Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Titel: Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Birkhoff
Vom Netzwerk:
vermutlich vollends abgestürzt. Weder er noch ich konnten etwas dafür, dass unter meinen Narben ein Geschwür weiterwucherte. Ein Geschwür, das später mit Brachialgewalt aufplatzte.
     
    Es waren Männer wie Alfons, Richard Hinrichs, Gerhard Kapitzke und Franz Althoff, die mir oft unbewusst mit ihren Lebensweisheiten und Ratschlägen über die Jahre der Flucht vor mir selbst und der Flucht vor der Vergangenheit geholfen haben. Es waren Männer, die mir mit sehr viel Respekt und sehr viel Wertschätzung begegneten. Attribute, die ich in jungen Jahren viel zu selten erlebt hatte. Ich war dankbar dafür, eine solche Behandlung erfahren zu dürfen und dadurch auch zu lernen, dass man als Frau nicht immer mit seinem Körper für ein erträgliches Leben bezahlen muss. Die vielen Gespräche forderten mich geistig heraus und gaben mir die Kraft, weiterzumachen.
    Als ich viele Jahre später in einer Therapiesitzung eine Lebenskurve aufzeichnen sollte, waren die Jahre nach der Trennung von Alfons der Zenit in meiner Darstellung. Ich staunte nicht schlecht, denn diese Jahre waren weder von einer Liebesbeziehung noch von materieller Sicherheit geprägt.

 
     
    _______________KAPITEL 10________________
 
    Althoff
     

    I
ch lebte allein und hatte einen kleinen, überschaubaren Freundeskreis. Mein Alltag bestand in der Regel aus Arbeit und meiner reiterlichen Ausbildung bei Richard Hinrichs.
    Eine meiner besten Freundinnen wurde Jule. Sie war einige Jahre älter als ich, hatte Mann und Kind, Pferde und Hunde und war ein unglaublich liebenswerter und gastfreundlicher Mensch.
    Ich schaffte mir einen jungen Schäferhund an, der nichts Besseres zu tun hatte, als mein Sofa zu demolieren und sich über die Felder hinweg vom Acker zu machen. Morgens um fünf Uhr dreißig begann mein Tag, und er endete selten vor Mitternacht. Bei Richard Hinrichs wurde es immer spät. Aber nirgendwo sonst hätte ich vermutlich die Chance gehabt, auch noch um dreiundzwanzig Uhr Unterricht erteilt zu bekommen. Ich lernte enorm viel, und mein Wunsch war es, ein junges Pferd selbst auszubilden. Durch eine Bekannte traf ich auf Siglavy Capriola, einen schwarzen Lipizzanerhengst: Das Tier war kaum zu bändigen und kämpfte gegen jede Form von Zwang.
    Ich kaufte ihn auf der Stelle.
    Jetzt war ich vollkommen pleite und hatte zu allem Überfluss zwei Pferde. Ich beschloss, Kasper zu verkaufen. Es würde mit zwei Pferden keine zwei Monate gut gehen, dann hätte mich die Bank am Haken.
    Capriola war ein zutiefst verunsichertes Pferd, das mich ständig misstrauisch beäugte und jede meiner Bewegungen zu analysieren versuchte. Gelang ihm das nicht, reagierte er mit Aggressivität. Er war mein eigenes Spiegelbild. Emotional tat es mir unglaublich gut, im Laufe der Monate mitzuerleben, wie dieser schöne Hengst mir nach und nach vertraute. Nie wieder habe ich ein Pferd besessen, das mich im täglichen Umgang derart herausforderte. Capriola ließ sich nicht anbinden, schmiss sich auf den Boden und zitterte vor Angst bei jeder Berührung. Ich habe später erfahren, dass man den Lipizzanern in Rumänien im Alter von sechs Monaten zwei Brandzeichen in den Rücken drückt. Um diese Prozedur durchzuführen, packen die Männer das Pferdekind an den Ohren, ein anderer schnappt sich ein Vorderbein, und dann werden zwei glühende Brandeisen in den Rücken gestemmt. Capriola hatte diese Erinnerung gespeichert. Kam der Schmied mit seinen Gehilfen, dann tanzte der Hengst mit zwei kräftigen Kerlen an seinen Vorderbeinen rückwärts auf den Hinterbeinen durch die Stallgasse.
    Ich konnte meinem neuen Hengst tief in die Seele schauen. Mit dem Hafereimer stand ich fortan vor ihm, und erst wenn ich beruhigend mit ihm sprach, dann konnte der Schmied seine Arbeit beginnen. Beim Training war Capriola wie ausgewechselt. Es war ein Terrain, das er nicht kannte, und in diesem unbekannten Metier zeigte er seinen wahren Charakter. Capriola war ein äußerst intelligentes Pferd, das sehr schnell lernte und Freude an der eigenen Bewegung hatte. Wenn er etwas verstanden hatte, dann bot er das Gelernte immer wieder an, nur um die positive Bestätigung in Form eines Leckerchens zu erhalten. Selbst die schwierigsten Lektionen fielen ihm leicht, und seine Konstanz und Zuverlässigkeit schenkten mir täglich wahren Reitgenuss.
    Kasper war da vollkommen anders gestrickt: Der liebe Gott hatte diesem Friesenhengst einen perfekten Körper, eine umwerfende Ausstrahlung und sehr viel Talent mit auf

Weitere Kostenlose Bücher