Ein Fall zu viel
fragen, dachte Barnowski im Stillen. Auch wenn Olschewski das schon aufgenommen hatte, notierte er die Uhrzeit noch einmal auf seinem Block. Wie es der Zufall manchmal so wollte, bekam sein Chef den vielleicht zu Gesicht.
»Na, dann breche ich mal wieder auf«, erklärte Tiefenbach mitten in seine Gedanken. »Meine Arbeit hier ist getan. Höchstwahrscheinlich ist der Fall damit für mich sogar abgeschlossen. Wie ich die Sache einschätze, wird wohl niemand eine Obduktion beantragen.«
»Sieht ganz danach aus«, stimmte Barnowski ihm zu.
»Also, einen angenehmen Abend noch.«
Wenigstens hat er sich normal verabschiedet, dachte Barnowski, nachdem der Rechtsmediziner gegangen war. »Genickbruch« als Begrüßungsfloskel, da hatte er wirklich was gutzumachen.
Es war bereits nach Mitternacht, und Gaby würde garantiert schon schlafen, wenn er nach Hause kam. Schade, er hatte so sehr auf einen netten Abend mit ihr gehofft. Zudem hätte er zu gern gewusst, was sie mit ihm feiern wollte.
21. Kapitel
Schwungvoll öffnete Barnowski die Tür und betrat Pielkötters Büro. Sein Chef sah von den Unterlagen auf seinem Schreibtisch hoch und sah ihm missmutig entgegen.
»Jetzt berichten Sie mir bitte nichts, was mich aufregen könnte«, brummte er. »Aufregung habe ich schon genug.«
»Sieht wirklich alles nach einem kacknormalen Unfall aus«, entgegnete Barnowski leicht irritiert. »Na ja, leider mit Todesfolge.«
»Der Sturz von Lützow ein Unfall? Das hatten wir aber doch sicher ausgeschlossen.«
»Nein, der Unfall von gestern Abend.«
»Ich habe es geahnt. Schon wieder was Neues.« Pielkötter gab einen Laut von sich, der entfernt an ein Stöhnen erinnerte. »Kann man sich denn niemals auf ein Problem konzentrieren. Was für ein Unfall überhaupt? Und wieso weiß ich noch nichts darüber?«
Barnowski verdrehte die Augen, versuchte aber, sich nicht aus der Reserve locken zu lassen. »Bin gerade hier, um Ihnen davon zu berichten«, erwiderte er so ruhig wie möglich. »Wie ist übrigens Ihr Vortrag gelaufen?« Reflexartig änderte sich die Miene seines Vorgesetzten. Allerdings wurde er daraus nicht ganz schlau. »Hat es etwa Probleme mit den Power-Point-Folien gegeben?«
»Nein, nein, damit haben Sie hervorragende Arbeit geleistet. Aber die Zeit hätten wir wirklich besser für die Aufklärung unseres Falles investiert.« Pielkötter spießte den Kugelschreiber in der Rechten in seinen Notizblock, als wollte er ihn durchbohren. »Unserer Fälle«, verbesserte er sich. »Es ist ja noch einer dazugekommen.«
»Wie gesagt, scheint es sich dabei um einen normalen Unfall zu handeln. Leider mit Todesfolge.«
» Scheint! Wäre ja nicht neu, dass alles anders ist als zunächst angenommen.«
Barnowski zog hörbar die Luft ein.
»Na, dann berichten Sie mal! Was ist an dem Unfall so kacknormal gewesen, wie es Ihnen beliebt hat das auszudrücken?«
Barnowski registrierte erst jetzt bewusst, dass er die ganze Zeit gestanden hatte. Am liebsten wäre er auf der Stelle hinausgegangen und hätte Pielkötter mit seiner offensichtlich miesen Laune in seinem Büro zurückgelassen. Immerhin hat er deine Power-Point-Präsentation lobend erwähnt, versuchte sich Barnowski zu beruhigen. Widerstrebend ließ er sich vor dem Schreibtisch auf einem der beiden harten Holzstühle nieder und informierte seinen Chef über die einzelnen Details des Unfalls von Christiane Altenkämper.
»Selbst wenn Ihre Vermutung sich als wahr herausstellt, bleibt einiges zu tun«, erklärte Pielkötter, nachdem sein Mitarbeiter geendet hatte. »Jetzt aber erst einmal zurück zum Fall Erwin Lützow. Sind Sie inzwischen schon im Pulp gewesen und haben nach diesem Freund von Stefanie Heimer gefragt?«
»Ja, dieser Mario hat ihre Aussagen voll bestätigt«, erwiderte Barnowski. »Selbst Ihre Vermutung, dass er keinen Bock auf eine Beziehung hat. Übrigens ist das ein ganz geiler Schuppen. Vielleicht gehe ich demnächst mal mit Gaby dorthin. Die bieten sogar einiges für Ihre Altersklasse.«
Pielkötter zog seine Augenbrauen unwillkürlich höher.
»Beispielsweise gibt es da jeden Sonntag Brunch.«
Der Blick seines Chefs drückte nichts als Missbilligung aus.
»Immerhin ist das ein echtes Schloss«, verteidigte er sich. »Und das in Duisburg-Hochfeld.«
»Trotzdem haben wir jetzt anderes zu tun, als unsere Freizeit zu planen«, beendete Pielkötter das Thema Pulp.
22. Kapitel
Pielkötter schnaufte. Zu seinem Job gehörten so einige unangenehme Aufgaben.
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