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Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Titel: Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Birkhoff
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den Weg gegeben. Kasper war liebevoll und behütet aufgewachsen und strotzte vor Selbstbewusstsein. Er war ein richtiger Showtyp, aber eine positive Arbeitseinstellung besaß dieses Pferd ganz und gar nicht. Er hatte wie Capriola eine rasche Auffassungsgabe, und wenn es dann anstrengend für ihn wurde, quittierte er die Arbeit. Er fand es viel lustiger, andere Hengste in der Bahn anzugreifen oder seine Kräfte mit dem Reiter zu messen.
    Bei den Pferden ist es oft so wie bei den Menschen: Die, die alles hatten, sind später am wenigsten zur Leistung bereit. Ich kenne eigentlich nur Kämpfernaturen, die eine Vergangenheit voller Entbehrungen haben. Das scheint zu prägen.
    Eines Tages rief mich meine Bekannte an und berichtete aufgeregt: »Der Zirkusdirektor Althoff sucht gerade einen Friesenhengst für die Show. Der hat viele Friesen. Ich habe dir seine Handynummer organisiert. Ruf ihn an, dann kannst du Kasper vielleicht verkaufen!«
    Ich notierte mir die Nummer und besprach mich mit Richard Hinrichs. Da er jahrelang für Christel Sembach-Krone Pferde ausgebildet hatte, kannte er sich in der Zirkusszene bestens aus.
    »Althoff ist ein Meister der Freiheitsdressur und hat des Öfteren beim Zirkusfestival in Monaco den ersten Preis gewonnen. Ich kenne ihn persönlich noch nicht, weiß aber, dass man in der Zirkuswelt nur mit viel Ehrfurcht von ihm spricht. Rufen Sie ihn ruhig mal an.«
    Drei Tage lang rief ich täglich bei Franz Althoff an, und drei Tage lang wimmelte er mich ab. Am vierten Tag dann meinte er am Telefon: »Ich habe das ungute Gefühl, dass ich Sie nie loswerde, also muss ich mir wohl oder übel das Pferd mal anschauen.« Etwas widerwillig notierte er sich meinen Namen und die Wegbeschreibung.
    Ich war mächtig gespannt auf diesen Zirkusdirektor, und selbst Richard Hinrichs war seine Anspannung anzumerken. Ich verband mit dem Namen Franz Althoff Glanz und Charisma, Macht und Autorität.
    Kasper stand geschniegelt und gestriegelt in seiner Box und hatte keine Ahnung, worum es ging. Sein Schweif war üppig und so dick wie vier Männerarme. Seine Mähne lockte sich genauso am Hals entlang wie meine eigenen Haare. Optisch waren dieser Hengst und ich uns sehr ähnlich. Als ich zum Tor ging, fuhr eine Limousine vor.
    Ein Mann fragte: »Bin ich hier richtig bei einem Richard Hinrichs?«, und ich rief zurück: »Genau richtig! Hier vorne können Sie parken.«
    Althoff stieg aus und betrachtete mich mit prüfendem Blick. »Hatten wir beide telefoniert?«, fragte er.
    Ich bejahte und starrte ihn an.
    Franz Althoff ist ein großgewachsener Mann, attraktiv und eine imposante Erscheinung. Wer sich einmal seinem durchdringenden Blick ausgesetzt sah, wird mir bestätigen, dass man das Gefühl hat, durchleuchtet zu werden.
    Schnell waren wir in Gespräche über Pferde und den Zirkus vertieft. »Wo ist denn der Friese, den Sie verkaufen möchten?«, fragte Althoff dann.
    Ich holte meinen lackschwarzen Hengst aus der Box. In der Stallgasse stand Kasper dann stolz wie ein Denkmal. Althoff sah sich das Tier genau an. Sein Blick blieb an dem dichten Schweif hängen. Mit schelmischem Lächeln schaute Althoff mich an und fragte: »Ist der Schweif genauso echt wie Ihre Haare, oder tragt ihr beiden ein Toupet?« Er lachte über seine eigene Frage.
    Ich merkte, dass mir das Blut zu Kopfe stieg, und stammelte: »Ne, ne, das ist alles echt.«
    In meinen Gedanken ging es weniger darum, mein Pferd zu verkaufen, als um den charismatischen Mann, der da vor mir in der Stallgasse stand. Mir war, als ob alle Männer, die mir jemals zuvor begegnet waren, neben dieser überwältigenden Persönlichkeit verblassten, und ich fühlte mich wie ein verunsichertes Schulmädchen.
    »Lassen Sie uns alle essen gehen«, schlug Althoff vor. Gemeinsam fuhren wir zum Italiener. Nicht ein einziges Wort wurde über den Pferdekauf gesprochen. Ich war verunsichert. Andere Verkaufsgespräche liefen da völlig konträr ab. Beim Italiener sagte ich kaum ein Wort. Ich saß neben Althoff und hatte mehr Sorge, das Besteck fallen zu lassen, weil mich die Aura, die diesen Mann umgab, völlig erschlug.
    Es war weit nach Mitternacht, als wir zurückkehrten. Ich stand wie Hein Blöd vor Franz Althoff.
    »So«, sagte er, »und Sie erklären mir jetzt mal, warum Sie dieses Pferd verkaufen wollen. Steigen Sie ein. Hier draußen wird mir das zu kalt.«
    Ich erzählte die üblichen Geschichten, die man so erzählt, wenn man ein Pferd verkaufen will und auf gar keinen Fall

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