Ein Fall für Perry Clifton
mit der Schürze hat gesehen, wie abwesend Perry eben aussah. Deshalb, und
weil sie ihre letzte Frage noch nicht beantwortet bekam, wiederholt sie
dieselbe noch einmal: „Wollen Sie das Boot kaufen, Mister?“
„Hm...
vielleicht... das kommt ganz auf den Preis an“, antwortet Perry. Schließlich
kann er ihr ja nicht die ganze Vorgeschichte erzählen.
Die
Frau beginnt leise vor sich hin zu kichern.
„Sind
Sie wenigstens musikalisch?“
Perry
sieht alles andere als intelligent aus...
„Leidlich“,
bringt er endlich hervor... „Hat das was mit dem Preis zu tun?“
„Unter
Umständen ja... Aber fragen Sie mich nicht. Ich rede ungern über andere Leute.“
„Das
ist ein feiner Zug, Mistreß...“ gibt Perry zu und weiß nicht, was er mit dem
merkwürdigen Gerede anfangen soll. „Nur das Wichtigste... wo finde ich Miß
Wimmerford?“
„Wenn
sie nicht gerade bei Gibbon in der Sackfield-Street Schallplatten verkauft, ist
sie bestimmt zu Hause. Whitman-Street 20.“
„Sie
sind ein Engel, Mylady. Eine letzte Frage: Hat sie zufällig einen Hund?“
„Letzte
Antwort, Mister: Hat sie!“
Perry
steht noch immer wie vom Donner gerührt, als die Frau längst im Inneren ihres
Bootes verschwunden ist.
Zuerst
langsam, dann immer schneller setzt er sich in Bewegung... Als er seinen Wagen
erreicht, ist er etwas außer Atem...
Der
erste brauchbare Hinweis
Nach
langem Suchen findet Perry Clifton den winzigen Plattenladen von Pat Gibbon in
der Sackfield-Street. Vier wacklige Stufen führen zum Geschäftseingang, und
Perry kann sich des Gedankens nicht erwehren, daß hier nur Idealisten kaufen.
Perry
Clifton muß unwillkürlich an Jan Krenatzki denken.
Denn
gegen die Finsternis, die in Gibbons Laden herrscht, kommen ihm Krenatzkis
Geschäftsräume verschwenderisch beleuchtet vor.
Pat
Gibbon selbst ist ein rothaariger Ire, der eher in eine Catcher-Arena gepaßt
hätte als hinter die Theke eines Plattenladens. Fast zwei Meter lang und von
wahrhaft herkulischen Ausmaßen steht er plötzlich wie aus dem Boden gewachsen
vor Perry Clifton.
„Guten
Tag, Sir“, wünscht er mit unbewegtem Gesicht.
„Guten
Tag...“ erwidert Perry und blickt anerkennend zu Gibbon auf.
„Tja...“
sagt er und überlegt, wie er seine Fragen am besten formuliert.
„Tja?“
„Ich
kam eigentlich wegen Miß Wimmerford...“
„So?“
„Miß
Wimmerford ist wohl nicht da?“
„Sehen
Sie sie?“
„Nein...
Wenn Sie sie nicht zufällig in einem Regal versteckt haben...“ versucht Perry
zu scherzen. Es ist ihm nicht entgangen, daß sich Gibbons Miene schlagartig
verfinsterte, als er Miß Wimmerfords Namen nannte.
,Wenn ich noch lange herumstehe und Fragen stelle, laufe
ich Gefahr, daß mich dieser Riese verprügelt’, durchfährt es Perry, und er
schielt verstohlen nach der Tür.
Doch
da wird Mister Gibbon mit einem Male gesprächig.
„Sie
ist seit zwei Tagen nicht ins Geschäft gekommen... Hören Sie? Seit zwei Tagen,
Mister...“
,Geschäft’ denkt Perry und schickt einen Blick in die
Runde. Doch dann zwingt er sich zu einem empörten Kopfschütteln. „Unerhört“,
nuschelt er dazu.
Pat
Gibbon wedelt wütend mit seinen gewaltigen Armen. Dazu schnauft er aufgebracht:
„Das
hat man davon, wenn man Leuten Arbeit und Lohn gibt, die mit den Fingernägeln
am Himmel kratzen...“
Perry
Clifton versteht kein Wort von alledem. Als er endlich wieder auf der Straße
steht, wischt er sich aufatmend den Schweiß von der Stirn.
Wennschon
— dennschon, denkt er und macht sich auf den Weg zu Miß Wimmerford in die
Whitman-Street. Gespannt darauf, zu sehen, wie jemand aussieht, der mit den
Fingernägeln am Himmel kratzt.
Eis
ist ein Weg vom Regen in die Traufe.
Das Haus Whitman-Street 20 entstammt der Viktorianischen
Zeit und hat sicher einst bessere Tage gesehen. Der Putz ist an vielen Stellen
abgebröckelt und läßt das dreistöckige Haus unschön erscheinen. Ebenso ist der
Anstrich von Fenstern und Türen dringend erneuerungsbedürftig.
Die
Innenwände in Hausflur und Treppenaufgang zeigen verblichene Malereien und
Risse von beachtlichen Ausmaßen.
Jane
Wimmerford wohnt im obersten Stockwerk.
Perry
Clifton drückt auf den Klingelknopf über dem riesigen Messingschild mit dem Namen ,Wimmerford’ .
Ein
junges Mädchen, ganz in Schwarz mit übergebundenem weißen Schürzchen, öffnet.
Ihr
kleines Vollmondgesicht verzieht sich geringschätzig, als sie Perrys ansichtig
wird. Und ihre Himmelfahrtsnase
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