Ein Fall für Nummer 28
das sie zum Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Erst jetzt sah sie, dass in dem Kapitel
über Geheimschriften ein Lesezeichen steckte. Sie schlug das Buch auf. »Mensch, klar, die Nachricht ist mit Zitronensaft auf
das Papier geschrieben!«, rief sie.
Sie schaltete den Backofen auf die niedrigste Stufe ein und legte das weiße Blatt Papier auf die oberste Schiene, damit es
nicht zu heiß wurde. Fasziniert beobachteten sie, wie auf dem angewärmten Papier langsam die Schrift sichtbar wurde:
Super, die erste Detektivaufgabe habt Ihr geschafft! Nun kann es losgehen!
Von dem 1. Lösungswort: ZITRONE nehmt Ihr den 3. Buchstaben und tragt ihn auf dem Lösungszettel ein, der unter der Fußmatte im Hausflur liegt. Vergesst nicht, den Backofen
wieder auszuschalten!
Unter der Fußmatte fanden sie neben dem Lösungszettel auch einen Stadtplan und einen Umschlag mit weiteren Aufgaben.
»Puppenleicht«, behauptete Gogo und trug den ersten Buchstaben auf dem Lösungszettel ein.
Nun ging es kreuz und quer durch den gesamten Stadtteil, bis ihnen die Schuhsohlen qualmten. Sie mussten zum Bahnhof und sich
erkundigen, wohin der Intercity
Wolfgang Borchert
fuhr, sie mussten in die Bücherei, um herauszufinden, wie der Künstler hieß, der dort gerade seine Bilder ausstellte, und
sie mussten im Einkaufszentrum Mercado suchen, in welchem Geschäft man Teufelskrallentee kaufen konnte. Sie mussten in Erfahrung
bringen, wie das Schloss hieß, das vor vielen, vielen Jahren einmal am Elbhang gestanden hatte. Sie mussten im Zeise-Kino
fragen, welcher Film nächste Woche in der Kindervorstellung laufen würde. Sie mussten gucken, welches Spiel im Park vor dem
Altonaer Museum gespielt wurde, und ... und ... und ...
»Also langsam hab ich aber wirklich Hunger!«, beschwerteGogo sich, als Nadeshda den Umschlag mit der zehnten Aufgabe aufriss.
Nadeshda las ungerührt vor:
Jetzt habt Ihr eine kurze Pause verdient. Geht in den Floppi-Imbiss in der Arnoldstraße, bellt und macht Männchen!
(Von dem, was Ihr dort bekommt, wenn Ihr ordentlich gebellt habt: zweiter Buchstabe)
Nachdem sie mit hochrotem Kopf im Floppi-Imbiss gebellt und vom Imbissbesitzer zur Belohnung jeder eine Wurst bekommen hatten,
meinte Gogo: »Und du bist dir ganz sicher, Nadeshda, dass deine Mutter sich das alles ausgedacht hat?« Nadeshda nickte mit
vollem Mund.
Gogo schaute sie zweifelnd an. »Wann soll sie denn das alles gemacht haben? Und überhaupt: So etwas Verrücktes kann doch eigentlich
nur eurem Nachbarn Otto einfallen!«
Nadeshda biss schnell von ihrer Wurst ab und zuckte mit den Achseln. Sie wollte jetzt nicht über Otto reden.
Nach zwei weiteren Aufgaben war es endlich so weit. Atemlos trugen sie die letzten Buchstaben in die Kästchen ein. Der Lösungssatz
lautete:
SUCHT NEBEN OTTO ERNSTS APFELBAUM
Nadeshda und Gogo schauten sich ratlos an. Otto Ernst? »Kennst du jemanden, der Otto Ernst heißt?«, fragte Gogo. Nadeshda
schüttelte den Kopf. »Nö, bloß Otto Honig.« Mist, schon wieder Otto.
Gogo stöhnte: »Nun haben wir alle Aufgaben gelöst und es gibt immer noch keinen Kuchen ...! Und was machen wir jetzt?«
»Wir fragen mal die freundliche Buchhändlerin in der Buchhandlung Christiansen«, schlug Nadeshda vor. »Vielleicht kann die
uns helfen.«
Und tatsächlich: In der Buchhandlung kannte man Otto Ernst. »Welches Buch von ihm hättet ihr denn gern?«, fragte die Buchhändlerin.
Nadeshda schüttelte den Kopf. »Nein, nein, wir wollen kein Buch von Otto Ernst kaufen. Wir wollen nur wissen, wo sein Apfelbaum
steht.«
»Ja, aber wisst ihr das denn nicht?«, fragte die Buchhändlerin sehr erstaunt. »Der steht doch im Fischerspark. Genau gegenüber
vom Kinderspielplatz.«
Volltreffer! Wenn Otto Ernsts Apfelbaum im Fischerspark stand, dann musste dort auch irgendwo die Schatzkiste mit Nadeshdas
Geburtstagskuchen sein! Die Kinder stürzten aus der Buchhandlung und stürmten los.
Nadeshda kam als Erste beim Apfelbaum mit der Gedenktafel für Otto Ernst an. Suchend robbte sie durchs Gebüsch. Gogo folgte
ihr.
»Verflixt. Hier ist nix«, stellte Nadeshda nach kurzer Zeit fest.
Da hörten sie vom Weg her Poli-Kalas Stimme. Mit offensichtlich vollem Mund rief sie: »Was macht ihr denn da? Kommt doch mal
her! Guckt mal, was wir gefunden haben! Das glaubt ihr nicht: eine richtige echte Schatztruhe!!!«
Gogo und Nadeshda lugten aus dem Gebüsch hervor. Grinsend stand
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