Ein Feuer Auf Der Tiefe
auszurichten. Es war kein Stimmerkennungsmodul an das Terminal angeschlossen; Jefri war fast in Panik verfallen, ehe ihm klar wurde, dass der untere Teil des Bildschirms als Tastenfeld fungierte. Es war eine mühsame Arbeit, jeden Buchstaben von jedem Wort einzutippen – obwohl Amdi ziemlich gut darin war, indem er mit zwei Nasen auf die Tasten drückte. Und mittlerweile konnte er Samnorsk sogar besser als Jefri lesen.
Amdijefri verbrachte viele Nachmittage hier. Wenn ihn eine Botschaft vom Vortag erwartete, brachten sie sie Seite für Seite auf den Schirm, und Amdi schrieb sie ab und übersetzte sie. Danach gaben sie die Fragen und Antworten ein, die Herr Stahl mit ihnen durchgesprochen hatte. Dann mussten sie ziemlich lange warten. Selbst wenn Ravna am anderen Ende aufpasste, konnte es etliche Stunden dauern, ehe sie eine Antwort erhielten. Aber die Verbindung war um so vieles besser als während des Winters, sie konnten fast spüren, wie Ravna näher kam. Die inoffiziellen Gespräche mit ihr waren oft der Höhepunkt des Tages.
Bisher war dieser Tag ziemlich anders verlaufen. Nach dem Angriff der falschen Arbeiter hatte Amdijefri eine halbe Stunde lang gezittert. Herr Stahl war verwundet worden, als er sie zu beschützen versuchte. Vielleicht gab es überhaupt keinen sicheren Ort. Sie machten sich an den Außenschirmen zu schaffen und versuchten, durch Ritzen in den rohen Außenwänden der hölzernen Umbauung zu spähen.
»Wenn wir hätten hinausschauen können, hätten wir Herrn Stahl warnen können«, sagte Jefri.
»Wir sollten ihn bitten, ein paar Löcher in die Wände zu machen. Wir könnten eine Art Wachtposten sein.«
Sie wendeten den Einfall ein bisschen hin und her. Dann begann die jüngste Nachricht vom Rettungsschiff einzutreffen. Jefri sprang in das Gespinst beim Bildschirm. Hier hatte Vati immer gesessen, und es war eine Menge Platz dort. Zwei von Amdi schlüpften zu ihm. Ein anderes Glied sprang auf die Armlehne und stützte sich mit den Pfoten auf Jefris Schultern. Sein schlanker Hals reckte sich zum Schirm hin, um gut sehen zu können. Der Rest quirlte durcheinander, um Papier und Federhalter bereitzulegen. Es war einfach, die Botschaften später wieder abzuspielen, aber Amdijefri fand es spannend, sie ›live‹ eintreffen zu sehen.
Zuerst kam der übliche Vorspann – das war nicht so interessant, wenn man es ungefähr zum tausendsten Mal sah –, dann Ravnas eigentliche Worte. Nur dass es diesmal bloß Daten waren, etwas, das zum Entwurf des Radios gehörte.
»Mist. Es sind Zahlen«, sagte Jefri.
»Zahlen!«, sagte Amdi. Er ließ ein freies Glied auf den Schoß des Jungen klettern. Es streckte die Nase dicht an den Schirm und überprüfte, was das Glied an Jefris Schulter sah. Die vier auf dem Fußboden waren fleißig am Schreiben, sie übersetzten die Dezimalzahlen auf dem Bildschirm in die Xe und Os und Is und Deltas im Vierersystem der Klauenwesen. Fast von Anfang an hatte Jefri erkannt, dass Amdi wirklich gut in Mathe war. Jefri war nicht neidisch. Amdi sagte, dass auch kaum eins von den Klauenwesen so gut war, Amdi war ein ganz besonderes Rudel. Dennoch… Jefri seufzte und lehnte sich ins Gespinst zurück. Dieser Zahlenkram kam jetzt immer öfter. Mutti hatte ihm einmal eine Geschichte vorgelesen: »In der Langsamen Zone verschollen«, wie schiffbrüchige Forscher einer verlorenen Kolonie die Zivilisation gebracht hatten. Da hatten die Helden sich einfach an die richtigen Dinge erinnert und gebaut, was sie brauchten. Von Genauigkeit oder Verhältnissen oder Entwürfen war nicht die Rede gewesen.
Er schaute vom Bildschirm weg und streichelte die beiden von Amdi, die neben ihm saßen. Einer von ihnen zappelte unter seiner Hand. Ihre ganzen Körper gaben ein Summen zurück. Ihre Augen waren geschlossen. Wenn Jefri es nicht besser gewusst hätte, so hätte er geglaubt, dass sie schliefen. Das waren die Teile von Amdi, die aufs Sprechen spezialisiert waren.
»Irgendwas Interessantes?«, fragte Jefri nach einer Weile. Der links von ihm öffnete die Augen und schaute ihn an.
»Das ist die Idee von der Bandbreite, von der Ravna gesprochen hat. Wenn wir es nicht genau richtig machen, kriegen wir nur Klick und Klack.«
»O ja.« Jefri wusste, dass die Wiedererfindung des Radios anfangs kaum zu mehr als für Morsezeichen taugte. Ravna schien zu glauben, dass sie dieses Stadium überspringen könnten. »Was meinst du, wie ist Ravna?«
»Was?« Das Kratzen der Federn übers Papier
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