Ein Fall von Liebe
erfüllend. Wenn es zu etwas führen sollte, mußte von Anfang an alles klar zwischen ihnen sein. Rede dir nicht etwas ein, warnte ihn seine innere Stimme. Er kam sich sehr jung und unerfahren vor. Dumme kleine Schwuchtel, sagte er sich. Du sitzt ziemlich tief drin. Paß auf, daß du nicht etwas tust, das dir dein Leben verdirbt.
Als es Zeit war, zu Walter hinunterzugehen, nahm er die Zeichnung von sich aus der Mappe, ohne die andere eines Blickes zu würdigen. Walter erwartete ihn im Wohnzimmer mit Drinks.
»Ich möchte dir etwas schenken«, sagte Peter ohne jede Vorrede. »Ich glaube, es wird dir gefallen, aber ich möchte nicht, daß du es falsch verstehst. Du wirst wissen, was ich meine, wenn du es betrachtest.«
Walter betrachtete die Zeichnung mehrere Minuten stumm. »Ausgezeichnet«, sagte er schließlich. »Sie ist sehr schön. Ganz abgesehen von dem Modell. Eine schöne Arbeit.«
»Ich hoffte, daß du sie schön finden würdest. Ich wollte nicht, daß du auf den Gedanken kämst, ich verteilte Bilder von mir mit einem Steifen. Ich meine, nun, es ist ein Bild, nicht ein Antrag.«
»Natürlich, mein Junge, ich verstehe, was du damit sagen möchtest. Ich bin sehr stolz, daß ich es besitzen darf. Es bedeutet mir viel. Aber sag mir, von wem ist es?«
»Von Charlie.« Er hielt inne und wartete auf den Schmerz, der ihm in die Seele schnitt. Er dachte an Tim und sagte sich immer wieder, daß er nicht mehr allein sein würde, und merkte, er konnte weitersprechen, ohne in Tränen ausbrechen zu wollen. Er erzählte ihm ausführlich die Geschichte seines Lebens, die eigentlich nur die Geschichte Charlies war.
»Du liebst ihn wohl noch immer sehr?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht werde ich es immer tun, aber ich wüßte nicht, was mir das nützt. Durch Tim ist das anders geworden. Wir haben einander nur angeblickt, und da geschah es. Und es macht mich darum so glücklich, weil, abgesehen davon, daß sie beide blond sind, er völlig anders als Charlie und nicht nur ein Ersatz, oder wie man das nennen mag, ist. Ich habe manchmal geglaubt, ich sei sexsüchtig, aber durch Tim ist mir klar geworden, daß ich es nicht wirklich bin. Ich wünsche mir zwar brennend, mit ihm ins Bett zu gehen, aber es ist mehr als das. Ich weiß nicht, mit wie vielen Jungen ich es in den letzten Monaten getrieben habe, aber mit keinem von ihnen habe ich mehr als einmal zusammen sein wollen. Bei Tim ist das anders. Ich glaube, ich habe mich in ihn verliebt oder beginne, mich in ihn zu verlieben.«
»Ja, du bist voller Liebe, mein Junge. Tim wird sehr glücklich sein, wenn du ihm etwas davon schenkst. Es tut mir leid, daß dein Freund nicht mehr malt. Er hat großes Talent. Ich werde die Zeichnung rahmen lassen. Sie ist so gut, daß ich sie neben die anderen hängen kann, wenn du nichts dagegen hast.«
»Ich habe es nicht, wenn Tim einverstanden ist. Es ist besser, du fragst ihn. Im Augenblick bin ich überhaupt ganz durcheinander. Und das wird bis morgen abend so bleiben.«
Das Abendessen war ausgezeichnet, und sie verbrachten den Abend angenehm mit den Bildern. Als Peter wieder in seine Wohnung kam, versteckte er Charlies Zeichnung. Er getraute sich noch nicht, sie anzusehen. Vielleicht würde er es eines Tages mit Tim tun.
Der nächste Tag verging in fieberhafter Erwartung. Er schlief, so lange er konnte, verbrachte dann eine ganze Zeit im Badezimmer. Als er fertig angezogen war, ging er aus und kaufte ein paar Delikatessen, Wein und Blumen. Als er nach Hause kam, eilte er in der Küche hin und her, um alles für das Essen vorzubereiten. Endlich war der Augenblick gekommen, um anzurufen. Seine Stimme zitterte, als er dem Mädchen, das sich am Telefon meldete, Tims Namen nannte. Dann kam Tim an den Apparat, und. seine Stimme klang erstaunlich vertraut.
»Bist du’s? Gott sei Dank. Ich kann es kaum noch erwarten. Wo kann ich dich treffen?«
Seine Stimme zitterte von neuem, als er antwortete: »Ich bin in Walters kleiner Wohnung. Du kennst sie.«
»Wie? Das ist ja großartig. Ich bin um sechs Uhr dort.«
»Ist es richtig?«
»Was? Es war verkehrt, daß ich fort war.«
»Ich meinte mit der Wohnung.«
»Das ist ausgezeichnet. Ich weiß nicht, wie lange sie schon leer gestanden hat. Hör mal, wenn ich noch länger spreche, wird etwas geschehen. Ich hänge darum jetzt ein.« Er tat es.
Peter starrte auf das Telefon und dachte an all das, was er gern gesagt hätte. Er hoffte, seine Worte hatten nicht kalt geklungen. Tim war es
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