Ein Fall für Perry Clifton
war ich der Annahme, daß Inspektor Long diesen Fall bearbeitet?“
„Long liegt im Krankenhaus. Hat mit seinem Auto einen kleinen Ausflug an eine Pappel gemacht. Sie müssen also mit mir vorliebnehmen.“
„Nichts, was ich lieber täte. Übrigens, mein Name ist Perry Clifton“, erwidert Perry zuvorkommend und erntet einen forschenden Blick des Inspektors.
Der weiß anscheinend, was er will, stellt Corner fest und findet, daß sein Besucher einen ganz passablen Eindruck macht.
„Darf ich zunächst einmal eine neugierige Frage stellen, Herr Inspektor?“
„Neugierige Fragen zu stellen ist an und für sich meine Aufgabe, junger Mann.“
„Selbstverständlich. Aber schließlich könnten Sie eine Ausnahme machen.“
„Könnte ich. Schießen Sie los. Aber ob ich Ihre Frage beantworte, kommt auf die Frage an.“
Perry mustert sein Gegenüber einige Atemzüge lang. Corner gibt den Blick ungerührt zurück. Jeder denkt sich seinen Teil.
„Wie weit ist Scotland Yard mit seinen Untersuchungen im Fall Kandarsky-Diamanten, Herr Inspektor.“
Um die Lippen des Inspektors huscht ein seltsames Lächeln. Und irgendwie ist Anerkennung in der Stimme, als er mit einer halben Gegenfrage antwortet.
„Genaugenommen geht Sie das nichts an. Aber ich muß zugeben, daß Sie ganz den Eindruck machen, als ob Sie diese Frage mit — nun sagen wir mai — , mit Berechtigung stellen könnten. Stimmt das?“
Perry ist sehr angenehm berührt. Er deutet die Worte als Kompliment und findet sie in Gedanken ganz eindrucksvoll.
„Die Silver-General-Versicherung hat mir ebenfalls gestattet, in dem Fall Nachforschungen anzustellen.“
„Aha. Ich kenne in London fast alle Privatdetektive. Von einem Perry Clifton habe ich noch nie gehört. Ich nehme infolgedessen an, daß Sie ein Amateur sind, wenn Sie mir dieses viel mißbrauchte Wort erlauben.“
„Ja, ich bin Amateur. Jeder Mensch muß irgendein Steckenpferd reiten“, gibt Perry zu.
„Sie hätten mir die Frage eben nicht gestellt, wenn Sie nicht schon Erfolge mit Ihren Nachforschungen aufweisen könnten, stimmt’s?“
Perry wehrt bescheiden ab. „Stimmt, aber ich war Ihnen gegenüber im Vorteil. In einem großen Vorteil, Herr Inspektor.“
Da Corner mit dieser Bemerkung nichts anfangen kann, runzelt er nur die Stirn, während er sehnsüchtig nach seiner Pfeife blinzelt.
„Pfeifenrauch stört mich nicht“, witzelt Perry, der den Blick des Inspektors aufgefangen hat.
„Danke. Mir scheint, Ihr Vorteil besteht in Gedankenlesen, Mister Clifton.“
Inspektor Corner stopft sich eine neue Pfeife. „Haben Sie eine Spur gefunden?“ fragt er dabei.
Perry Clifton zögert noch einen Augenblick. Dann greift er in seine Tasche. Mit dem alltäglichsten Gesicht der Welt legt er die Diamanten auf den Tisch.
„Darf ich Ihnen hiermit die Kandarsky-Diamanten aushändigen, Herr Inspektor?“
„Ist das ein Witz?“
Der Inspektor starrt wie hypnotisiert auf die Steine. Sogar das Pfeifenstopfen unterbricht er. Vorsichtig nimmt er die Steine in die Hand und läßt sie über seine Finger gleiten. Plötzlich sieht er Perry mit einem mißtrauischen Blick an.
„Sind die echt? Ich bin schließlich kein Edelsteinexperte.“
„Die sind so echt wie Sie und ich.“
„Das ist ein Witz“, bringt Corner fassungslos heraus. Und er ist selten fassungslos.
„Es ist kein Witz. Und auch das, was ich Ihnen noch zu berichten habe, ist alles andere als witzig.“
Inspektor Abraham Corner hat sich wieder in der Hand. Sachlich und nüchtern ist seine Stimme, als er jetzt zu Perry gewandt spricht:
„Gut, Mister Clifton, ich weiß zwar nicht, wie Sie es angestellt haben, an die Diamanten heranzukommen, aber mag es sein wie es will — meine Anerkennung. Wie wär’s mit Einzelheiten?“
Als Perry sprechen will, hebt er kurz die Hand. Mit einem Griff drückt er die Sprechtaste der Hausvermittlung nieder.
„Ich wünsche in der nächsten halben Stunde nicht gestört zu werden, Plenny!“ bellt er in das Mikrophon.
Und zu Perry blinzelnd: „Man muß ihnen ab und zu zeigen, wer der Herr im Hause ist.“
Perry denkt für sich: Ein toller Hecht, dieser Inspektor Corner.
Der Inspektor indessen setzt sein unterbrochenes Pfeifestopfen fort, und als die ersten Rauchwolken zur Decke kräuseln, lehnt er sich gemütlich zurück und macht eine einladende Handbewegung, die so viel heißen soll wie: Also, bitte, junger Mann, schießen Sie los. Und niemand sieht ihm an, daß er innerlich wie ein Flitzbogen
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