisch an. »Er heißt Miles Rovak ?
Wirklich? Und ihm gehört die Hälfte dieses Klubs der einsamen Herzen ?«
Aus dem Arkrightschen Büro ertönte ein erneuter lauter Krach und wieder erhob sich Sarahs Stimme,
bittere Schmähungen ausstoßend.
»Hand aufs Herz — ich will
überall Schaumgummipolster tragen müssen, noch bevor ich dreißig bin, wenn ich
lüge«, schwor Sherry feierlich. »Wozu all dieses mißtrauische Gehabe, Al? Ist es so wichtig ?«
»Ich weiß es nicht, Süße«,
sagte ich ehrlich. »Aber möglich wäre es. Ich glaube, ich verziehe mich jetzt
besser mit diesen Unterlagen, bevor Sarah ihren Ehemann in die Pfanne gehauen
hat und herauskommt, um nach mir zu sehen .«
»Ich hoffe, sie behandelt ihn
nicht allzu scheußlich«, sagte Sherry. »Jacob ist ein netter kleiner Kerl —
meistens jedenfalls — , und ich mag alles an ihm, bis
auf diese Zigeunerhände, mit denen er die ganze Zeit über herumwuselt.« Sie zog
eine Grimasse. »Du weißt schon — sie sind so klamm ! «
»Himmel«, sagte ich mitfühlend,
»wenn ich solange mit Sarah verheiratet wäre wie er, so wären meine Hände auch
klamm — ebenso wie meine Gemütsverfassung .«
»Von Gemüt kann bei dir gar
keine Rede sein, Al«, berichtigte sie mich. »Du bist nichts als ein Bündel
Begierde mit Nervenenden, die eher einer Radaranlage gleichen. Ich werde dich
bei allen Klubs einsamer Herzen in Kalifornien auf die schwarze Liste setzen
lassen .«
»Weshalb ?« protestierte ich.
»Nur für den Fall, daß sie
vielleicht Empfangsdamen haben, die eine Konkurrenz darstellen könnten.« Sie
lächelte verschmitzt, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und begann, mit den
Hüften zu kreisen, wobei sich ihr enger Rock bis zur äußersten
Dehnungsmöglichkeit spannte. »Sieh zu, daß du eine Platte von diesem Bolero bekommst, Al«, sagte sie
träumerisch. »Ich habe mir bereits eine ganz neue Nummer ausgedacht !«
Ich nahm die Akten mit ins Büro
und stellte dort fest, daß der Sheriff beim Bürgermeister im
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