Ein Fall für Perry Clifton
wenig heiser fragt er:
„Mit anderen Worten, Sie wollen mir noch nicht sagen, was passieren wird? — Nun gut, ich weiß auch nicht, warum ich alter Esel Ihnen soviel Vertrauen entgegenbringe — aber es soll sein. Ich hoffe nur, daß Sie mich nicht enttäuschen werden.“
„Sie können auf mich zählen. Also dann — bis morgen früh um zehn Uhr.“
„Bis morgen früh um zehn Uhr.“
Der Inspektor und Perry Clifton haben sich erhoben. Noch ein Händedruck — und Perry läßt einen nachdenklichen Inspektor zurück.
Ein letztes Mal...
Es ist zehn Uhr und drei Minuten, als Perry Clifton Miß Perkins’ Zimmer betritt.
Er ist ebenso gekleidet wie am Vortag. Auch das Bärtchen klebt wieder unter seiner Nase.
Miß Perkins vergißt für einige Augenblicke das Atmen, als sie ihres Besuchers ansichtig wird. Dann stürzt sie mit einem zornigen „Sie sind’s wieder“ auf Perry zu.
„Still!!!“ zischt ihr dieser entgegen, und Miß Perkins weicht erschrocken vor Perrys blitzenden Augen zurück.
„Ich habe jetzt keine Zeit, Ihnen lange Erklärungen zu geben. Es tut mir leid, daß ich gestern nicht auf Sie warten konnte.“
Miß Perkins kämpft noch immer gegen ihren Schrecken an, als Perry sie leise fragt: „Wie spät haben Sie es?“
Widerwillig sieht Miß Perkins auf ihre Armbanduhr. „Zehn Uhr vier“, gibt sie, wütend über ihre Bereitwilligkeit, Auskunft.
„Dann wird es höchste Zeit“, murmelt Perry in sich hinein und sieht sich suchend im Zimmer um.
„Ich muß schon sagen...“
Mit einer energischen Handbewegung schneidet Clifton Miß Perkins das Wort ab.
„Hören Sie, Miß Perkins, es werden sich hier gleich so große Dinge ereignen, daß ich jetzt nicht mit Ihnen streiten kann. Wer ist bei Stanford?“
„Der Baron Kandarsky und zwei Beamte von Scotland Yard!“
Stanfords Sekretärin ist ein wenig blaß geworden. Furchtsam sieht sie ihren seltsamen Besucher an.
Und als sie Perry fragt, ob sie eine Tasse besitze, kann sie nur stumm nicken.
„Bitte, holen Sie eine Tasse Wasser von draußen!“ Das ist keine Bitte, sondern ein Befehl, das weiß Miß Perkins und wagt es doch, einen Einwand vorzubringen:
„Ich habe doch Wasser im Zimmer.“
„Bitte von draußen“, verlangt Perry Clifton kategorisch und zeigt mit dem Finger zur Tür.
Miß Perkins eilt erbost aus dem Zimmer.
Perry blickt auf seine Uhr. Zehn Uhr fünf. Seine Hand fährt in die Tasche — umfaßt den Würfel, mit wenigen Schritten ist er an der Tür zu Stanfords Zimmer. Vorsichtig klinkt er die Tür auf... und schlüpft hinein.
Vier Augenpaare sehen irritiert in seine Richtung. „Also jetzt muß ich doch einmal einen Mechaniker kommen lassen“, wundert sich Direktor Stanford und erhebt sich, um die Tür wieder zu schließen.
Perry ist in diesem Moment hinter den Stuhl des Barons getreten.
Inspektor Corner befindet sich ihm gegenüber. Zur Linken sitzt Stanford — zur Rechten Detektivsergeant Pasper, ein Mitarbeiter Corners.
Die Vorstellung kann beginnen.
Perry beobachtet Inspektor Corner, der sich räuspert und sich mit zwei Fingern zwischen Hemdkragen und Hals fährt. Noch zögert er. Schon sehen Stanford und Kan-darsky verwundert in seine Richtung. Corner gibt sich einen Ruck.
„Also, meine Herren — ich muß Ihnen jetzt eine Eröffnung machen, die Sie wahrscheinlich in Erstaunen setzen wird.“
Schweigend sehen ihn Direktor und Baron an. Ahnt der Baron etwas? Seine Zunge leckt über die Lippen, als könne er damit das herauf ziehende Unwetter fortwischen. Nur Stanford ist noch die Ruhe selbst.
„Welche Eröffnung, Inspektor?“ fragt er neugierig.
„Man hat Anzeige gegen Sie, Direktor Stanford — und gegen Sie, Herr Baron Kandarsky, erstattet.“
Einen Augenblick lang hat es den Anschein, als wolle Kandarsky aufspringen. Seine Hände krampfen sich um die Tischkante, während ein Zittern seiner Oberlippe deutlich verrät, wie ihn die Erregung gepackt hat.
Nur Stanford scheint noch immer unbewegt zu sein. Mit kalter Stimme fragt er:
„Anzeige gegen uns? — Aber weshalb denn?“
„Wegen gemeinsamen Versicherungsbetruges.“
Die Luft im Zimmer scheint mit Strom geladen zu sein. Der Baron keucht in sich hinein. Er hat noch kein Wort gesagt. Doch aus seinen Augen spricht die nackte Angst. Panische Angst. Nichts ist mehr von dem arroganten, selbstsicheren Baron übriggeblieben.
„Das ist lächerlich, Inspektor. Einfach lächerlich.“ Stanford wischt durch die Luft, als wolle er die
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