Ein Fall für Nummer 28
echt nicht gesehen. Tut mir leid.«
»Dein Mitleid kannst du dir sparen. Nimm lieber deine affige Sonnenbrille ab und sperr deine blöden Augen auf!«, schimpfte
Nadeshda.
Sie schnappte sich Bummbrett und eilte mit dem Hund auf dem Arm an dem fremden Jungen vorbei.
Doch der Junge rief ihr hinterher: »Hey, sag mal: Wohnst du hier?«
Nadeshda war zu überrascht, um nachdenken zu können, ob sie antworten sollte oder nicht. »Ja«, gab sie kurz angebunden zurück.
»Warum?«
»Oh«, kam es erfreut zurück. »Ich nämlich auch!«
Verdattert blieb Nadeshda stehen. Sie hatte überhaupt nichts von einem Umzug mitbekommen. Sie schaute zu dem Sonnenbrillenjungen
hoch. »Und wo wohnst du? Etwa im dritten Stock?«
»Genau!« Der Junge grinste fröhlich. »Seit gestern!«
Nadeshda stöhnte leise auf. Sie hatte sich so sehr gewünscht, es würde ein nettes Kind in die Wohnung im dritten Stock einziehen.
Warum musste es nun ausgerechnet so ein obercooler Sonnenbrillenjunge sein, der harmlose friedliche Hunde trat?
Da fielen ihr plötzlich die seltsamen nächtlichen Klopfgeräusche wieder ein. »Sag mal, wer macht bei euch nachts in der Wohnung
so komische Geräusche? So: Tock. Tocktock. Tocktocktock ...?«, rief sie.
Der Junge grinste plötzlich überhaupt nicht mehr. »Keine Ahnung. Da musst du dich wohl verhört haben.« Abrupt drehte er sich
um und stieg, sich am Geländer festhaltend, die Treppe hoch. Er tat das schneckenlangsam. Fast so, als hoffte er, Nadeshda
würde vielleicht noch irgendetwas zu ihm sagen. Aber da konnte er lange warten. Fünf Minuten später hatte sie den Jungen bereits
vergessen.
Nadeshda machte mit Opa Bahrenfelds Hund einen rasenden Schnellrundgang um den Häuserblock. Dann gab sie ihn eilig wieder
bei Opa Bahrenfeld ab. Schon im Treppenhaus hörte sie das Klingeln des Telefons. Otto!, dachte sie. Bestimmt war es Otto,
der Bescheidsagen wollte, dass er doch zu ihrem Geburtstag kommen würde. Sie flog nur so die Treppen hoch. Hastig schloss sie die Wohnungstür
auf und rannte zum Telefon. »Otto?«, rief sie atemlos in den Hörer. Doch am anderen Ende meldete sich eine Jungenstimme.
»Ach, du bist es, Gogo!« Nadeshda versuchte, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Bevor ihr Freund etwas sagen
konnte, fragte sie: »Was ist los? Warum rufst du an? Wo bleibt ihr denn? Los, kommt schnell rüber! Wir machen einen Detektivgeburtstag!
Mein Geburtstagskuchen wurde geklaut und wir müssen irre schwere Aufgaben lösen!«
»Einen Detektivgeburtstag? O nein!«, stöhnte Gogo.
Was hatte Gogo denn bloß gegen einen Detektivgeburtstag einzuwenden? Er hätte doch eigentlich vollkommen von den Socken sein
müssen! Aber es stellte sich heraus, dass Gogo gestöhnt hatte, weil er nicht kommen konnte.
»Poli-Kala hat den ganzen Kindergarten vollgespuckt. Sie befürchten, dass es ansteckend ist. Mama musste sie heute Vormittag
abholen. Und weil Mama jetzt unten im Restaurant ist, muss ich hierbleiben und auf Poli aufpassen. Und mein Geburtstagsgeschenk
für dich ist auch noch nicht fertig. Dafür brauche ich noch mindestens eine Woche. Wenn nicht noch länger.«
Das durfte doch alles nicht wahr sein! Mit wem sollte Nadeshda denn nun Geburtstag feiern?!
»Das geht nicht, Gogo, du musst unbedingt kommen! Ohne dich ist es doch überhaupt kein richtiges Fest.« Und sie hatte auch
schon eine geniale Idee, wie sie das Poli-Kala-Problem lösen konnten. Spucken konnte Poli-Kala schließlich überall. »Ich frage
Opa Bahrenfeld, ob er auf sie aufpasst! Der hat einen Knickfuß und geht heute bestimmt nicht mehr aus dem Haus.«
Keine Viertelstunde später hatten sie Poli-Kala mitsamt ihrem Kuscheltuch und einem Spuckeimer bei Opa Bahrenfeld abgegeben.
Bevor Opa Bahrenfeld noch komische Fragen wegen des Eimers stellen konnte, zogen sie eilig ab.
»Wir bringen euch nachher auch Kuchen mit!«, versprach Nadeshda. Dabei war sie im Moment nicht sicher, ob sie damit nicht
zu viel versprochen hatte. Denn wie sollten sie jemals den Geburtstagskuchen finden, wenn sie nicht einmal die erste Detektivaufgabe
lösen konnten?
Zaubertinte
Zusammen brüteten Gogo und Nadeshda in der Küche über dem weißen Blatt Papier, das in dem Umschlag gelegen hatte. Aber soviel
sie den Bogen Papier auch drehten und wendeten, sie wurden nicht schlau daraus.
»Als wenn jemand mit Zaubertinte etwas daraufgeschrieben hat!«, stöhnte Gogo.
Nadeshda fiel das Detektivhandbuch ein,
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